Pressure Festival 2007 - Samstag

Das Pressure Festival sollte für mich persönlich erst am Samstag beginnen, da sich der Freitag aufgrund unvorhergesehener Zwischenfälle erledigt hatte. Also kein CONVERGE? schade drum, aber nicht zu ändern. Blieb immerhin mehr Energie für den Samstag, an welchem wir gegen 13.30 Uhr im Gysenbergpark ankamen und uns in einer verdammt langen Schlange vor dem Eingang einfanden. Da sich der Einlass hinzog, wurden die ersten Bands des Tages schlank verpasst. BRING ME HORIZON waren wohl eh ausgefallen, jedenfalls spielten auf deren Slot BLACK FRIDAY 29, von denen ich noch zwei Songs mitbekam. Natürlich hatten die Pottler ein Heimspiel und so war ordentlich was los vor der Bühne. Gibt wohl bald eine neue Scheibe der Combo, von der ein Song gespielt wurde, der Appetit auf mehr machte.
SIX FT DITCH begannen ihren Set mit einer vom Basser und Sänger performten Rap-Einlage, die überraschend gut (wenn auch etwas prollig) klang. Etwaige Spekulation über eine musikalische Neuausrichtung der Truppe wurden nach wenigen Minuten aber ad acta gelegt, als die Truppe in gewohnt-brachialer Manier loslegte. Mein Fall sind weder ihre prollige Attitüde noch der bollernde Sound, aber ein Haufen Leute waren da anderer Meinung und sorgten für einen großen Pit vor der Bühne. Die Security hatte mehrmals gut zu tun, als erste Crowdsurfer ankamen und sich der Sänger SIX FT DITCH-Sänger auf die Absperrung begab, um das Mikro kreisen zu lassen. Von der Show her waren die Amis auf jeden Fall sehenswert.
Premiere beim Pressure Festival: CASEY JONES spielten ihre erste Europa-Show ever! Die Band um einen der EVERGREEN TERRACE-Gitarristen hat mit "The Messenger" ein formidables melodisches Hardcore-Album veröffentlicht, das sich in der Szene einer großen Beliebtheit erfreut - anders lässt sich nicht erklären, dass schlichtweg die ganze Halle ausrastete und die Amis abfeierte. Vom ersten Ton an wurde bis weit nach hinten mitgesungen, gepogt und den Aufforderungen nach Circle Pits bereitwillig nachgekommen. Crowdsurfer flogen im Minutentakt und gaben der Security wieder gut zu tun, ebenso Sänger Josh, der immer wieder aufs Gitter stieg, um mit den Fans zu singen. Höhepunkt war definitiv "Coke Bongs And Sing-A-Longs", dessen Refrain von jedem Anwesenden mitgesungen wurde. Großes Tennis! "These Days Are Memories" - fürwahr! Die halbe Stunde Spielzeit war viel zu schnell rum, wurde aber immerhin noch von einem MINOR THREAT-Cover gekrönt, mit dem CASEY JONES noch einmal die Energiereserven der ersten Reihen mobilisieren konnten. Einfach ein grandioser Auftritt, dem hoffentlich noch viele weitere in Deutschland und Europa folgen werden!
SETTLE THE SCORE und THE WARRIORS fielen der Essensaufnahme und etwas chillen im Park zum Opfer, wobei ich glaube, dass eine der beiden Bands komplett ausfiel, da die nachfolgenden PARKWAY DRIVE recht früh begannen. Schon ihre letzte Tour mit ON BROKEN WINGS hatte klargemacht, dass die Australier ein großes Following in Deutschland haben, von daher war es kein Wunder, dass bei ihrer Show ordentlich die Post abging. Ihr ziemlich Metal-lastiger Sound (der wie bei allen Bands sehr klar aus den Boxen kam, dickes Lob dafür an den Mischer) machte es den Leuten aber auch leicht, sich mitreißen zu lassen. In punkto Show macht den Jungspunden ebenfalls niemand mehr was vor, dazu haben sie mittlerweile zu viel Erfahrung gesammelt, so dass am Ende ein gelungener Gig mehr im Buche von PARKWAY DRIVE stand.
HAVE HEART hatten ebenfalls eine erfolgreiche Headliner-Tour durch Europa bestritten, die in Bremen ein denkwürdigen Stop hinlegte. Die Menge vor der Bühne war nicht kleiner als bei den vorherigen Bands (überhaupt war am Samstag gefühlt am meisten los und die Halle am vollsten) und bereitere den Bostoner einen herzlichen Empfang. Es ging gleich in die Vollen mit Songs vom endgeilen "The Things We Carry"-Album, die in den ersten Reihen textsicher mitgesungen wurden. Sänger Patrick tobte wie er Derwisch über die Bühne und intonierte die persönlichen Texte der Scheibe mit Hingabe, während der Rest der Mannschaft ordentlich poste. Immer wieder wurde der Kontakt mit dem Publikum gesucht (und die Security mal wieder ins Schwitzen gebracht), was dieses mit großen Crawls und vielen Crowdsurfern belohnte. In einem kleinen Club sind HAVE HEART zwar noch eine Spur intensiver, in der großen Gysenberghalle verloren sie aber nur wenig von ihrer Intensität, die sie zu einer der beeindrucksten HC-Bands der jüngeren Zeit machen. Es gelang ihnen mühelos, das hohe Level von CASEY JONES und PARKWAY DRIVE zu Halten und dem Publikum so abermals eine erstklassige Show zu bieten. Daumen hoch dafür!
ALL OUT WAR wurden gegen Chillen eingetausch, UNEARTH wollte ich mir aber nicht entgehen lassen. Wie gewohnt legten die Bostoner ein Metalcore-Brett par excellence hin, dass von der beeindruckend energiegeladenen Bühnenshow der Band lebte. Und natürlich von den Songs, die ordentlich Arsch treten, egal ob vom "In The Eyes Of Fire"-Album oder seinem Vorgänger. Sänger Trevor hielt sich mit Ausflügen ans Gitter etwas zurück, was ihm die Security sicher dankte, die so eine Sorge weniger hatte - Mosher und Crowdsurfer hatte es nämlich wieder zur Genüge. Die beiden Gitarristen hatten diesmal auch wenig Lust, direkt ans Publikum zu gehen, Langhaardackel Buzz rannte dafür immerhin einmal um die Bühne.
Der neue Drummer machte derweil seine Sache ausgezeichnet, er hatte ja bereits einige Shows zum Üben gehabt. Wie jedesmal konnten UNEARTH sowohl in Sachen Show als auch musikalisch überzeugen und lieferten eine reife Leistung ab, mit der sie ihren Ruf als hervorragende Live-Band untermauerten und zu Recht vom Publikum gefeiert wurden.
In den Wochen vor dem Pressure Festival konnte auf der Homepage ein Teil der SICK OF IT ALL-Setlist zusammengestellt werden - die Songs mit den meisten Stimmen würden von New Yorkern gespielt werden. Aber im Grunde ist es egal, was die Koller-Brüder und ihre beiden Mitstreiter spielen, das Publikum frisst ihnen im Regelfall aus der Hand. An diesem Abend war das nicht anders, vom ersten Ton an war vor der Bühne die Hölle los, angefeuert durch einen bestens aufgelegten Lou Koller und einen mit irre hohem Energielevel agierenden Pete Koller. Was der Mann auf der Bühne an Kilometern abreisst schaffen manche Fußballer nicht, Respekt! Dabei immer ein Grinsen im Gesicht, am Mitsingen und in den Pausen wahlweise mit Crew oder Publikum scherzend. Grandios! Ebenso grandios fiel die Setlist aus, die neben einigen Songs vom "Death To Tyrants"-Album viele selten gehörte Songs in petto hatte und natürlich standesgemäß mit "Scratch The Surface" beendet wurde, bei dem es eine riesige Wall Of Death (bei der die Leute von vier Seiten aufeinander zurannten) beendet wurde. Ein Fan durfte vorher noch auf die Bühne kommen, um mit der Band zusammen "Ratpack" zu intonieren, was er hervorrangend machte. Während des ganzen Gigs über flogen natürlich die Crowdsurfer und sang jeder aus voller Kehle mit. Die Gysenberghalle sehr gut gefüllt, nicht nur im Innenraum sondern auch auf den Tribünen. Und jeder schien sich auf SICK OF IT ALL gefreut zu haben, feierte mit ihnen und machte diesen Auftritt zu einem der besten, die jemals von einer Band gespielt wurden. Der Circle Pit quer durch die Halle (um den Mischer rum) war das i-Tüpfelchen auf eine verdammt unglaubliche Stunde, in der SICK OF IT ALL bewiesen, dass sie Live noch immer eine Macht sind. Hoffentlich wird die Band in dieser Form auch noch ihr 30jähriges Jubliäum feiern!