Most Precious Blood, Turmoil, Commando, Ritual - Bremen, Wehrschloß
Kurz nach acht legten die Newcomer RITUAL los und versuchten die Anwesenden zu ersten Zappelaktionen vor der Bühne zu verleiten. Das klappte nur bedingt, da so ziemlich niemand mit dem punkig angehauchten Hardcore der Band vertraut zu sein schien. Die ließen sich davon aber nicht weiter beeindrucken und zockten ihre High Energy-Show einfach weiter. Besonders beeindruckend war die Sicherheit des Sängers beim Mikroschwingen, gerade angesichts der Jugend der Mucker. Keiner der Herren schien älter als 20 zu sein, wusste aber schon, wie man post und generell cool wirkt. Wenn nicht die roten Apfelbacken gewesen wären… Musikalisch gab’s eine flotte Mischung aus brutalem Hardcore und ein wenig Punk-Einflus, was ziemlich gut ins Ohr ging und auch sauber gespielt war. Konnte sich hören lassen und hätte ich gerne mal in der heimischen Anlage. Für einen Opener waren RITUAL verdammt gut.
COMMANDO aus dem schönen Braunschweig spielen altersmäßig schon zwei Klassen höher (da, wo im Fußball kein U mehr vor der Mannschaft steht) und rekrutieren sich u.a. aus A TRAITOR LIKE JUDAS-Leuten. Eine Scheibe haben die Jungs bisher nicht veröffentlich, sind aber dafür natürlich bei MySpace zu finden. Die Routine, die wenigstens ein Teil der Combo mitbrachte, merkte man zu jeder Sekunde: die Breaks saßen, die Gitarren sägten und der Sänger gab den aggo-Brüllwürfel in Reinkultur. So erinnerte das Ganze ziemlich an Bands wie HATEBREED und deutlich brutaler als der Opener. Durch das gekonnt Songwriting wurde es nicht langweilig, was ja bei Mid Tempo-Heavies oft der Fall ist. Da kommt eben die Erfahrung zum Tragen. Die Show selbst war ok, auch wenn die Band bis auf den Sänger recht verhalten war. Der gute Mann am Mikro hatte dafür nen guten Tag erwischt und kommunizierte ordentlich mit dem Publikum und forderte sie sogar zum Stagediven auf - einer Aufforderung, der nur sehr wenig Leute nachkamen, auch wenn im Pit vor der Bühne einiges los war. Dem Opener waren COMMANDO mindestens ebenbürtig und setzen die Messlatte für TURMOIL hoch an.
Philadelphias härteste Band sind laut eigener Einschätzung TURMOIL. Von den altgedienten Metalcorlern hat man lange Zeit nicht viel gehört, aber jetzt sind sie zurück und mit neuem Album im Gepäck auf Europa-Tour. Nach fast 15 Jahren wissen die Jungs, was eine gute Show ausmacht und so gab es jede Menge Action auf (und vor) der Bühne und einen redseligen Sänger, der die Leute pausenlos zu mehr Action animierte - oder wahlweise zum Kauf der neuen Scheibe. Nebenbei machte er am Mikro einen guten Job und brüllte sowohl alte auch neue Songs mit einer Angst machen Aggressivität ins Mikro, während seine Siedekicks metallische Riffs und fettes Drumming beisteuerten. Der Gitarrensound und so manche noisig angehauchte Passage haben mich an alte Relapse-Helden wie SOILENT GREEN erinnert, sehr schön. Das war eine Lehrstunde in Sachen metallischem HC, Metalcore, Crossover, wie auch immer man das nennen will. TURMOIL sind zurück und in Bestform!
Nachdem das Publikum sich spätestens bei TURMOIL gut ausgetobt hatte, mussten bei MOST PRECIOUS BLOOD die letzten Reserven aktiviert werden. Das klappte wie auf Knopfdruck, als das quasi-Intro von "Shark Ethics" begann, wurde es vor der Bühne eng und mit den ersten Riffs setzte der Mob sich in Bewegung. MOST PRECIOUS BLOOD zeigten sich motiviert bis in die Haarspitzen und stellten selbst die Energiebündel von TURMOIL in den Schatten in Sachen Bewegungsfreude. Davon ließ sich das Publikum zu noch mehr Action anstacheln und schon war die schönste HC-Show auf und vor der Bühne im Gange. So soll das sein. MOST PRECIOUS BLOOD spielten einen munteren Querschnitt durch ihre Alben und konnten mit jedem Song überzeugen, egal ob’s vom "Merciless"-Kracher kommt oder seinem nicht minder coolen Vorgänger "Our Lady Of Annihilation". Mein persönlicher Favorit "The Lantern" war auch dabei, also war ich eh’ glücklich. Und damit nicht allein, bis weit in die hinteren Reihen bewegten sich die Leute zum NYHC Marke MOST PRECIOUS BLOOD. Viel zu schnell waren die Jungs (und Gitarristin Rachel, die vor der Show noch in aller Seelenruhe häkelte (!)) am Ende des Sets angelangt und mussten natürlich für eine Zugabe zurück auf die Bühne kommen. Dann war es vorbei und die Erkenntnis, gerade einen verdammt gelungenen Konzertabend erlebt zu haben, entließ die Besucher glücklich in die kalte Bremer Nacht.