Review:

Power Up

(AC/DC)

TIPP

Wer den Segen der frühen Geburt genießt, für den waren AC/DC ein steter Begleiter seit den Flegeljahren. Die ersten Biere.... Alles hängt irgendwie mit den Australiern zusammen. Auch, wenn man Bon Scott live knapp verpasst hat, weil die „Back In Black“-Tour die erste war, weil die Eltern es vorher nicht erlaubten. Auf jeden Fall blieb GEORDIE-Brian immer „der Neue“. Das hat sich (vielleicht erst) dank Axl Rose geändert. Umso schöner, dass Brian dank neuer Technologien nach seinen Hörproblemen wieder mitmischt. Genau wie der verstorbene Malcolm, der eben laut Bruder Angus viel vorher unveröffentlichtes Material beigesteuert hat. Sogar Clifford und Phil kehrten zurück, so dass der geneigte Fan durchaus von einer „Original“-Besetzung sprechen kann, wenn er möchte. Zumal die Rhythmus-Gitarre in Familienbesitz blieb, Neffe Stevie macht’s möglich. Nun mag ein jener vom Eskapismus sprechen, den die Boogie-Blues-Rock-Metaller in diesen Corona-Zeiten mit dem neuen Album ermöglichen. Kritiker können gern auch labern von Altherren-Rock, routiniertem Mainstream oder sonstwelche Haare in der Kraftsuppe suchen. Das versuchten sie bisher bei allen „neueren“ der insgesamt 17 Alben. Wie oder was aber ist „Power Up“ oder auch PWR/UP nun? Zwölf Songs, die absolut das liefern, was AC/DC schon immer tun: Musik, die nur eine Band auf diesem Planeten macht, machen konnte und machen wird. Da können alle AIRBOURNEs dieser Welt noch so hoch an Bühnen hochklettern, wie sie wollen – und von mehr Energie schwadronieren. Sie können sich beim Ideen-Klau anstrengen wie Meisterdiebe, sie werden das Original niemals erreichen – nicht den Standard der klassischen Jahre, nicht den der aktuellen, nicht mal den der schwächeren Alben zwischendurch. Weil eben nur AC/DC dazu in der Lage sind! Was für Ignoranten wirken mag wie Routine, das schütteln Angus und Co. mit einer Leichtigkeit aus den Ärmeln wie niemand Anderes. Und verbreiten so ein Feeling, das Fans aufsaugen wie bekloppt – Gänsehautbelohnung inklusive. Und genau diese wohlige Wärme ergreift jeden, der so denkt, hört und vor allem fühlt. Allein dieser Bass zu Beginn von „Wild Reputation“! Jedes einzelne dieser abgehackt wirkenden Signature-Riffs in allen Songs führen einen Langjährigen zurück in seine Jugend, zu den geilen Gigs überall auf der Welt! Jeder kann mäkeln, dass die überraschend vielen Chöre zwar cool, aber auch ein wenig klinisch klingen. Oder dass der Sound insgesamt ein Stück zu trocken ist. Alle könnten sich lustig machen über ewig gleiche Textfragmente, über Reime, die nur knapp an der Peinlichkeit vorbei schrammen („Witch’s spell, tell the tale“). Natürlich kritteln bestimmt wieder welche herum, es gäbe Füllmaterial – nur: die Meckerpötte nennen nie die gleichen Songs. We call it Geschmackssache! Und selbstverständlich wiederholen sich AC/DC immer und überall selbst. Na und, sollen sie gefälligst! Ist es nicht schön, beim fast kitschigen „Through The Mists Of Time“ den Groove von „Sin City“ wiederzuerkennen? Hört Ihr nicht? Vielleicht lässt der bekannte Opener „Realize“ an das ausgenudelte „Thunderstruck“ denken? Oder kommen hie und da Erinnerungen an das unterbewertete „Flick Of The Switch“ auf? Singt Meister Johnson bei „Demon Fire“ nicht sogar ein bisschen tief? Alles wurschtegal, solange die Gänsehaut stimmt, der Bass treibt wie bei „Money Shot“, der typische Groove Dich gefangen nimmt (ständig), so dass der Durst sogar vormittags aufkommt – und die Scheibe immer und immer wieder von vorn gespielt wird. Und wer Lust hat, der legt eben dann auch noch ein paar alte Kracher auf. Fakt ist: AC/DC melden sich nochmal zurück. Das ist verdammt gut so. Schade, dass nicht mehr alle Mistreiter aus den ganzen Jahren dabei sind. Aber sie sitzen jetzt mit Bon, Malcolm und anderen auf einer weichen Wolke, die AC/DC-Blitze schlagen ein, sie rauchen und saufen, stehen mächtig unter „High Voltage“ und warten auf uns – „Can I Sit Next To You (Girl)"?

 

Power Up


Cover - Power Up Band:

AC/DC


Genre: Hard Rock
Tracks: 12
Länge: 41:6 (CD)
Label: Columbia
Vertrieb: (Sony BMG