Konzert:
Hurricane Festival 2011 - Freitag

Für ein so kommerziell ausgelegtes Festival hat das Hurricane einige es sympathisch machende Ideen, gerade die kostenlosen Trinkwasserspender und die ebenso kostenlos zu benutzenden Wasserklosetts, die in großer Zahl auf dem Festivalgelände und den Campingplätzen zu finden waren, sind eine dem Besucher gegenüber eine mehr als nette Geste.
Eher drollig mutet das Crowdsurfing-Verbot an, wie es ja auch schon beim Wacken Open Air und dem Rock am Ring/ Rock im Park gilt. Aber angesichts der großen Besucherzahlen und den damit einhergenden Verletztenzahlen, ist das nachvollziehbar, wenn auch ärgerlich.
Was aber gar nicht geht, ist die Situation vor den beiden Zeltbühnen (der „Red Stage“ und der „White Stage“): bei beiden wird peinlich drauf geachtet, dass nicht zu viele Besucher im Zelt sind, während vor dem Zelt nur ein schmaler, von Wellenbrechern eingerahmter Eingang ist, an dem sich bei so gut wie jeder Band die Besucher drängelten, die nicht mehr ins Zelt gelassen wurden. Genau dieses Gedränge sollte ja vermieden werden, was aber überhaupt nicht klappte. Besonders krass war es beim EGOTRONIC-Set am Samstag, bei dem die Security im Zelt einen leichten Job hatte, während ihre Kollegen draußen reihenweise Leute aus der drängelnden Menge vor dem Zelt ziehen mussten.
Freitag
Nach kurzem Anreiseweg und schneller Bändchenausgabe ging es auf das Gelände, das sich im legendären Eichenring befindet und genug Platz für zwei große Bühnen, die beiden Zelte und die Nebenattraktionen wie das Bungee-Jumping bietet. Die Zeltplätze selbst sind allesamt in angemessener Fußmarschreichweite auf den umliegenden Wiesen, 60minütige Wege wie beim vergleichbar großen Wacken Open Air sind hier nicht nötig. Das Publikum ähnelt dem in Wacken und des Rock am Ring festivals, also mehr Feierwütige, für die die Musik eher zweitrangig ist; dementsprechend viele Freizeitverrückte und Prolls finden sich auf dem Gelände und auf den Zeltplätzen.
KVELERTAK
Die norwegischen Durchstarter KVELETAK zogen ganz gut Leute in das Zelt, hatten aber unter einem miesen Sound zu leiden, der gerade die Gitarren viel zu sehr in den Hintergrund drückte. Und ehrlich, wenn eine Band gleich drei Gitarristen auffährt, müssen die zumindest gleichberechtigt im Sound sein, oder? Der guten Stimmung auf der Bühne tat das zwar keinen Abbruch und auch die Die Hard-Fans in den ersten Reihen und im Moshpit hatten ihren Spaß, aber viele neue Anhänger werden KVELERTAK dank des miesen Sounds nicht gewonnen haben. Dabei hatte die Setlist alle Kracher des Debütalbums zu bieten, es hätte also ein Durchmarsch für die Band werden können.
JUPITER JONES
JUPITER JONES waren dann die erste Band, die das Zelt so voll machte, dass die Security niemanden mehr rein ließ und sich ein paar hundert Leute die Show auf der Leinwand vor dem Zelt anschauen musste. Währendessen flog im Zelt natürlich die Kuh, angesichts des Erfolgs der guten neuen Platte und dem passenden Publikum des Hurricane kein Wunder.
CONVERGE
Eine echte Überraschung im Billing waren CONVERGE, immerhin dürfte das Bostoner Quartett den durchschnittlichen Hurricane-Besucher gnadenlos überfordern. So kam es aber nicht, da sich im Zelt fast ausnahmlos diejenigen tummelten, die mit dem Sound der Band zumindest ein ein wenig anfangen konnten, während der Rest dank des mal wieder von der Security dichtgemachten Zelts draußen bleiben musste – also tendenziell auch die ganzen Neugierigen. Jacob Bannon hatte sich vor der Show schon wieder wie ein Tiger im Käfig gebärdet und wirkte sehr nervös, um dann beim ersten Song zu explodieren. Der schwerpunkt der Setlist lag beim „Axe To Fall“-Album, zu dem sich einige ältere Songs gesellten, wobei „No Heroes“ leider nicht dabei war, die Setlist aber trotzdem mit einem guten Querschnitt durch die Bangeschichte überzeugen konnte. Und wenn Mr. Bannon einen Love-Song ankündigt, ist das schon irgendwie cool und schräg zugleich. Derweil ist Basser Nate immer noch die coole Sau im CONVERGE-Line-Up, während Kurt Ballou nicht mehr ganz so bärig wirkt und öfter als bei der letzten Europa-Tour aus sich herauskommt. Im Zusammenspiel mit Drummer Ben bildet CONVERGE eine perfekt aufeinander eingespielte Einheit, die ein Soundgewitter entfacht, das seinesgleichen sucht, ganz besonders natürlich beim Hurricane. Definitiv ein Highlight des Wochenendes!
COMEBACK KID
COMEBACK KID hatten beim diesjährigen Groezrock ihre bislang größte Zuschauerzahl – in einem größeren Zelt als beim Hurricane, aber ohne die krampfige Vorgehensweise der Security. So wurde die Zahl nicht getoppt, das Zelt war aber trotzdem sehr voll, als die Kanadier auf die Bühne kamen und mehr als 50 Minuten Vollgas gaben. Wie schon bei ihrer Headliner-Tour konnten sie auch dieses Mal überzeugen, ist doch Shouter Andrew endlich zu einem veritablen Sänger und Entertainer gereift, der auch die älteren Songs meistert. Zudem sind die Nummern von „Symptoms & Curses“ sehr gut auf ihn zugeschnitten und funktionieren Live bestens. Alles gut auf der Bühne also. Davor allerdings nicht, denn die Band litt unter einem noch schlechteren Sound als KVELERTAK; zeitweise waren die Gitarren gar nicht zu hören und ging der Gesang komplett unter. Wer mit dem Material nicht vertraut war, konnte oft nur raten, was hier gespielt wurde. Verdammt schade.
PORTISHEAD
Sie haben nur drei Alben veröffentlicht, aber mit denen ein eigenes Genre geschaffen - PORTISHEAD sind zweifellos eine der wichtigsten Bands, die jemals aus Großbritannien kamen. Beim Hurricane-Freitag gaben sie gute 90 Minuten lang den Headliner, mit einer sehr guten Light-Show und großer Begleitmannschaft. Dreh- und Angelpunkt ist aber immer Sängerin Beth, die auch nach vielen Jahren Bandgeschichte schüchtern und zerbrechlich wirkt, ja fast so, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen und die Bühne verlassen müssen. Zu Ansagen konnte sie sich während des Sets nur selten durchringen, angesichts von gut und gerne 30.000 Fans vor der Bühne aber auch nachvollziehbar. In den 90 Minuten präsentierten sich die Briten als perfekt agierende Einheit, die es verstand, die Atmosphäre und die Magie jedes einzelnen PORTISHEAD-Songs nach Scheeßel zu bringen und auf das verzauberte Publikum loszulassen. Ganz großer Gänsehaut-Auftritt, mehr ist dazu nicht zu sagen!
SICK OF IT ALL
SICK OF IT ALL waren dann die Antithese, Schüchternheit kann den New Yorkern niemand vorwerfen. Im pickepacke vollen Zelt zeigten die Koller-Brüder und ihre beiden Kumpane, wo der Hammer hängt und hauten eine erstklassige Hardcore-Show raus, die das Zelt in einen einzigen Pit verwandelte. Und auch vor dem Zelt ging’s gut ab, auch wenn der Circle Pit dann doch nur im Zelt stattfand. Großes Tennis und ein perfekter Abschluss des ersten Festival-Tages.



