Review:

A Tribute to The Lamb Lies Down On Broadway

(Rewiring Genesis)

TIPP
Ich bin ja schon mal grundsätzlich erklärter Fan von Coverversionen oder auch ganzer Alben, ob dann die jeweiligen Interpretationen aber tatsächlich gelungen sind oder zu Majestätsbeleidigungen gegen über den Originalkünstlern ausarten, ist dann natürlich wieder eine ganz andere Sache. Soviel nur mal als kleiner Vorspann zu diesem Werk von einer Projektformation Namens REWIRING GENESIS. Die zu huldigende Band ist klar benannt GENESIS und jetzt kommt’s - hier wagt man sich tatsächlich an einen Meilenstein des Progressive Rocks heran: „The Lamb Lies Down On Broadway“ von 1974 in einer kompletten Neueinspielung d.h. ein komplettes Doppelalbum (zum damaligen Zeitpunkt waren dies übrigens 4 LP’s) mit über 97 Minuten anspruchsvoller Musik.

Jetzt höre ich viele eher ultrakonservative und weniger toleranten Progrocker bereits blasphemische Wortkreationen ausrufen aber Leute lasst die Kirche im Dorf, was hie runter der Federführung von SPOCK’S BEARD Drummer Nick d’Virgilio und dessen Kompagnon, der Toningenieur und Produzent Mark Hornsby mit ihrer Neufassung abgeliefert haben, ist mehr als gelungen-solide sondern einfach ohne wenn und aber nur klasse gemacht.
Es gibt ja mittlerweile zig Coverbands die u.a. von GENESIS oder auch PINK FLOYD ganze Alben und Phasen bis auf die Note genau nachspielen, dieser Ansatz hier ist ein völlig anderer. Es wurde tatsächlich etwas verbessert wobei sich Mastermind D’Virgilio absolut sicher auf diesem anspruchvollen Terrain bewegt und beinahe mühelos den schmalen Spagat zwischen inhaltlicher Wahrung des Originals sowie sinnvoller Ergänzung durch neue Arrangements, zusätzlicher Klangbilder und eines natürlich deutlich moderneren Sounds zu schaffen.

Ich bin jetzt mal ehrlich, die damalige Studiofassung hat mich nie so recht vom Sockel gehauen, es gab größtenteils schwerverdauliche Kost in bezug auf die Story aber auch die äußerst ambitionierte Musik. Der bekannteste Song daraus dürfte das recht eingängige aber nicht repräsentativ für das Album stehende „The Carpet Crawlers“ sein. Die damaligen GENESIS u.a. mit PHIL COLLINS noch (nur) hinter den Drums an PETER GABRIEL am Mikro waren sehr experimentierfreudig unterwegs, mit zig verworrenen Nebenschauplätzen wie Geräuschen, Sounds sehr flächigen, leicht psychedelischen Keyboards manchmal etwas zu abgehoben und das ganze zog sich auch etwas in die Länge. Die Geschichte des Hauptprotagonisten Rael, der auf die schiefe Bahn gerät, danach in wirre persönlichkeitsspaltende Abgründe abdriftet und sich von Wahnvorstellungen geplagt quer durch die New Yorker Unterwelt voller abgefahrener Orte und skurriler Typen bewegt .. alles klar o.k. klingt seltsam wie manchmal auch die Musik. Gabriel wollte mit diesem Konzeptalbum eine Art Satire auf Mythologie, die Sexuelle Revolution, Werbung und die zunehmende Kommerzialisierung schreiben. Nun lassen wir es mal so dahingestellt.

Die neue Fassung bewegt sich textlich genau auf diesem Terrain aber wirkt irgendwie entspannter, lockerer ja geradezu groovig. Durch den verstärkten Einsatz u.a. von viel Blechinstrumenten wie Trompeten, oder auch Flöten sowie Streichern kommt oftmals ein swingend-jazziges Feeling auf, was im Original doch eher etwas steif und verklärt trocken daher kam. Es gibt außerdem auch weibliche Vocals zu hören, die Gitarren wirken etwas packender mit teilweise rauem Klang, die Tasten sind eher pianomäßig vorgetragen weniger voluminös-flächig. Weiterhin hat man auch ein Akkordeon miteingebaut. Das alles verleiht der Musik einige neue Aspekte und Eindrücke, die so klingen als wären es schon immer so gewesen. D'Virgilio hat sich mit dem gebührenden Respekt an diesen Klassiker angenähert, eine hammermäßige Umsetzung geschaffen, mit einer ganz eigenen Note ausgestattet. Dieses „Lamm“ klingt einfach frisch-modern ohne zu stark in gänzlich andere Stile abzugleiten, die Produktion ist fast schon als fett-vollmundig zu bezeichnen, alles klingt betont entstaubt und die Songs haben hier einen gewissen Hang zur Einfachheit sowie leichtem Musicalfeeling. Dazu bei trägt auch der absolut klasse und weniger theatralische Gesang D'Virgilio, der mich GARBIEL (oh je schon wieder gefrevelt) fast nicht vermissen läßt. Eine kleine Armada von hochfähigen Studiomusikern trägt absolut positiv dazu bei, ein tolles Gesamtkunstwerk abzurunden. Die leichten Längen zwischendurch vor allem auf Seite zwei, sind in dieser Fassung fast nicht mehr zu spüren.

Diese letzen Sätze allein würden schon ausreichen, um mich aus sämtlichen GENESIS-Fanclubs mit Schimpf und Schande auszuschließen aber ich setz sogar noch einen drauf REWIRING „ A Tribute To The Lamb Lies Down On Broadway“ kommt deutlich besser als das Original daher. Hammerteil die Scheibe.

A Tribute to The Lamb Lies Down On Broadway


Cover - A Tribute to The Lamb Lies Down On Broadway Band:

Rewiring Genesis


Genre: Progressive
Tracks: 23
Länge: 97:55 (CD)
Label: Progrock Records
Vertrieb: SPV