Rock Hard Festival 2005 - Sonntag
Threshold
THRESHOLD dürfen dieses Jahr fairerweise ihren (Obacht, Klischee!) "vom Winde verwehten" und "ins Wasser gefallenen" Auftritt von 2003 wiederholen, als ein netter, kleiner Orkan die harmlosen Proggies von der Bühne fegte. Den Verfasser dieser Zeilen freut’s jedenfalls sehr, als die RockHard-CD-des-Monats-Abonenten besagte Bühne entern und Papa Razzi’s Cheffe Gelsenkirchen nicht erneut den Himmel auf den Kopf fallen lässt. Zwar präsentiert sich die Band musikalisch in absoluter Topform, und auch die Songs funktionieren live allesamt erstaunlich gut - nur Sänger Mac scheint irgendwie ein bisschen neben der Schnur heute. Warum kommt der obersympathische Frontmops nicht schon viel früher mit seinen durchaus gekonnten deutschsprachigen Ansagen um die Ecke? Und vor allem: Hat er in den letzten sechs Monaten nur Schnee geschippt? Wie sonst ist es zu erklären, dass der Grinsekuchen mehr als einmal etwas ins Stocken kommt - bei seinen eigenen Texten? Das halbe Jahr Bandpause war wohl nicht ganz so gut… Dennoch macht der Auftritt von England’s Finest Spaß und ist mit seinen großteils atmosphärischen Klängen à la "Pressure" oder "Fragmentation" eine willkommene Abwechslung im Gesamtprogramm, was auch der rege Zuspruch der anwesenden Melodic-Fraktion unterstreicht. Mehr davon! (heavy)
Unleashed
Sind noch Death-Metal-Fans" von gestern übrig geblieben", fragte RH-Conferencier Frank Albrecht und eine riesige Menge schrie "Ja" zurück. Mit "Legal Rapes" legten die Urgsteine ganz in schwarz los - und von nun ab gab’s kein Halten mehr. Meister Johnny versprüht mit bloßer Präsenz ein unglaubliches Charisma, die Songs tun ein übriges dazu. Und wenn die Schweden dann auch noch eine Best-Of-Setlist spielen, die ihresgleichen sucht (u.a. dabei: "Winterland", "To Asgard We Fly", "Shadows In The Deep", "Long Live The The Beast", "Destruction, "Victims Of War", "Berserk", "Before The Creation Of Time", "Into Glory Ride”, "Never Ending Hate”, "Don´t Want To Be Born”, "Hell´s Unleashed”) - dann ist alles gewonnen. In diesem Sinne: "Death Metal Victory" (memme).
Pretty Maids
Was kann man an einem Festival Sonntag am meisten brauchen um wieder auf Touren zu kommen? Richtig - Heavy Metal Klassiker und Hits aus Dänemark. Die PRETTY MAIDS machen einfach immer wieder Spaß. Ronnie Atkins in knallroten Oberteil und seine Kollegen schmissen gleich mal "Sin Decade" in die Runde. Mit "Wouldn´t Miss You" und "Love Games" wurde erst mal n bisschen Gas aus der Suppe genommen bevor dann die obligatorischen Brecher kamen: "Back To Back", "Future World" und "Red, Hot & Heavy".
Mittlerweile lachte auch wieder die Sonne über dem Amphitheater - und so machten die schmucken Mädels gleich doppelt Spaß. (xhb)
Masterplan
Bei meinen bisherigen Gastspiel-Besuchen von MASTERPLAN-Gigs konnte mich die Band musikalisch stets überzeugen - nur mit der Performance hat’s immer ein bisschen gehapert. Und leider ist das auch in Gelsenkirchen nicht anders: Die Jungs haben ein großteils bärenstarkes Songmaterial in der Hinterhand, aber live springt der Funke einfach nicht in dem Maße über, wie er es eigentlich müsste, bei Bomben wie "Kind Hearted Light", "Enlighten Me" oder "Heroes". Mal abgesehen von der - verkraftbaren - Tatsache, dass die eine oder andere Note nicht wirklich live performt wird, leiden MASTERPLAN auch im Amphitheater im Wesentlichen an dem norwegisch-unterkühlten Wesen ihres Fronmanns: Jorn Lande ist mit einer gnadenlos geilen Röhre ausgestattet, kommt auf der Bühne aber so verbindlich, emotional aufpushend und engagiert daher, wie eine Kreuzung aus Rudolph Scharping und Rüdiger Hofmann. Und das zweite Aushängeschild, Roland Grapow, beschränkt sein Wirken im Wesentlichen aufs sehr routinierte - Interpretation freigestellt - Gitarrenspiel, garniert mit ’nem guten Schlag Rumposen und einer ordentlichen Prise freundlichen Lächelns. Jungs, wo ist denn das bitte Metal?? Irgendwie passend, dass es, als die ersten Wunderkerzen des Festivals gezückt werden, einige Unverwüstliche zehn Meter nebenan nicht mehr aushalten und zeitgleich munter mit dem crowdsurfen beginnen. Fazit: Wirklich starke Songs, teilweise starke, weil druckvolle Performance und geile Musiker - aber am Feintuning besonders zwischen den Liedern muss irgendwie noch gearbeitet werden...(heavy)
Setlist:
Crimson Rider
Crystal Night
Wounds
Kind Hearted Light
I´m Not Afraid
When Love Comes Close
Enlighten Me
Soulburn
Heroes
Back For My Life
Spirit Never Die
Crawling From Hell
Overkill
Nunja, wenn wir ehrlich sind hat die Stimmung die bei Bobby Blitz & Consorten herrschte keine Band mehr getoppt. Wenn 5.000 Leute gleichzeitig "FUCK YOU" rufen, dann wundert sich schon mal ein Kahn der gerade aufm Kanal hinter der Bühne vorbei schippert. Der Mosphit war unglaublich - nur Verrückte unterwegs. Und OVERKILL dürften bisher auch noch nicht während ihres Sets unterbrochen worden sein, um vom FANCLUB (den Skullcrushers) was kleines feines zum 20 Jährigem Bühnenjubiläum überreicht zu bekommen. Sichtlich beeindruckt gab´s dann gleich wieder auf die Fresse - "Wrecking Crew" was auch sonst. Energisch rockten die Haudegen ab, "Hello From The Gutter", "Elemination" und natürlich "Rotten To The Core" drückten wie die Sau. OVERKILL hießen auf dem RH Festival gleichzeitig ihren neuen Drummer Ron Lipnicki willkommen, der Tim Mallare ersetzen wird. Party Stimmung pur zum Ende mit "Old School" bevor dann endlich 5.000 Metalheads ihre Mittelfinger in die Höhe halten konnten und lautstark "FUCK YOU" grölten. Ein Gig der abging wie ein rotes Moppet ! (xhb)
Sentenced
Dass sich eine Band, die jahrelang im Wesentlichen das Thema Selbstmord besungen hat, eines Tages tatsächlich freiwillig umbringen würde, entbehrt wahrlich nicht einer gewissen Ironie. Die vorletzte Band dieses wirklich gelungenen Festivals sind also SENTENCED, die sich aus o.g. Grund auf mittelgroßer Abschiedstour befinden. Nicht wenige nutzen an diesem Abend die Gelegenheit, dem Fall des letzten Vorhangs beizuwohnen, als die Finnen mit dem Brett "Where Waters" in Ihren - das sei vorweg genommen - absolut gelungenen Set einsteigen. Im Gegensatz zum sehr alkohollastigen Vorabend hat Sänger Ville sich (zumindest noch) im Griff und kann sowohl unfallfrei singen als auch gehen. Alleine deshalb ist es ein Genuss, SENTENCED zuzusehen, denn dass ein Sänger während seines Gigs auf die Bühne reihert (wie in Wacken), muss ich nicht unbedingt haben. Heute also gibt sich Ville zwar erkennbar Mühe, den gestrigen Pegel schnell wieder zu erreichen (die Pulle ist sein ständiger Begleiter und wird nur missmutig zum Singen abgesetzt), legt aber mit den Seinen eine der besten Performances hin, die zumindest ich von den Nordlichtern je gesehen habe. Dass die Band im Laufe ihrer Karriere genug Hits geschrieben hat, um im Amphitheater eine mords Party zu feiern, steht dabei außer Frage: "Excuse Me While I Kill Myself", "Nepenthe" sowie "Cross My Heart And Hope To Die" stehen dabei nur exemplarisch für die insgesamt 14 Klassiker, die SENTENCED an diesem Abend ins mitjubelnde Halbrund donnerten. Sogar die aktuelleren Tracks wie das coole "Despair" mit seinem Western-Touch kommen dabei gut an - so und nicht anders sollte eine Abschiedsshow aussehen, meine Herren. Eine Affenschade nur, dass die finalen Worte Villes an diesem denkwürdigen Abend die folgenden sind: "Thanks. Have a good night, and see you… - never." (heavy)
Langsame, getragene Beerdigungsmusik begleitete SENTENCED auf die
Bühne, gemessen schritten die Finnen auf ihre Plätze - und explodierten in einer wilden Schrammel- und Rifforgie. Das erste von voraussichtlich 11 Abschiedkonzerten stürzte die Fans ins Wechselbad der Gefühle. Sollte dieser Bericht ein wenig arg subjektiv gefärbt sein oder gar das eine oder andere Detail vermissen lassen, liegt das wahrscheinlich dran, dass
mir die eine oder andere Träne die Sicht versperrte - aber Kollege Heavy konnte dafür ja auch umso klarer sehen. SENTENCED boten ganz großes Tennis: Der oft typisch-finnisch wortkarge Sänger Ville Laihiala gab jedem Song eine sehr persönliche Ansage, "Nepenthe" wurde mit "As an alcoholic I know what I´m talking about" eingeleitet - und wurde tatsächlich eine ansprechende Party. In der Vergangenheit haben die fünf Finnen auf großen Bühnen verloren gewirkt, ihre eigenen Songs mehr oder weniger lustlos runtergezockt und erst bei abschließenden Coversongs richtig Gas gegeben. Hier ging es ohne Netz und doppelten Boden: Die beiden Samis Kukkohovi (bass) und Lopakka
(git) bangten bis die Nackenwirbel knackten, und selbst Gitarren-Genie Mika Tenkula, der sich über die vergangenen Jahre zum Dauer-Griffbrettstarrer entwickelt hatte, stellte das Bein mal auf die Monitorbox und kam damit dem Publikum auf Kontaktweite entgegen. Aber das Zepter behielt Ville in der Hand, und so animierte er das Publikum bei "Noose" sogar zum Crowdsurfing. Würdiger, toller, ergreifender Gig. (laetti)
Setlist:
Where Waters
Excuse Me While I Kill Myself
May Today Become The Day
Nepenthe
Drown Together
Bleed
The Rain Comes Falling Down
Despair-Ridden Hearts
Cross My Heart And Hope To Die
No One There
Sun Won´t Shine
Ever-Frost
Noose
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Vengeance Is Mine
Accept
"Heidiheidoheidaaaa…." So fing vieles an - und zu Pfingsten 2005 schloß sich der Kreis. Egal, ob Jünglinge meinen, die alten Herren braucht keiner, egal, ob UDO die Songs auch mit seinem Projekt spielt. Es hat sich einfach gelohnt, den Peter Bass-Baltes aus Übersee zu holen und den Hermann Frank wieder auszubuddeln und Wolf Hoffmann wieder auf die Bühne zu hieven. Von Udo Dierkschneider mal ganz zu schweigen. Schade, dass Herr Stefan Kaufmann nicht mehr trommeln darf…. Zwanzig für Mitternacht legten die Klingenstädter los: Und gut anderthalb Stunden später waren viele, viele, gamnz viele verzückt, liefen Tränen in den Augen (wie wohl auch UDO himself), zumindest aber mit mächtig verklärtem Blick durch das Amphitheater. Die Solinger begannen ein wenig überraschend mit "Starlight", ehe "Livin’ For Tonite" den ultimativen Start-Kick zu einer echten Metal-Party gab. Jon, so hat ein Headliner auszusehen! Bis in oberste Reihen rasteten die Besucher aus, spielten Luftgitarre und sangen aus vollem Herzen Wort für Wort mit. Die Band poste, als wenn’s kein morgen gibt, Reibeisen-Udo krakehlte aus vollem Herzen, ach, watt war datt schön. Und es gab Wiederhören mit längst in den passsiven Musikschatz abgewanderten Perlen. "London Leatherboys" oder "TV War" gab’s schon hundertdrölf Jahre nicht mehr umme Lauscher. Weitere Höhepunkte? Das Bass-Intro zu "Head Over Heels" vielleicht? Der Mitsingteil von "Son Of A Bitch" etwa? Das ansehnliche Feuerwerk? Oder das ultimative "Balls To The Wall"? Oder doch die Ballädchen "Neon Nights", "Princess…" sowie "Winter Dreams"? Oder Bolero? Ich weiß es nicht: Es war alles toll, Band, Stimmung, Songs. Auch, wenn einiges in ihrem jugendlichen Leichtsinn etwas anderes behaupten (Deren Eier an die Wand, Mann!). Diese Show war kein stumpfes Buddeln in der Vergangenheit, das war erlebte Geschichte. Danke dafür Rock Hard - dass wir das noch erleben durften.
Songs (Reihenfolge ohne Gewähr): Starlight, Livin´ For Tonite, London Leatherboys, Metal Heart, Love Child, Breaker , Head Over Heels, Neon Nights, Guitar Solo mit Bolero, Restless And Wild, Son Of A Bitch, Turn Me On, TV War, Monsterman Flash Rockin´ Man, Fast As A Shark/ Princess Of The Dawn, Winter Dreams // Balls To The Wall.
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