Review:

Secret Lines

(AENEMICA)

Alternative Progressive Rock nennen die Iserlohner Musiker ihre Interpretation von sechs durchaus gefälligen Songs. Ich würde das Unwort Alternative aber ersatzlos streichen und mich intern auf professionellen Prog Metal einigen. Seit dem Jahr 2013 hat sich die Band als Ziel gesetzt, einen eigenständigen und melodiösen Musikstil zu kreieren, dem ein breitgefächerter Einfluss von Stilrichtungen und Sound zugrunde liegt. Erste Laufübungen wurden mit der 2014 erschienenen EP „Empty Inside“ erfolgreich absolviert und mit „Secret Lines“ soll in 2020 der Langstreckenlauf beginnen.

Um es vorweg zu nehmen, mit „Secret Lines“ ist AENEMICA ein wirklich gutes Album gelungen. Sänger Daniel Stendera führt uns sicher durch die verschiedenen Tracks und macht einen sauberen Job. Manchmal ein wenig zu sauber, wie ich finde. Nur selten findet man die ganz großen Gefühlsausbrüche, und manchmal fehlt ein wenig das Aggressionslevel, aber das ist Meckern auf sehr hohem Niveau, da die Gesangsleitung definitiv sehr stimmig ist und die Interpretationen der Songs gesanglich schon wirklich klasse gelöst worden sind.

Dieser guten Leistung möchte der Rest der Band sich natürlich anschließen, und dies gelingt mit Bravour. Es wird auf einem hohen technischen Level gespielt, und man kann bemerken, dass jedes Bandmitglied sich seine Sporen durch harte Arbeit bereits verdient hat. Bei manchen Prog-Bands spielen die Musiker ja gerne ihr eigenes Süppchen und versuchen das eigene Instrument aus der Masse hervorzutun. Dies ist bei AENEMICA nicht der Fall. Songs wie „Just A Few Lines“ oder „Back To Life“ wirken wie aus einem Guss, und besonders bei letzterem Song kommen wirklich alle Instrumente fantastisch zusammen. Eine tolle Melodieführung, ein starker Gesang und einige härtere Passagen formen ein klasse Lied und somit meinen ganz klaren Favoriten auf „Secret Lines“. Toller Song!

Wie bei „Back To Life“ lebt jeder Track auf dem Album von einem gewissen Bombastfaktor, der durch geschickt eingesetzte Keyboards eindrucksvoll verstärkt wird. Schaut man sich das aktuelle Line-Up an, kommt man ins Grübeln. Kein Keyboarder in der Besetzung? Kann eigentlich nicht funktionieren. Ich hoffe, dass AENEMICA hier einen Plan B haben, da ohne die Keyboarduntermalung die Songs schon einen ganz anderen Charakter bekommen würden, und eine Live-Umsetzung definitiv leiden würde. Egal, auf dem Album sind jedenfalls die Keyboards vorhanden und sind ein wichtiger Bestandteil des Bandsounds, der definitiv zur Band gehört.

Ich kann vor der Band nur meinen Hut ziehen. Mir hat „Secret Lines“ sehr viel Spaß gemacht, und jeder Progressive-Fan sollte mindestens ein Ohr riskieren. Leider ist die Laufzeit der Platte mit 33 Minuten etwas mau geraten. Hier hätte man noch einen weiteren Song riskieren können. Trotzdem freue ich mich schon jetzt auf das nächste Album der Jungs und beobachte gerne den weiteren musikalischen Werdegang der Band.

 

Secret Lines


Cover - Secret Lines Band:

AENEMICA


Genre: Progressive
Tracks: 6
Länge: 33:13 (CD)
Label: Phonector
Vertrieb: Phonector