With Full Force 2013 - Samstag

Mit den Augen des TunnelTattoosBuntesshirt-Metalcorekids betrachtet sind BANE nicht cool. Ü30, mit uncoolen Klamotten, wenig bis keinen offensichtlichen Tattoos und völlig untrendigen Frisuren. Wer sich davon nicht beeindrucken lässt, wird bei BANE mit einer intelligenten Band belohnt, die das „hardcore is more then music“-Motto verinnerlicht hat wie kaum eine andere Band. Shouter Aaron haute in den 30 Minuten Stagetime mehr intelligente Ansagen raus als die Metalcore-Combos der drei Tage Hardbowl zusammen. Musikalisch lohnt sich eine BANE-Show ebenfalls, auch wenn Breakdowns fehlen – dafür geht es flott zur Sache, mit vielen Gelegenheiten für Singalongs und Stagedives. BANE zeigten dem WFF, dass Hardcore nicht für was für Kids ist und eine Band unbedingt mehr bieten sollte als nur cooles Outfit, Breakdowns und „kauft unser Merch“-Ansagen. (lh)
Moderner Metal mit deutschen Texten war im sonstigen WFF-Lineup ebenso auffallend wie die Masken der vier Musiker. Doch auch ohne Blastbeats und Breakdowns hatten HÄMATOM das Publikum schnell auf ihre Seite gezogen, denn das engagierte und mitreißende Auftreten der Franken sorgte für gute Stimmung auf der mit Gummimatten ausgelegten Wiese vor der Bühne. Die HÄMATOM-Songs sind ohnehin sehr eingängig und krabbelten so auch zur recht frühen Uhrzeit (für Festival-Verhältnisse…) in die Gehörgänge. (fs)
ADEPT haben den Sprung auf die Main Stage geschafft, wo sich die Band um Shouter Robert sichtlich wohl fühlten und sich ordentlich austobten. Mit „Silence The World“ haben die Schweden ein starkes neues Album veröffentlicht, dessen Songs sich Live sehr gut machten und vor der Bühne für den ersten Pit des Tages sorgten. Handwerklich haben sich ADEPT in den vergangenen Jahren stetig gesteigert, ausgiebiges Touren sei Dank, so dass auch an diesem verregneten Nachmittag die technisch anspruchsvollen Songs sauber gezockt wurden und dabei immer Zeit zum moshen blieb.Das war ein gelungener Auftakt auf der großen Bühne. (lh)
Mit HELLYEAH kam dann die Metallerfraktion auf ihre Kosten, genauer gesagt die Metallerfraktion jenseits der 30, von denen sich so einige beim WFF tummeln. HELLYEAH als aus der Asche von PANTERA hervorgegangene Combo können natürlich gar nicht anders, als fett zu riffen und zu rocken und immer wieder das die Metalbrothers ins Gedächtnis zu rufen, Chad Gray und seinen stellenweise sehr pathetischen Ansagen sei Dank. Aber wer Vinnie Paul hinter den Drums sitzen hat, darf das. Manchmal muss dann eben auch etwas dicker aufgetragen werden. Aber wer knackige Songs mit viel Groove auffahren kann, macht Live eh’ alles richtig, wie HELLYEAH unter Beweis stellten. Routiniert und mit Spaß inne Backen zockten die Herren ihren Set, brachten das Publikum zum headbangen und überzeugten sicher den einen oder anderen Jungspundbesucher, sich mal mit der Historie des Metals zu beschäftigen und nicht nur auf krass-quietschbunte Metalcore-Combos abzufahren. (lh)
Verlierer des Tages in der Hardbowl waren H2O: die New Yorker tobten zwar gewohnt aufgedreht über die Bühne und hatten eine mit Hits und Mitsingnummern gespickte Setlist, aber auch einen dermaßen miesen Sound, dass viele Feinheiten kaum zu hören war. Teilweise war die Gitarrenarbeit nur zu erahnen oder der Gesang sehr leise. Machte den Fans in den ersten Reihen nichts aus, die tobten sich im Pit aus und ließen sich von Toby (mehr auf der Absperrung als auf der Bühne stehend) immer wieder neu motivieren und legten noch einen Crowdsurfer, noch einen Pile-On nach. „Nothing To Prove“ liefert auch nach einigen Jahren immer noch umwerfende Songs und ist im Verbund mit den Bandklassikern Garant für eine fette Setlist. Da macht dann auch der miese Sound nichts aus. H2O go! (lh)
WAR FROM A HARLOTS MOUTH bezeichneten sich im Verlauf ihres Sets als „nur eine extreme Metalband“, was für die Berliner schon etwas viel des Understatements ist, hat doch kaum eine andere europäische Band so hart gearbeitet. Mit „Voyeur“ haben die Jungs im Frontsau Nico ihr bislang bestes Album veröffentlicht, dessen Songs an diesem Nachmittag mit Verve aus den Boxen kamen und sich als überraschend eingängig erwiesen, eine gewisse Affinität für extremen Metal vorausgesetzt. Der tobende Mob bewies, dass auch solche extremen Töne ihren Platz beim With Full Force haben, so viele Crowdsurfer (inklusive eines WAR FROM A HARLOTS MOUTH-Sängers) und einen so aktiven Pit kam es an diesem Tag bei kaum einer anderen Band. Als nette Geste kam für einen Song der Aushilfsbasser, der bei der Bonecrusher-Tour mit dabei war, auf die Bühne und zockte munter mit. WAR FROM A HARLOTS MOUTH sind eben ein einfach netter Haufen, allem vertonten Krach zum Trotz. (lh)
COAL CHAMBER sahnten den Preis als größte Poser des With Full Force 2013 ab. Die seit 2011 wieder aktive Band hat mit Dez Fafara einen gestandenen Sänger in ihren Reihen, der seit einigen Jahren ja mit DEVILDRIVER ordentlich abräumt und sich auch an diesem Abend als exzellenter Sänger und Entertainer erwies. Viel interessanter war es aber, der Saitenfraktion bei ihrem extrovertiertem Spiel zuzusehen – so viel Hingabe, Pathos und Hollywood war an diesem Wochenende selten zu sehen. Da rückten die Songs fast schon in den Hintergrund. Aber eben nur fast, denn das Best-Of, das COAL CHAMBER heuer zockten, beinhaltete natürlich alle Singles und machte klar, dass hinter aller Extrovertiertheit und Showeinlagen gute Musiker stecken, die Ende des 90er/ Anfang der 00er nicht zu Unrecht eine große Nummer waren. (lh)
Über DEEZ NUTS kann gesagt werden, was will, auf der Bühne sind die Australier eine Macht. J.J. Peters ist einfach eine charmante Rampensau, dessen Songs Marke „Tonight We Gonna Party Like There’s No Tomorrow“, „Band Of Brothers“ oder “Shot After Shot” die für 99% des WFF-Publikums wichtigen Themen ansprechen. Auf der Bühne gute Laune und routinierte Musiker, vor der Bühne gute Laune und feierwütiges Publikum. Zack! Da passt alles. (lh)
Fast wäre der Auftritt von SODOM gar nicht erst zustande gekommen. Obwohl die Thrash-Giganten schon im 9 Uhr aus Dortmund gestartet waren, kamen sie viel zu spät in Roitzschjora an. Grund war ein Megastau – dennoch klappte es gerade so: Drummer Makka instruierte die Leute des With Full Force per Handy, wie sie ihm ein anderes Drumset aufbauen sollten (seines stand mit ihm im Stau), die Band rauschte im Bandbus direkt zum Bühnenaufgang (ohne Akkreditierung) und stürmte auf die Bühne, um nach einem ultrakurzen Soundcheck mit 20 Minuten Verspätung loszulegen. Das Besondere daran: Im Publikum merkte so gut wie niemand etwas davon, wie knapp es zuging und unter welchem Druck SODOM gestanden haben müssen. Die drei Thrasher ließen sich auch nichts anmerken, einzig an der verkürzten Setlist und dem nicht optimalen Sound konnte man erkennen, dass es nicht so rund lief wie sonst. Großes Kompliment an SODOM, wie professionell und souverän sie trotz aller Problem einen tollen, mitreißenden Gig ablieferten.
COCK SPARRER gaben als Samstagsheadliner der Hardbowl Geschichtsunterricht in Form ener Stunde Oi-lastigen Punkrocks. Seit mehr als 40 Jahren sind die Engländer am Start, entsprechend zerknautscht und vom (britischen) Leben gezeichnet sehen sie mittlerweile aus. Ihre Songs verfangen aber auch anno 2013 und auch bei einem jungen Publikum, das sich an diesem Abend nur zum Teil aus Oi-Skins rekrutierte – es waren überraschend viele Metalheads und Hardcore Kids gekommen, um sich die Legende einmal live anzuschauen. Bei einigen hat wahrscheinlich Papa die Platten gehört, als das Kind noch nicht mehr als ein Funkeln in seinen Augen war. Nostalgisch wurde es immer mal wieder, ohne dass es ins Kitschige abglitt. Die Songs gehen auch nach einigen Dekaden direkt in die Beine, so dass die Stunde COCK SPARRER eine Stunde Bewegung vor der Bühne bedeutete. Schönes Ding. (lh)
Mit SICK OF IT ALL als Co-Headliner kann ein Festival nichts falsch machen, dazu sind die New Yorker um die Koller-Brüder zu sympathisch und musikalisch als Konsensband bei den verschiedenen Besuchergruppen akzeptiert. So war es dann vor der Main Stage auch gut voll, als ab 21 Uhr eine Stunde lang New Yorker Hardcore in den ostdeutschen Nachthimmel gejagt wurde. Die Setlist bot einen Querschnitt der wichtigsten Alben, von den beiden aktuellen („Based On A True Story“ und „Death To Tyrants“) bis hin zu den Frühwerken („Den Song haben wir als Teeanger geschrieben und singen ihn jetzt als grumpy old men.“) reichte die Spanne. Das Ergebnis wirkte wie aus einem Guss und machte Bock auf Bewegung. Es gab mehrere Publikumsspielchen, zu denen Lou Koller die Fans animierte, auch wenn der daraus entstandene Circle Pit relativ klein war. H2O-Toby war für einen Song auf der Bühne und hatte dabei genauso viel Spaß wie Dampflok Pete Koller und seine Kollegen. Es war ein rundherum gelungener Gig, was anderes ist von der hart arbeitenden und dabei grundsympathischen Band auch nicht zu erwarten. SICK OF IT ALL legten die Messlatte für den Headliner des Abends verdammt hoch! (lh)
Wer in den ersten Reihen stand oder die große Videoleinwand im Blick hatte, der merkte schnell, dass bei Headliner IN FLAMES einer fehlte: Niclas Englin machte Babypause, dafür sprang Jensen von The Haunted ein. Der tollen Show hat das keinesfalls geschadet, die Musiker kennen sich ja schon länger und wirkten vor allem gut aufeinander eingespielt. Zu hören gab es eine musikalische Zeitreise von den Anfängen der Band hin zu ihren aktuellen Werken, wobei alle Stücke gleichermaßen rüber gebracht wurden und es keiner Durchhänger gab. Einzig die Monologe von Anders Friedén zwischen den Songs zogen sich manchmal etwas in die Länge, aber der feucht-fröhlichen Stimmung tat das keinen Abbruch. Mit Pyro-Effekten und Feuerwerk unterstrichen IN FLAMES auch optisch ihren Headliner-Status und beendeten nach rund 75 Minuten ein Konzert, das bis auf zwei, drei Songs mehr keine Wünschen offen ließ. (fs)
Wer auch immer die Idee hatte,KVELERTAK um Mitternacht im Zelt spielen zu lassen, verdient einen Orden. Im relativ kleinen Rahmen (verglichen mit der Main Stage, auf die die Norweger genauso gut gehört hätten) war das Ambiente kleiner und intensiver, was dem High Energy-Krach der Band entgegenkommt. Im Publikum gab es vom ersten Song an kein Halten mehr; dass auf der Bühne der Teufel los war, versteht sich bei den Jungs von selbst. Allen voran geht natürlich wieder Sänger Erlend, der sich gar nicht mit Ansagen oder ähnlichem Quatsch aufhält, sondern Song um Song runterrotzt und den Derwisch gibt. Also in der norwegischen Version. Seine Kollegen können auch keine drei Sekunden auf einer Stelle verweilen, schaffen es dabei aber immer wieder, ihre Einsätze auf die Reihe zu bekommen. KVELERTAK sind einfach eine Gute-Laune-Band und haben mit den „Meir“-Songs einige echte Hits am Start, die auch an diesem Abend das Publikum zum Durchdrehen brachten. Für viele Fans sicher der heimliche Headliner des Abends und ein toller Auftakt für die Saturday Night Fever-Nacht. (lh)
SMOKE BLOW holten ihren im letzten Jahr aufgrund des massiven Unwetters ausgefallenen Gig nach, gaben im Vorfeld dann auch direkt zu, seit 6 Monaten nicht gespielt zu haben. Macht aber nix, die Kieler ließen sich davon nicht aus der Ruhe bringen und legten mit „Masquerading“ sutsche los, die flotteren Nummern kamen dann im weiteren Verlauf – „777 Bloodrock“ oder das kultige „Dark Angel“. Letten stellte zufrieden fest, dass er dank neu gewachsener Matte nach 20 Jahren endlich wieder moshen kann (was noch etwas ungelenk aussah) und war stimmlich mehr als jemals zuvor der deutsche DANZIG. Sein Zusammenspiel mit Strassenköter war nicht so herzlich und eingespielt wie in vergangenen Zeiten, aber trotzdem steckten die beiden in Sachen Show und Entertainment die meisten anderen Bands des Tages und Wochenendes locker in die Tasche. SMOKE BLOW legten eine insgesamt coole Show hin, in der alle wichtigen Songs vorkamen und die das Zelt bis 4:15 Uhr morgens voll und bei Laune hielt. Alles in Allem ein gelungener Abschluss des Tages, auch wenn SMOKE BLOW in der 2012er Form sicher noch mehr gerockt hätten. (lh)