Hatebreed, Unearth, Twelve Tribes - Hannover, Musikzentrum

Nachdem wir uns durch die Massen zu einem guten Platz in der Nähe der Theke durchgekämpft hatten, ging das Licht aus und TWELVE TRIBES betraten die Bühne. Die Amerikaner sind mit ihrem neuem Album vom Metalcore-Einheitsbrei abgewichen und stattdessen auf sperrige Songs gesetzt, die immer wieder mit überraschenden Elementen versetzt sind. Livekamen die Songs deutlich direkter rüber und wurden von dem Hannoveraner Publikum begeistert aufgenommen. Selten wurde ein Opener in norddeutschen Gefilden so begeistert gefeiert wie TWELVE TRIBES an diesem Abend. Die Leute hatten einfach Bock auf einen Konzertabend und ließen sich von den Amis bereitwillig zu einem Moshpit einladen. Natürlich war Sänger Adam mit seinen arschlangen Dreads, die er allen physikalischen Gesetzen und Kopfschmerzen zum Trotz wild hin- und herschleuderte, Blickfang und Mittelpunkt der Bühnenshow. Allerdings war er kein großer Kommunikator, mehr als hingenuschelte Songtitel war von ihm nicht zu hören. Neben Adam gaben die beiden Gitarristen Vollgas und posten wie die ganz Großen, während die Rhythmus-Abteilung dezent im Hintergrund blieb. Nach einer halben Stunde verließen TWELVE TRIBES die Bühne und ließen ein gut angeheiztes Publikum zurück, also genau das, was ein guter Opener machen soll.
Im Vergleich zu dem Orkan, den UNEARTH in den folgenden 45 Minuten entfachen würden, sollte sich der Auftritt von TWELVE TRIBES als laue Sommerbrise entpuppen. Die Bostoner Mucker hatten derbe Bock und gaben vom Start weg 110%, allen voran der in ein true 80er-Outfit gekleidete Ken an der zweiten Gitarre und Sänger Trevor. Beide posten, was das Zeug hält, suchten den Kontakt zu den ersten (dauermoshenden) Reihen und hatten mächtig Spass inne Backen. Buz, der andere Gitarrist, schien sich etwas im Hintergrund zu halten, taute am im Verlaufe der ersten Songs auf und spätestens als er sich während eines Songs hinhockte und einem Fan das Bier austrank, war das Eis gebrochen. Einzig Basser John hielt sich zurück, wie es Viersaiter nunmal tun und konzentrierte sich darauf, die Songs effektiv nach vorne zu treiben, egal ob es sich dabei um Material vom neuen, sehr Metal-lastigen Album "In The Eyes Of Fire" oder Kracher von "The Oncoming Storm" handelte. Für das Publikum machte das keinen Unterschied, es feierte einfach alles ab, was UNEARTH an diesem Abend spielten, ließ sich zu einem großen Moshpit verleihten, kletterte im Sekundentakt auf die Bühne und ließ auch die obligatorischen Circle Pits nicht aus. Vor lauter Übermut ließen sich Ken (der zwischendurch von einem Roadie zum Trichtersaufen animiert wurde) und Buz von den Fans Richtung Theke tragen, wo sie einen kompletten Song spielten, um dann mitten im nächsten wieder zurück zur Bühne getragen zu werden. Soviel Energie und gute Laune versprühen nur wenig Bands, einfach unglaublich! Mit diesem Auftritt haben sich UNEARTH in den Kreis der ganz großen Live-Bands gespielt. Hammer!
Um Gute Laune geht es bei HATEBREED eher weniger, Jamey Jasta nutzt die Musik, um seine negativen Gefühle und Erfahrungen rauszulassen. "Defeatist" ist dafür ein gutes Beispiel und dazu noch ein echter Smash-Hit. So war es nur konsequent, dass HATEBREED ihren Set mit diesem Knaller eröffneten und so das Publikum komplett zum Austicken brachten. Der von TERROR gekommene Frank Novinec überließ die Bühnenshow Jamey und dem tätowierten Schwergewicht Sean und konzentrierte sich mit seinem ex-TERROR-Kollegen Carl Schwartz, der die Tour als Ersatzmann am Bass mitfährt auf die Rhythmus-Arbeit. Es gibt keinen Zweifel daran, dass Jamey zu den großen Entertainern gehört, der sich auf einer Bühne in einem vollgepackten Club erst so richtig wohl fühlt, was er an diesem Abend erneut unter Beweis stellte, er animierte die Fans zu Höchstleistungen, trieb seine Band an und brüllte seinen Frust in seinen Texten in die vor der Bühne tobende Menge. Niemanden ließ das kalt, jeder mußte sich zumindest etwas bewegen, einer so intensiven Show kann man sich kaum entziehen. Immer mehr Fans kletterten auf die Bühne, um sich immer spektakulärer in die Menge zu schmeißen, bis es seinen Höhepunkt in dem Irren fand, der an der Security vorbei die Leuchtermasten hochkletterte und sich dann aus vier oder fünf Metern Höhe von der Menge fangen ließ. Leider gerade zu "This Is Now", einem der coolsten HATEBREED-Songs überhaupt, den die Band abbrach, damit niemand von dem herunterfallenden Typen überrascht wurde. Schade drum. Der Typ sprang noch einige Male auf die Bühne, wurde aber immer schnell und sehr unsanft von dem offensichtlich genervten Security-Mensch runtersgeschmissen. Das war das einzige negative Erlebnis einer ansonsten endgeilen HATEBREED-Show, die viel zu schnell (und leider auch ohne Zugabe) zu Ende war. Drei verdammt gut aufgelegte Bands und ein enthusiastisches, dabei aber immer friedliches, Publikum sorgten für einen der besten Konzertabende 2006.