Interview:

2006-11-21 Tyr

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Die Färöer Inseln sind nicht gerade das Touristenziel Nr.1 in Deutschland, und fragt man Metal - Fans nach Bands von dort, erntet man vermutlich auch nur Schulterzucken. Aber in den letzten Jahren hat es ein Export geschafft, sich zumindest bei uns einen Namen zu erspielen. Dass TYR aber nicht nur von ihrem "Exotenbonus" zehren, zeigen zwei erstklassige Alben, wobei der neueste Streich, "Ragnarok", gegenüber seinem Vorgänger, "Eric The Red", sogar noch etwas anspruchsvoller daherkommt. Zuletzt die laufende Tour mit WINTERSUN und AMON AMARTH ist Grund genug, Gitarrist und Sänger Heri Joensen zum Interview zu bitten. InterviewIhr seid ja gerade auf Tour mit AMON AMARTH und WINTERSUN. Gefällt Euch denn diese Konstellation an Bands und die Tour allgemein?



Ja, ich denke, das passt sehr gut, denn es dreht sich ja alles um die Wikinger - Thematik! Und alle drei Bands zusammen ziehen eine größere Menge an als jede dieser drei Bands alleine.



Siehst Du denn Unterschiede beim Publikum in den verschiedenen Ländern?



Ja; im Moment sind wir gerade in Osteuropa unterwegs, und ich finde, dass die Leute hier viel enthusiastischer sind. Das kann daran liegen, dass sie insgesamt weniger Geld zur Verfügung haben. In Italien war das Publikum ähnlich euphorisch bei der Sache. In Deutschland und Österreich braucht man wahrscheinlich etwas mehr, die Massen zu begeistern, denn dort sind die Leute in Sachen Metal etwas übersättigt. Das ist hier nicht so, darum merkt man den Unterschied auch deutlich!



Denkst Du denn, dass die Fans vorwiegend wegen AMON AMARTH kommen, oder erfreuen sie sich eher am gesamten Package zu gleichen Teilen?



Nun, ich habe mit Leuten gesprochen, die nur wegen uns gekommen sind, genauso mit Leuten, die nur wegen WINTERSUN da waren. Aber letztendlich kommen vermutlich mindestens 80% um AMON AMARTH zu sehen, denke ich.



Ihr habt ja hier in Deutschland auch gerade eine Tour mit DIE APOKALYPTISCHEN REITER abgeschlossen. Wie war denn diese Erfahrung für Euch?



Das war echt eine tolle Erfahrung und eine viel komfortablere Tour als diese hier, weil sie nur durch Deutschland und Österreich ging. Es gab da nicht so viel Fahrerei, und hier sind wir fast die ganze Zeit unterwegs, weil die Shows so weit auseinander liegen. Es ist auf dieser Tour hier sehr viel mehr harte Arbeit, während die andere Tour eher gemütlich war. Aber wir lieben das Touren im Allgemeinen, darum sind beide Erfahrungen sehr gut für uns!



Seid Ihr denn überrascht, dass Ihr in Deutschland so erfolgreich seid? Ich weiß noch, wie Ihr 2004 auf dem "Headbangers Open Air" gespielt habt. Die Menge ging richtig gut ab, und Euer zu diesem Zeitpunkt noch selbst produziertes Album "Eric The Red" ging innerhalb weniger Stunden weg wie warme Semmeln und war ausverkauft. Hättet Ihr das erwartet?



Ich kann nicht sagen, dass ich es erwartet hätte, aber ich habe natürlich darauf gehofft, haha! Nun, vielleicht habe ich es ein wenig erwartet, denn wir haben die ganze Zeit sehr hart daran gearbeitet, uns einen größeren Namen zu erspielen. Wir haben sehr viel Energie investiert, und vielleicht bin ich echt ein wenig positiv überrascht, aber ein wenig Anerkennung hatten wir schon erwartet.



Wenn Du Euer neues Album "Ragnarok" mit seinem Vorgänger "Eric The Red" vergleichst, wo siehst Du denn persönlich die Unterschiede zwischen beiden Alben?



"Eric The Red" ist zuerst einmal, im Gegensatz zu "Ragnarok", kein Konzeptalbum. Das neue Album ist zudem viel progressiver, die Produktion ist besser und das Songwriting ausgereifter. Das Album ist meiner Meinung nach fast über die gesamte Länge hinweg besser. Der Unterschied ist dabei nur, dass viele der Stücke auf "Ragnarok" nicht so schnell ins Ohr gehen wie auf "Eric The Red". Dafür sind dort die Melodien stärker, und langfristig gesehen, ist "Ragnarok" für mich im Endeffekt einfach das bessere Album, da bin ich mir ganz sicher! Die Leute werden aber länger benötigen, es wirklich zu mögen, jedenfalls länger als bei "Eric The Red". Es gibt jedenfalls viele Unterschiede zwischen diesen beiden Scheiben.



Heutzutage tummeln sich ja sehr viele Folk - beeinflusste Bands in der Szene, speziell aus Skandinavien. Wieso habt Ihr Euch seinerzeit dazu entschlossen, diese Musik zu machen, zudem auch noch mit Themen aus der nordischen Mythologie?



Ich habe mich schon immer für die nordische Mythologie interessiert! Und ich wollte gerne daran teilhaben, Skandinavien bei dem Prozess, sich wie eine Einheit zu fühlen, zu unterstützen. Ich wollte diese skandinavische Mythologie gerne dem Rest der Welt bekannt machen. Das ist aber nur einer der Gründe, denn es ist nur der inhaltliche Teil. Dann gibt es ja noch die traditionelle Musik aus unserer Heimat, und sie hat mich schon immer fasziniert. Ich wollte sie gerne mit Metal in Verbindung bringen, modern gestalten und ebenso nach außen tragen, also dem Rest der Welt bekannt machen. Es ist wie eine Mission für mich; ich sehe Skandinavien gerne als eine Einheit, die etwas zu präsentieren hat.



Welche Musik hat Euch denn sonst noch beeinflusst? Ihr seid ja nicht nur im Folk beheimatet, sondern auch im Metal. Welche Metalbands haben Euch also über die ganze Zeit hinweg inspiriert?



Ja, ich bin sehr vom Metal beeinflusst, schon mein ganzes Leben lang! Ich höre Metal und Hardrock, seit ich etwa 14 Jahre alt bin, also die Bands, die vermutlich jeder aus dieser Richtung hört: IRON MAIDEN, JUDAS PRIEST, METALLICA, DEEP PURPLE, URIAH HEEP, DIO,… heute höre ich sehr viel die neuen Alben von IRON MAIDEN, aber ich liebe auch BLIND GUARDIAN, SAVATAGE, DREAM THEATER,… diese ganze Art von Musik finde ich sehr inspirierend.



Es gibt auf den Färöer Inseln wahrscheinlich nicht allzu viele Metalbands…



Hahaha!



… hier in Deutschland kennt man Eure Heimat nur durch ihr wirklich sehr gutes Fußballteam, das ja, im Gegensatz zu unserer Mannschaft, aus Hobbysportlern besteht, das sich aber gegen unsere Nationalmannschaft absolut klasse geschlagen hat. Gibt es denn so etwas wie eine Metalszene bei Euch zu Hause?



Nein, eine Metalszene gibt es nicht, aber eine allgemeine Musikszene, in der sich alle möglichen Stile vermischen. Darunter befinden sich schon einige Metalbands, aber es sind so wenige Leute, dass es keinen Sinn machen würde, die Szene in Musikarten aufzuteilen. Es ist eine Musikszene mit ein bisschen von allem darin, Pop, Metal, Klassik, Jazz, Folk,… wenn es zu einer Veranstaltung kommt, kann man dort alle Arten von Musik hören, die dann gespielt werden. Neben uns gibt es etwa vier oder fünf Metalbands, aber nur zwei oder drei davon haben bisher Alben veröffentlicht, auf demselben Label, bei dem wir auch waren, als wir noch selbst produzierten. Aber wir kommen definitiv aus keiner großen Metalszene. Es kann natürlich sein, dass mittlerweile wieder jemand etwas im Keller aufgenommen hat, was ich noch nicht gehört habe, haha!



Es ging hier das Gerücht um, dass TYR fälschlicherweise für eine rechts orientierte Band gehalten wurden, weil Ihr nordische Symbole wie etwa Runen verwendet. Das ist ja nun ein typisch deutsches Problem, aber sind Euch diese Gerüchte schon zu Ohren gekommen?



Ja, davon habe ich gehört, wir wurden einige Male danach gefragt. Ich habe dann auch unter "Fequently Asked Questions" ein Thema auf unsere Website gestellt. Darin beziehen wir Stellung, dass wir keine Nazis oder Ähnliches sind! Es ist aber echt traurig, dass sie nordische Mythologie automatisch mit Nazitum und dieser Neonaziszene gleichsetzen. Aber es klingt langsam ab, und je mehr wir die Grundidee der skandinavischen Mythologie nach außen tragen, desto weniger wird sie mit dem Nazigedanken in Verbindung gebracht. Das wird sich irgendwann legen, denke ich.



Sind eigentlich alle Mitglieder von TYR Vollzeitmusiker oder arbeitet Ihr noch regulär?



Wir sind im Moment keine Vollzeitmusiker, wir haben neben der Musik reguläre Jobs. Aber im Moment sieht es so aus, als seien wir Vollzeitmusiker, weil wir die ganze Zeit auf Tour sind! Finanziell ist es nicht die beste Lösung, aber im Moment haben wir alles andere außer der Musik beiseite gelegt, denn wir wollen die beste Band der Welt sein, haha!



Seht Ihr Euch denn primär als Liveband?



Live zu spielen mag ich mehr als alles andere! Im Studio zu sein, ist gut und auch notwendig, weil man ja Songs aufnehmen und veröffentlichen muss, aber es ist auch ein mental sehr fordernder und stressiger Prozess. Ein Monat im Studio, und Du wirst irre! Aber sobald Du auf Tour bist, wirst Du zur glücklichsten Person der Welt, haha! Was einen dort fertig macht, ist das Partymachen. Wenn man sich damit zurückhält, kann man ohne Probleme ein Jahr lang auf Tour sein, ohne sich kaputt zu machen.



Gutes Stichwort! Wer von Euch macht denn auf dieser Tour am Meisten Party? Seid Ihr das etwa? WINTERSUN? Oder doch AMON AMARTH…???



Nun, WINTERSUN kommen aus Finnland, aber ihre Trinkgewohnheiten enttäuschen mich. Ich dachte, Finnen saufen viel mehr, haha! Aber im Ernst verhalten sich alle Bands sehr professionell, es liegt niemand die ganze Zeit besoffen herum, hahaha! Es ist schon eine sehr kultivierte Tour.




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