Terrorgruppe, Muff Potter, The Movement, Trend - Hamburg, Grünspan
Damit die Kids rechtzeitig bei Mama und Papa zu Hause waren, begannen pünktlich um 19 Uhr TREND und sie waren als Anheizer durchaus zu gebrauchen. Ihr oldschooliger Deutsch-Punk ging gut nach vorne und konnte schon einiges an pogendem Volk mobilisieren. Auf Dauer wurde der Sound etwas eintönig, aber besonders der Sänger machte die ganze Zeit über gut Stimmung und konnte die Tanzenden immer wieder mitreißen. Nach einer halben Stunde musste die Band die Bühne dann allerdings schon wieder verlassen. Insgesamt könnten die Stücke etwas mehr Abwechslung vertragen, aber ich bin gespannt, was man von der Band in Zukunft noch zu hören bekommt.
Auch den Dänen von THE MOVEMENT wurde nur eine halbe Stunde eingeräumt. Was sehr schade war, denn das Trio war die musikalisch interessanteste Band des Abends. Mit ihrem Album "Move!" von 2003 haben sie neue Maßstäbe im Punkrock gesetzt, indem sie einen Sound schufen, der eine Mischung aus melodischem Punkrock, Mod-Musik und Ska ist, wobei alle drei äußerst gute Musiker sind, dabei aber auch mit unglaublicher Energie zu Werke gehen - die sie live noch zu steigern wissen. Wie immer in schwarze Anzüge, weiße Hemden und Krawatten gekleidet, rockten sie dann auch mit "No Jobs" von der "Hardmod Internationalist EP" los, und das Publikum ging begeistert mit. Es folgten weitere Kracher wie "Get Pissed", "How Come?" und "Control Your Temper" sowie zwei neue großartige Stücke, die einen das nächste Album fieberhaft erwarten lassen. Genial war wieder die Mischung aus schweißtreibender Live-Energie, Mitgröl-Refrains, Ohrwurm-Melodien und dem durch und durch sympathischen Auftreten des Trios. Leider war alles viel zu schnell vorbei, aber im April werden sie im Molotow spielen - auf keinen Fall verpassen!
Die aus Rheine stammenden MUFF POTTER fand ich schon auf Platte immer ziemlich öde. Doch live gelang es ihnen spielend, diesen Eindruck zu toppen. Ihr deutsch gesungener Alternative Rock, der stark in die Ecke SPORTFREUNDE STILLER und Konsorten tendiert, hat ganz einfach das gewisse Nichts. Im Gegensatz zu den SPORTFREUNDEN, die aus ihrem Dilettantismus Methode machen, was ihnen zumindest ein paar Sympathiepunkte einbringt, geben sich MUFF POTTER aber gerne etwas arrogant und suhlen sich in Selbstbeweihräucherung. Ansagen wie "Ihr seid ja alle ganz schön hässlich. Aber zum Glück hängt genau gegenüber von mir ein Spiegel, in dem ich mich die ganze Zeit angucken und sehen kann, wie geil ich bin" wären nicht nötig gewesen - denn dass der Sänger sich unglaublich geil findet, dürfte wirklich jeder bemerkt haben. Offensichtlich waren aber eine ganze Reihe MUFF POTTER-Fans anwesend, denn vor der Bühne war es nach THE MOVEMENT noch eine ganze Ecke voller geworden und es wurde zugegebenermaßen ordentlich gerockt. Aber sogar die ersten Reihen waren irgendwann vom Rumgesülze zwischen den Songs so genervt, dass immer wieder "Halt die Fresse"- und "Schneid dir die Haare"-Rufe ertönten - beides durchaus zu Recht eingefordert. Ansonsten konnte man die Zeit, während der die gähnende Langeweile verbreitende Band spielte, prima dazu nutzen, sich ein cooles MOVEMENT-Shirt zu holen und mit deren Sänger Lukas ein kurzes Schwätzchen zu halten, der die Shirts höchstselbst an den Mann bzw. die Frau brachte. Nach einer Dreiviertelstunde mussten MUFF POTTER dann zum Glück endlich die Bühne verlassen. Und das Leben hatte wieder einen Sinn...
Dass TERRORGRUPPE die Stars des Abends waren, sah man schon daran, dass ihr Roadie nicht nur ihre Gitarren stimmte, sondern auch noch ihre Setlisten auf der Bühne festklebte, auf jeden Amp ein frisches Handtuch legt und diverse Biere öffnete und an strategisch wichtigen Punkten auf der Bühne verteilte. Dass die Berliner diesen Status auch wirklich verdient haben, bewiesen sie an diesem Abend zu Genüge, denn sie sollten eine großartige Show abliefern. Inzwischen war es vor Bühne richtig voll geworden, und als es nach einem "Final Countdown"-Intro (!) mit "Gestorben Auf Dem Weg Zur Arbeit" losging, hielt es niemanden mehr und bis zum Mischpult wurde wild gepogt und getanzt. Und dieses Level konnten die Berliner halten, egal ob mit alten Songs wie "Schöner Strand", "Ich Bin Ein Punk", "Opa" und "Der Rhein Ist Tot" oder neueren wie "Kathedralen" und "Fischertechnik" - sie rockten das Haus. Der schnelle, harte, aber größtenteils auch melodische Deutsch-Punk der TERRORGRUPPE macht ganz einfach Spaß. Auch wenn die Songtexte typischerweise extrem nach links gehen, fehlt ihnen zum Glück der mahnend erhobene Zeigefinger eines Campino. Wenn TERRORGRUPPE anprangern, tun sie es mit Humor und einem Augenzwinkern, wenn sie kämpferisch werden, tun sie dies leidenschaftlich, aber unverkrampft. Außer den ÄRZTEN gibt es wohl keine andere deutsche Band, die so mühelos Fun und politische Aussage verbindet. Alle vier TERRORGRUPPEN-Mitglieder kamen dabei äußerst sympathisch rüber, allerdings tendierten auch sie gelegentlich dazu, zwischen den Songs etwas zu viel zu reden, was dann irgendwann ebenfalls mit den bereits erwähnten "Halt die Fresse"-Rufen quittiert wurde. Nicht ganz zu unrecht, war man doch hier, um Musik zu hören und zu tanzen und nicht, um Kalauern und lustigen Geschichtchen zu lauschen. Dass sie Profis sind, zeigten die Berliner, indem sie irgendwann in die Rufe einstimmten und spontan ein Riff dazu jammten. Dabei steigerten sie noch zwei Mal das Tempo, um schließlich bei Blast Speed zu landen. Respekt Drummer Steve! Ihr Improvisations-Vermögen bewiesen sie auch mit der ersten Zugabe, denn die üblichen "Zugabe"-Rufe gingen irgendwann in ein "Hey ho! Let´s go!" über, worauf die Jungs auf die Bühne zurückkamen und direkt mit "Blitzkrieg Bop" einstiegen. Und die Halle tobte. Gegen Ende des Zugabenblocks musst ich mich dann aber doch etwas für das junge Hamburger Publikum schämen. Denn zu SLIME´s "Deutschland" lud Sänger Archi das Publikum ein, auf die Bühne zu kommen und den Text zu singen. Und niemand kam, denn niemand kannte den Text... Klar Leute, das war vor Eurer Zeit, aber trotzdem: Wer einen auf Punk macht, sollte wenigstens dieses Hamburger Punk-Urgestein kennen. Der Stimmung tat das jedoch keinen Abbruch, und so feierte die Menge im Grünspan zusammen mit ihren Helden eine fast zwei Stunden lange intensive, schweißtreibende Punk-Party und schwankte dann erschöpft, aber zufrieden in den kalten Hamburger Nieselregen.