Konzert:

Tiefschlag, Last Sunday, Obscure - Hamburg, Marx

Konzert vom 15.12.2006Nasskaltes Wetter limitierte zwar die Weihnachtsstimmung an diesem Freitag, tat der Laune des zahlreich angereisten Publikums keinen Abbruch. Im kleinen Marx hatten die Hamburger TIEFSCHLAG geladen um ein Livealbum aufzunehmen. Der Opener SEISMIC TREMOR fiel unserem ganz normalen Arbeitsleben zum Opfer, unser erster Act des Abends waren die blutjungen OBSCURE. Gleich mit einem ganzen Reisebus hatten die Wolfsburger ihre Fans in die Hansestadt gekarrt. Auf ihrer Fahrt wohl schon gut mit entsprechendem Liedmaterial eingestimmten hatten OBSCURE die textsichersten Fans des Abends dabei. OBSCURE hatten mit ihrem leicht corigen Neo Thrash zwar musikalisch keine Offenbahrungen am Start, ballerten aber mit ordentlich Herzblut. Mit schönen Gitarrenmelodien auf der Haben-Seite und einem nackenbrechenden Groove der dafür sorgte, dass sich die ganze erste Reihe bangend in den Armen lag, rockte sich OBSCURE in die Köpfe des Publikums. Zwei kleine Plastikpferdchen reisten mit ihnen an und zirkulierten im Publikum, das selbst eine Wall Of Death probte und zahlreiche Stagediver durch das enge Marx transportierte. Die selten eingesetzten cleaneren Vocals litten etwas unter dem begrenzten Tonumfang ihres Sängers, nicht nur Songs wie "Unreachable" aus so vielen Kehlen machten aber einfach Spaß und ließen bei mir eine leicht nostalgische Erinnerung an eine seelige Jugendhauszeit aufkommen.



Auf besonderen Wunsch der Gastgeber des Abends wurde es mit LAST SUNDAY deutlich melodischer. Mit Haartollen aus dem Bilderbuch und gar einer Gitarre im Emily Strange Design wurde es ziemlich Emo. Ein punkiger Flair mit poppigen Melodien, dazu drei Sänger und damit ein nicht unbekanntes Problem des Genres: Wenn alle drei zusammen singen wirkt alles wunderbar, jeder für sich alleine aber kann aber nur schwer überzeugen. Auch der Wochentag im Bandnamen ist irgendwie schon vergeben - zum Glück hält die aktive Performance der Band den Zuhörer davon ab über solche Dinge nachzudenken. Ihr Konzert beginnt mit einem technischen Problem eines ihrer Gitarristen und führt zu einer länglichen Zwangspause, die zu Füllen ihnen noch etwas die Routine fehlt. Mit Engelsflügelchem am Gitarrengurt und einer sehr hoch hängenden Gitarre geht es dann weiter. Besonders hervorzuheben: Der verdammt fitte Schlagzeuger und der sichere Bassist legen ein Fundament dass ihresgleichen sucht. Zu ihrem Stampfer "Wake Up" holen sie einen der TIEFSCHLAG Sänger (Tim) auf die Bühne, dessen Einsatz sich neben bangendem Haupt auf das Growlen der beiden Titelwörter beschränkt. Die vornehmlich weiblichen Fans hats erschreckt, den Rest amüsiert. Und die drei Musiker an den Saiteninstrumenten springen weiter umher als gäbe es kein Morgen.



Gegenüber dem melodischen Punkrock der Vorgäger fuhren die Gastgeben TIEFSCHLAG wahrlich brutale Geschütze auf. Ihre beiden energiegeladenen Sänger Tim und Felix shouten ihre deutschen, teils morbiden Texte gen Publikum. Das Liveacting der beiden ist vorbildlich, der Funke springt schnell über. Deutlich länger zum warm werden braucht ihr ungeschminkter Gitarrist Marek, der erst im zweiten Teil ihres Sets nach einem schicken Drumsolo auftaut. Mit dem selbstbetitelten Song "Tiefschlag" gibt es neueres, mit "Schwarzer Regen" oder "Kalter Nebel" älter gedientes Material. Und mit ihnen ein kleines Problem: Denn für nicht Band-affines Publikum sind die Songs schwer zu unterscheiden. Wirklich Melodien ergeben sich selten, die Texte sind kaum verständlich, der Grundtenor durchweg sehr hart. Die Variationen liegen nur im Detail, an vordersten Front stehen brachiale Gitarrenwände mit hasserfülltem Vocal-Battle der beiden Sänger. Die resultierende Wucht ihrer Musik ist phänomenal, der Inhalt bleibt, von prägnanten Textzeilen abgesehen, aber zurück. Das Publikum geht von der ersten Minute an mit und reißt euphorisch die Fäuste in die Höhe. Der Eindruck des sich im Laufe des Gigs leerenden Marx täuscht etwas: Zu einer Wall Of Death lässt sich die aufgewühlte Meute nur noch schwer überreden, immer mehr treiben verschwitzt und ausgepowert an den Rand des Marx. Mit "Schizophren" beenden die noch sehr jungen Hamburger ihren Auftritt um anschließend bei Freibier ihre Record-Party zu feiern. Denn TIEFSCHLAG nutzten das Konzert um ein Live-Album aufzunehmen - ich bin sehr gespannt darauf.

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