Ein Auftritt bei MTV Unplugged ist schon so etwas wie ein kleiner Ritterschlag für Musiker. Dementsprechend liest sich die Liste der Künstler, die die Ehre hatten, eingeladen zu werden, wie das „Who is Who“ der Musikszene. Leider wurden viele dieser Konzerte nur ausgestrahlt, aber nie als CD/DVD oder nur als Beigaben zu Special Editions (No Need To Argue 30th Exclusive Limited Deluxe Edition Vinyl 3LP) veröffentlicht. Wie im Falle der Band um die charismatische, leider viel zu früh, tragischerweise am Abend nach den Tonaufnahmen zu ihrem Comeback, verstorbene Sängerin Dolores O’Riordan (R.I.P. 15.01.2018).
Zur Promotion ihres damals aktuellen Albums „No Need To Argue“, war es dann für die CRANBERRIES am 14.02.1995, im „Howard Gilman Opera House, The Brooklyn Academy Of Music“ in NY soweit.
Am 07.11.2025 erscheinen nun zum 30. Jubiläum dieses Werkes die lang ersehnten Liveaufnahmen. Mich freut es sehr, dass mir nun sechs meiner Lieblingslieder (von insgesamt 9) in der Unplugged-Version vorliegen. Über den Songs liegt eine melancholische Grundstimmung, die hervorragend zum Herbstwetter und der dunklen Jahreszeit passt. Bei jedem Anhören entdeckt man zudem neue Facetten.
Den von Dolores geschriebenen, sehr persönlichen Kompositionen steht das akustische Gewand, eingebettet in einen warmen, erdigen Sound, durchweg sehr gut. Nur beim Heavy-Rotation-Dauerbrenner „Zombie“ fehlt mir anfangs das geniale Intro des Originals. Hervorzuheben sind ferner die eingesetzten Streicher; sie veredeln die Songs mit ihrem Einsatz und kreieren einen Klangteppich, der einen auf eine Reise ins Unplugged-Universum mitnimmt.
Der Opener der CD, „Dreaming My Dreams“, der Song, den die Sängerin als Liebeserklärung an ihren damaligen Mann schrieb, ist mehr als gelungen. Gefolgt von meinem Favorite „Ode To My Family“, das mir in der ursprünglichen Version einen kleinen Ticken besser gefällt. Mit dem wunderschönen „Linger“, eigentlich von der ersten Platte „Everybody Else Is Doing It, So Why Can’t We“, hatte ich damals die irische Truppe aus der Grafschaft Limerick für mich entdeckt.
Der Song „Free to Decide“ handelt davon, dass man sein Leben selbst in die Hand nehmen sollte, und lässt noch genügend Spielraum für Interpretationen; somit wurde er zur Hymne für viele Menschen in schwierigen Situationen. Mir gefällt er ausgesprochen gut, er erschien erst auf der dritten CD „To The Faithful Departed“. Genauso wie „I’m Still Remembering“, das von einer schwierigen Paarbeziehung handelt. „Empty“ beschreibt das Gefühl einer inneren Leere, das wir wohl alle schon mal im Leben gefühlt haben, wenn uns etwas oder jemand genommen wurde, und nimmt den Zuhörer emotional mit. Was soll ich zu „Zombie“ noch sagen? Ich glaube, da ist schon alles darüber berichtet worden. Dass der Track vom Nordirlandkonflikt handelt, dürfte wohl jeder, der die neunziger Jahre erlebt hat und sich mit den „PREISELBEEREN“ beschäftigt hat, bereits wissen. Eine phantastische Hymne für Frieden und gegen Gewalt. Die aufgrund der Überpräsenz im Radio in diesem Jahrzehnt und der „Yodelling“-Gesangstechnik der Frontfrau leider auch zuweilen polarisiert hat. Ich fand sie schon immer herausragend, und als großer Irlandfan ist mir diese Art zu singen auch mehr als angenehm. Ich hatte auch zweimal das Glück, die Iren live erleben zu dürfen, und beide Male haben sie dermaßen gerockt, deshalb stellt der Tonträger jetzt eine wirklich interessante Abwechslung für mich dar. Mit dem sehr traurigen „Yesterday’s Gone“ und „No Need To Argue“ beendeten Dolores, die Brüder Noel (Gitarre) und Mike Hogan (Bassgitarre) sowie Fergal Lawler (Schlagzeug und Percussion) von ihrem Publikum gefeiert die Session. Beide Stücke handeln wieder von zerbrochenen Beziehungen, der erste von einer Frau, die nach einer Fehlgeburt verlassen wird? Diese Nummer wurde bisher nur auf der 25th Edition von NNTA veröffentlicht.
Ich wische mir die Tränchen aus den Augen und muss sagen, dass ich das Zuhören sehr geliebt und mich in die gute alte Zeit zurückversetzt gefühlt habe. Auch dank der virtuosen Gastmusiker, die viel dazu beigetragen haben, diese intime Atmosphäre herzustellen, die man bei schlechtem Wetter auf seinem Sofa eingerollt oder ins Bettchen eingekuschelt genießen kann. Ein sehr schöner Kontrast zum Metal, der sonst der Soundtrack unseres Lebens ist.
Text: Kerstin Berghammer
MTV Unplugged
The Cranberries
Genre: Alternative
Tracks: 9
Länge: 42:1 (CD)
Label: Island
Vertrieb: Universal Music



