Konzert:
Rock The Nation 2011 - Esslingen
by Markus Mai

Ein klasse Nostalgiepaket war da in der Esslinger Eissporthalle angekündigt worden – im Rahmen der ROCK THE NATION-Serie traten nämlich die Melodic/AOR/Hard Rock-Veteranen von NIGHT RANGER, KANSAS, FOREIGNER und JOURNEY gemeinsam zu einem Konzert auf. Wo vor 25 Jahren wahrscheinlich locker ein Stadion voll geworden wäre, fanden sich schätzungsweise knapp 4.000 Fans zu dieser Veranstaltung ein. Eine umfunktionierte Eishalle, die an drei Seiten offen, aber insgesamt komplett überdacht war bot einen durchaus geeigneten Rahmen. Dass Ambiente passte also insgesamt; die Halle hatte zwar äußerlich auch ihre besten Zeiten (ähnlich wie die spielenden Bands) schon etwas hinter sich, verströmte aber trotzdem ein noch ganz solides und vor allem trockenes Flair. Die Parkplatzsituation, die Zugänge auf das Gelände und die Sanitären Anlagen mit genügend Dixies muss man ebenfalls als zufriedenstellend bezeichnen.
Das Publikum war natürlich von der Altersstruktur her ganz klar Ü30 geprägt, wenn nicht sogar Ü40, was aber nicht verwunderlich war denn hier wurde musikalisch den glorreichen 80er Jahren gehuldigt, als diese Kapellen ihre Glanzzeiten hatten und noch Millionen von Platten verkauften.
Die Getränke-und Essensstände waren im Freien und gut erreichbar, das Publikum war auch entsprechend relaxt unterwegs es gab kaum Geschiebe, die ein oder anderen kleine Warteschlange konnte man verschmerzen. Das Essensangebot war überschaubar aber solide und auch die Preise waren im Verhältnis in Ordnung, warum man aber das Bier nur in kleinen 0,33 Plastikbechern ausschenken musste, weiß der Geier, dachte die Veranstalter die „Alten“ kriegen nicht mehr so viel runter, war wohl eher das Gegenteil der Fall – da gab es dann halt leider viel Rennerei, denn Durst hatten die Besucher tatsächlich reichlich, erst recht als das Konzert dann endlich losging. Die T-Shirt Preise mit um die 30 ¤ waren hingegen etwas unverschämt – haben diese Bands dass wirklich nötig? Die Bühne war nicht besonders groß, eher unspektakulär wie die PA ebenfalls - als kleiner optischer Gag war ein Videoscreen quer über die Bühnenhinterwand angebracht, auf dem aber bei den ersten beiden Bands lediglich das Bandlogo ab und an eingeblendet wurde.
NIGHT RANGER mussten um kurz vor 18:00 Uhr als erste auf die Bühne und die Herren aus San Francisco starteten ein wirklich furioses Set. Den undankbaren Anheizerpart nahmen die Herren dankend an und rockten sich mit einem engagierten Gig inklusive vieler Klassiker in die Herzen der Fans. Der ganz großen Durchbruch gelang den Amis bei uns ja auch damals nie so richtig. Egal! Sänger und Bassist Jack Blades hatte sich tags zuvor in Berlin den Fuß etwas verstaucht, deshalb saß er zeitweise auf einem Barhocker, den er aber dann doch des Öfteren verließ, um mit seinen Kollegen so richtig wild abzuposen. 1985 zu ihrem kommerziellen Hochzeiten waren NIGHT RANGER zuletzt in Europa aufgetreten, jetzt im Rahmen dieser Tour erfolgte die Rückkehr. Die tolle Spielfreude von den beiden Gründungsmitgliedern Drummer/Sänger Kelly Keagy sowie Gitarrist Brad Gillis sprang sehr schnell auf die Fans über, die Stimmung war sofort da, egal ob rockige Mitgehtracks wie dem krachend „Don’t Tell Me You Love Me“ und natürlich die Überballade „Sister Christian“ alles wurde lauthals mitgesungen. Vom aktuellen neuen Werk „Somewhere In California“ (ist übrigens echt zu empfehlen) gab es ebenfalls einen klasse Track zu hören. Bester US-Party Hard Rock mit einer ebenfalls gelungenen Show. Der Gig dauerte leider nur knapp 40 Minuten, da hätten es bei dieser überzeugenden Performance ruhig noch 2-3 alte Hits mehr sein dürfen.
Touch Of Madness
Sing Me Away
Growing Up In California
When You Close Your Eyes
Don't Tell Me You Love Me
Sister Christian
You Can Still Rock In America
Dann nach einer kurzer Umbauphase durften KANSAS mit ihrer doch ganz anderer Art Classic Rock die Bühne entern. Bereits das klassisch geprägte Intro machte klar: hier waren deutlich komplexere Strukturen, vielschichtigere Arrangements und epischere Songaufbauten angesagt: Rock mit ganz vielen progressiven Einschüben, dafür stehen KANSAS. Natürlich erkennt man schon an den ersten Violinentönen von Dave Ragsdale sowie dem markanten Gitarrenspiel des wie immer mit Augenklappe und Piratentuch auftretenden Gitarristen Rich Williams den typischen Klang dieser Formation. Vervollständigt wird dieser Sound natürlich erst durch Tastenmann und Sänger Steve Walsh, der mit seinen tollen Orgelparts sowie rockiger Falsettstimme (mit immer noch genügend Volumen), für viele tolle Momente dieses Konzertes sorgt. Dieser Mix aus Klassik, ein wenig verjazzten Parts und mit ganz viel Rock funktioniert auch 2011 immer noch Bestens. Das Publikum war nach dem Opener sofort mit dabei und Klassiker wie „Hold On“, „Point Of No Return“ oder der KANSAS-Song schlechthin, die Überballade „Dust In The Wind“ sogen für verzückte Gesichter sowie Nostalgieaugenleuchten bei den Fans. Klar für „Dust …“ hätte es richtig dunkle sein müssen, aber Walsh & Co. sorgten auch so für Gänsehaut pur. Da auch hier die Spielzeit leider nur knapp 45-Minuten betrug, müsste man sich ranhalten um Kracher wie „Fight Fire With Fire“ oder das geniale „Carry On Wayward Son“ noch angemessen zu präsentieren.
Magnum Opus
Point Of Know Return
Hold On
Dust In The Wind
Miracles Out Of Nowhere
Portrait (He Knew)
Fight Fire With Fire
Carry On Wayward Son
Dann ist es auch schon 5 vor 20:00 Uhr und FOREIGNER kommen mit einem schönen Intro nach und nach auf die Bühne. Die Video-LED-Wand wird von Beginn an zum ersten und einzigen mal so richtig voll ausgenutzt, die Einspiele sind sehr abwechslungsreich u.a. auch mit Comicstrips und kleinen Videos. FOREIGNER waren ja als einer der Haupt-Acts angekündigt und eins gleich vorweg sie waren eindeutig der wahre Headliner dieses Konzertes auch wenn danach noch JOURNEY kamen, die blieben im direkten Vergleich heute recht blass. Doch zurück zu FOREIGNER und Mastermind/Gitarrist/Keyboarder Mick Jones. Er ist zwar das einzig verbliebene Gründungsmitglied aber alle anderen Musiker zeigen sich als echte Ausnahmekönner und lassen keine Sekunde Zweifel darüber aufkommen, ob dies überhaupt eine richtige Band sei. Das Hitpotential ist reichhaltig und sofort krachen Hammertracks wie „Double Vision“, „Cold As Ice“ oder „Waiting For A Girl Like You“ (in einer coolen Unplugged Version) sowie „Head Games“ aus den Boxen.
Das Repertoire ist ähnlich wie bei der tollen Solotour im Jahr 2010, es werden nur die sicheren Sachen gespielt – die Halle rastet zum ersten mal richtig aus. Vor allem Sänger Kelly Hansen (seit 2005 dabei) lässt Lou Gramm völlig vergessen. Was der Junge stimmlich und auch showmäßig so drauf hat ist der Hammer. Ständig unterwegs, auch stets in gutem Kontakt mit dem Publikum mit großem Bewegungsdrang (er klettert dazwischen auch mal die Bühnenballustrade locker hoch), so muss ein Frontmann agieren, alleine „nur“ gut singen ist einfach zu wenig (siehe JOURNEY). Hier kommen wahre Emotionen durch, die Temperaturen steigen merklich, auch die wenigen sitzenden auf der kleinen Tribüne stehen längst. Basser Jeff Pilson beeindruckt mit tollem Spiel und zusammen mit Saitenkollege und Saxofonist Tom Gimbel (erneut mit einem Weltklasseauftritt sowie Solo bei „Urgent“) setzen die Herren Maßstäbe. Auch soundmäßig ist alles im grünen Bereich. Auch der leider kürzlich ausgestiegene Drummer Brain Tichy (ging lieber zu WHITESNAKE) wurde von seinem Nachfolger ganz gut ersetzt „Hot Blooded“ sorgt dann noch einmal so richtig für Feuer in der Hütte - FOREIGNER kamen, sahen und siegten mit ihrer souveränen „Greatest Hits“-Show. Das eher folkig-progige „Starrider“ vom Debütwerk in den 70ern war da auch ein schöner Kontrastpunkt. Von neuen 2010er Comebackwerk wurde der Titeltrack „Can’t Slow Down“ gespielt, nicht schlecht, aber da gibt es bessere Songs! Ansonsten war hier klar eine echte Rock´n´Roll-Party im Gange, die Fans wurden von Hansen bestens animiert, die Hände gingen hoch und es wurde rhythmisch mitgeklatscht oder lauthals mitgesungen. So muss das ein – Begeisterung pur und viel Applaus waren der würdige Lohn.
Double Vision
Head Games
Cold As Ice
Waiting For A Girl Like You
Can’t Slow Down
Starrider
Feels Like The First Time
Urgent
I Want To Know What Love Is
Hot Blooded
Juke Box Hero
Nach einer längeren Umbauphase und ein paar Problemen mit den Keyboards konnte der zweite Headliner loslegen. Die zeitlosen Rock-Giganten JOURNEY legten zwar musikalisch eine recht überzeugende Vorstellung ab, aber der sehr junge Sänger Arnel Pineda konnte als Frontleader in Punkto Ausstrahlung leider nicht überzeugen. Da half auch nicht viel, dass er ständig wie ein Wirbelwind unterwegs war und rumhüpfte, ob es grad passte oder nicht. Klar, stimmlich war er genial drauf und lies alle seine Vorgänger total „alt“ aussehen. Aber der Sänger wirkte auf mich sehr kindlich, auch von seinem „Benehmen“ her und wirkte wie der kleine Sohn der restlichen Ü50 Combo. Das Publikum führen oder gar begeistern bzw. mit passenden Ansagen „unterhalten“, dazu war er zu keiner Sekunde in der Lage. Das machte vielen scheinbar nicht so viel aus; er sang die alten Kracher wie „Separate Ways“, „Lights“ oder „Wheel In The Sky“ ja auch perfekt. Aus dem klasse neuen Album „Eclipse“ wurden die Kracher „City Of Hope“, „Edge Of The Moment“ und „Chain Of Love“ gespielt, viele Fans kannten die noch nicht und wollten natürlich die alten Klassiker hören was sie dann auch knapp 90 Minuten lang bis zur tollen Zugabe „Don`t Stop Believin“ bekamen.
JOURNEY konnte jedoch stimmungsmäßig trotz des sehr guten Starts mit „Seperate Ways“ den FOREIGNER-Auftritt nicht ganz toppen. Dass lag aber nicht an der Songauswahl. Auch nicht an Gitarrist Neal Schon, der zwar des Öfteren von seinem Beleuchter im Dunkeln stehen gelassen wurde, aber trotzdem eine unglaublich virtuose Gitarrenarbeit mit tollen Riffs und Solis ablieferte. Die Zuschauermenge ging ebenfalls gut mit und steckte die leichten Hänger in der Stimmungsdramaturgie locker weg, auch die klasse Balladen „Mother, Father“ (gesungen von Drummer Deen Castronovo, mit etwas leichten Mikrophonproblemen) sowie natürlich „Faithfully“ überzeugten. Bei den rockigere Sachen wie „Be Good To Yourself“ zeigten die Herren, dass sie auch den typischen mehrstimmigen Gesang noch gut beherrschen. Die Einspielungen auf der nochmals umgebauten, aber etwas zu unübersichtlich angeordneten LED-Wand waren auch ganz auch okay, wirkten aber gegenüber der perfekt abgestimmten und arrangierten Show von FOREIGNER deutlich schwächer. Wie gesagt rein spieltechnisch gab es keinerlei Beschwerden, aber in Sachen Emotionen, Magie und Ausstrahlung konnte der Journey-Sänger leider kaum zusätzliche Akzente setzen und so wurde es vom vermeintlichen Hauptact nicht das erwartete ganz tolle Konzerterlebnis. Macht aber nichts, denn nach rund fünf Stunden war das Rock The Nation-Festival mit einen großen Konfettiregen vorbei und hat in der Mehrzahl insgesamt zufriedene Besucher hinterlassen.
Seperate Ways
Ask The Lonely
City Of Hope
Stone In Love
Keep On Running
Edge Of The Moment
Lights
Wheel In The Sky
Mother Father
Escape
Faithfully
Be Good To Yourself
Anyway You Want It
Don't Stop Believin'








