Review:

Harmagedon

(Affector)

AFFECTOR sind eine weitere Multi-Kulti-Progformation, die jetzt mit ihrem Debüt „Harmagedon“ ein stilistisch recht ähnlich gelagertes Progmetal-Album wie ihre Labelkollegen von HEADSPACE rausgehauen haben. Und auch ansonsten gibt es einige Parallelen zu Letztgenannten, einen starken Sound prägnanten Sänger, eine typische Konzeptstory, üppige Arrangements mit kernigen Riffs, teilweise bombastische instrumentelle Solopassagen mit mal mehr, dann weniger starken Frickelparts, gelungene Melodien, aber auch eine gewisse fehlende eigene Identität (hier bei AFFECOR noch deutlich weniger). Dass hier Dargebotene ist trotzdem sicher weit weg von einfallslos oder Prog von der Stange aber viele der Passagen erinnern mich doch sehr stark an Kapellen wie DREAM THEATER, THRESHOLD sowie SYMPHONY X, was ja nicht grundsätzlich schlecht ist - aber es fehlt hier doch (noch) etwas der eigene Charme bzw. die ganz großen innovativen Ideen bzw. Ideen, mit denen man sich mehr abheben würde.

Was hier die beiden Masterminds, der holländische Drummer Collin Leijenaar (u.a. bei NEAL MORSE im Einsatz) und der deutsche Gitarrist Daniel Fries, zusammenbebasteln, haben wird natürlich auch von den Mitstreitern geprägt: Bassist Mike LePond (SYMPHONY X) sowie Sänger Ted Leonard (ENCHANT, SPOCK'S BEARD, THOUGHT CHAMBER) komplettieren die Grundbesatzung, als Gastmusiker hat man sich gleich vier Keyboard-Tastenvirtuosen für die weitere Untermalung geleistet als da wären Neal Morse (ex-SPOCK'S BEARD), Alex Argento, Derek Sherinian (u.a. BLACK COUNTRY COMMUNION, ex-DREAM THEATER) und Jordan Rudess (DREAM THEATER) durften sich einbringen – keine Angst zu tastenlastig ist die Musik aber trotzdem nicht geraten.

Inhaltlich geht um biblische Thematiken und das beliebte „2012er-Ende-der-Welt Gedöns – ja kann man sicher machen, letztlich zählt die Musik und die startet mit einem tollen Orchesterpart, der original vom polnischen "Sinfonietta Consonus"-Orchester eingespielt wurde, der nachfolgende Prolog bietet viel instrumentale Fingerfertigkeitsparts, nix besonderes. Auch schön der Anfang von „Salvation“ mit schöner MAIDEN-artige Gitarrenparts kombiniert mit Hammondklägen dazwischen ist es mir etwas zu viel Gefrickel des Herren Gitarristen (passiert insgesamt etwas zu häufig) dann wirkt die Schose etwas zu überladen, mit einigen Längen bzw. zu vielen Sachen parallel. Und wenn man so einen starken Sänger hat wie ENCHANT-Fronter Ted Leonard ist es etwas unverständlich, warum er nur mitunter so spärlich eingesetzt wird. Darin liegt auch etwas die fehlende Atmosphäre begründet, denn der Gesang als verbindendes Element ist manchmal zu wenig dominant.
Die Band vertritt war die Einstellung, dieses Album nicht für das Publikum geschrieben zu haben sondern, sondern für sich selbst aber dann muß man halt auch das Risiko hinnehmen eher etwas unterkühlt und zu instrumentenlastig rüberzukommen („The Rapture“) und genau dies kommt so rüber. Technik und Notenmenge schlagen Songdichte und fehlendes „Rote Faden“-Verständnis, viele gute Ansätze sind aber vorhanden. Bei dem textlich sehr persönlichen "Cry Song" geht man etwas vom restlichen Kontext ab und auch musikalisch geht es eher etwas gediegener zu (die akustische Klampfe kommt zum Einsatz), so etwas halbballadesk aber trotzdem überzeugend. Absolut der Hammer neben dem starken Titelsong (mit einem cool-entspannten Jazzpart in der Mitte) ist dann songmäßig „New Jerusalem“ geworden, ein Progmetalkracher erster Güte hier paßt einfach alles perfekt zusammen – DT könne dies auch nicht besser – hier herrscht einem ausgewogenes Verhältnis zwischen Riffs, Instrumentalparts, tollen Songverläufen mit vielen Spannungsbögen und schönen Weiten, emotionelle Tiefe, die leicht melancholische Grundstimmung wird mit exzellenten Gesangsparts besten umgesetzt.

Insgesamt gelingt AFFECTOR mit „Harmagedon“ und ganz leichten Abstrichen eine mehr als passable Scheibe, die locker auf internationalem Niveau mithalten kann. Nur am ganz eigenen Stil (weniger starkes "DT-Ambiente") müßte zukünftig noch etwas mehr gefeilt werden.

Harmagedon


Cover - Harmagedon Band:

Affector


Genre: Progressive
Tracks: 8
Länge: 64:31 (CD)
Label: Inside Out Music
Vertrieb: EMI