With Full Force 2013 - Sonntag

BETRAYING THE MARTYRS eröffneten den letzten Tag der Hardbowl – und das gleich richtig fett. Im Publikum ging es vom ersten Ton an genauso mächtig ab wie auf der Bühne. Der Franzosenhaufen hüpfte und moshte wie irre auf den Brettern, während im Publikum ordentlich Action war und direkt mal mit Wall Of Death losgelegt wurde. Musikalisch können BETRAYING THE MARTYRS mit ihrem Breakdown-lastigen Metalcore nicht unbedingt neue Akzente setzen, dafür kommt das Ganze gerade Live richtig gut zur Entfaltung und liefert den perfekten Soundtrack für eine Runde Moshpit-Action. Da die Jungs zudem mit sehr viel Spaß bei der Sache sind und sympathisch (plus natürlich hip aussehend) wirken, reicht das doch allemal für den Start des letzten WFF-Tages und 30 Minuten guter Show. (lh)
Wer sich den am Vortag angesoffenen Kater effektiv aus dem Schädel blasen lassen wollte, war bei BETWEEN THE BURIED AND ME genau richtig: das Gehirn hat während einer Shows der Extrem-Frickeler genug damit zu tun, dem Geschehen auf der Bühne zu folgen und keine Kapazitäten mehr für einen Kater frei. Oder war es andersrum? Wer sich die Amis mit nüchterner Birne anschaute, musste einmal mehr den Hut vor der handwerklichen Güteklasse ziehen, was hier geleistet wird, ist quasi unfassbar. BETWEEN THE BURIED AND ME lieferten ihre hochkomplexen und doch nachvollziehbaren Songs auch Live in Bestform ab, was die Progressiv- wie die Mathcore-Fraktion gleichermaßen erfreute, den Durchschnitts-WFFler aber dezent überforderte. Aber irgendwas ist ja immer. Kann ja nicht den ganzen Tag nur auf-die-Fresse-Bands geben. (lh)
„Stromausfall ist Punk“ – gut, dass die Punk Rocker von BETONTOD die kleine Panne mit Humor nahmen und sich auf ihre Fans verlassen konnte, die einfach selber weitersangen, bis die Rheinberger wieder Saft hatten. BETONTOD hatten sichtlich Spaß, vor einer so großen und aktiven Menge ihre Power Chords zu schrubben und mit Songs wie „Keine Popsongs!“ oder „Glück auf“ zu punkten. Dass viele WFF-Besucher die Lieder nicht kannten, war kein Problem: Nach dem ersten Refrain hatte jeder den Ablauf gefressen und konnte mitgrölen. Das ist alles andere als abwertend gemeint, denn auch wenn die Stücke eher simpel sind, so funktionieren sie doch bestens und machen vor allem live richtig Spaß. (fs)
BURY YOUR DEADhatten ihren Drum-Tech zum Drummer befördert (ihr eteatmäßiger Drummer tourt zurzeit mit DEVOUR THE DAY) und mit Carl Schwartz (FIRST BLOOD, ex-TERROR) einen gestandenen Aushilfsbasser. Soweit die Rahmenbedingungen. In dieser Konstellation hat die Band schon einige Shows gespielt, so dass sie beim Nachmittagstanztee in der Hardbowl gut aufeinander abgestimmt waren und eine Show spielten, bei der einfach alles stimmte. Sah das Publikum ähnlich: nicht nur, dass die Hardbowl brechend voll war, nein, es war ein sehr großer Moshpit aktiv und die Stimmung einfach bombig. Dank der knackigen Spielzeit brachten BURY YOUR DEAD quasi nur Hits, wodurch der Energielevel konstant hoch war und Band wie Fans ordentlich abgingen. Fettes Ding. (lh)
Im Grunde sind ALL THAT REMAINS ja unter den Bands abgespeichert, die in ihrer US-Heimat mehr Leute ziehen als in Europa, aber an diesem Sonntagnachmittag war die Hardbowl dann doch zu voll, um das weiterhin so sehen zu können. Ihr gute halbe Stunde Stagetime nutzte die Band um Fronter Philip Labonte routiniert aus, in Sachen Einsatz und Stageacting stimmte einfach alles; auch die Songauswahl konnte sich hören lassen. So brach das Eis recht schnell, zumal gerade Mr. Labonte eine sehr gute Leistung ablieferte und der größte Aktivposten einer aktiven Band war. Kurzum: ALL THAT REMAINS spielten eine sehr gute Show, die zu Recht sehr gut ankam. Alles richtig gemacht. (lh)
DEVIL SOLD HIS SOUL lockten überraschend wenige Besucher vor die Main Stage, wovon sich die Band aber nicht beeindrucken ließ und durchweg Vollgas gab. Es ist natürlich die Frage, wie gut sich der sperrige, anspruchsvolle Postcore für den späten Sonntagnachmittag eignet… wer mit dem Material der Engländer noch nicht vertraut war, wurde mit der aus Songs von „Empire Of Light“ und „Blessed & Cursed“ bestehenden Setlist gut in den DEVIL SOLD HIS SOUL-Sound eingeführt und dürfte angesichts der vielen eingängigen Passagen sein anfängliches Urteil revidieren. Ungünstig war allerdings der Sound, der direkt vor der Bühne sehr basslastig war und der feinen Gitarrenarbeit und dem Gesang Raum zur Entfaltung nahm. Etwas weiter hinten oder seitlich klang das Ganze besser, hier wurde der facettenreiche Aufbau der Songs deutlicher. (lh)
Mit KNORKATOR kam dann wieder die Spaß-Fraktion zu ihrem Recht. „Deutschlands meiste Band“ enterte ulkig kostümiert die Bühne und sorgte von Anfang an für gute Laune. Da wurden Frisbees ins Publikum und zurück geworfen, schlechte Witze gemacht und sich weitgehend ausgezogen – das Übliche eben. Als Stumpen dann die rund zwei Dutzend Fotografen auf die relativ hohe Bühne holen wollte, um das Geburtstagsständchen der Fan-Massen fürs 20 Jahre als With Full Force zu singen, artete das in ein Debakel für die Knipser aus: Die brauchten so lange, dass die Einlage schon wieder vorbei war, bevor die Hälfte den Bühnenrand erreicht hatte… Das blieb nicht die einzige Verzögerung, so dass KNORKATOR sich rühmen können, den bis dahin knappen und strikt eingehaltenen Zeitplan des WFF über den Haufen geworfen zu haben. Denn danach wollte Stumpen in seinem aufgeblasenen Luftballon übers Publikum kullern, was aber länger dauerte als geplant. Alf musste also einen spontanen Monolog halten, während Stumpen und die Security sich bemühten, den Ballon mit genug Luft zu füllen. Am Ende klappte es, und die nachfolgenden Bands mussten jeweils 15 Minuten oder noch später anfangen. Ach so: Mit Gitarristin Jen haben KNORKATOR ihren Auftritt optisch massiv aufgewertet. (fs)
Bei MAROON war fast schon egal, was sie spielen – viel wichtiger war, dass sie spielen. Die Nordhausener um Fronter André haben längere Zeit nichts von sich hören lassen, sind jetzt aber mit zwei Neuen an Gitarre und Bass wieder in Sollstärke unterwegs. Etwaige Pausen werden dann beim Gig gar nicht erwähnt, immerhin bietet sich die Parallele 20 Jahre With Full Force und 15 Jahre MAROON viel besser an. Wie dem auch sei, was zählt war auf dem Platz – und da konnten MAROON 2013 auf ganzer Linie überzeugen. Vom Publikum im brechend vollen Zelt enthusiastisch begrüßt, ging es ohne viel Geschnacke Schlag auf Schlag mit der MAROON-Best Of-Setlist. Die Crowdsurfer segelten dann erwartet zahlreich, gerade zum Ende des Sets hin, also André auch häufiger auf die Absperrung kletterte oder gleich direkt in die Menge divte. Soundtechnisch wurde die Show 1A unterstützt, so dass nach den gut 40 Minuten klar war, dass MAROON wieder da sind. Die Band hat sich im neuen Line-Up mit einem ganz starken Gig bei all denen ins Gedächtnis gerufen, an denen die News bislang vorbeigezogen waren. (lh)
Den Headliner des Sonntags und den Abschluss der Hardbowl machte die Kasseler HC-Institution RYKERS, die zwar nicht mehr wirklich stark aktiv sind, aber an diesem Abend unter Beweis stellten, dass sie trotzdem noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Das Zelt war knüppelvoll und feierte die Helden vergangener Tage ordentlich ab – was noch an Reserven nach vier langen Tagen Festival da war, wurde von den Fans aktiviert. Spätestens als Shouter Kid-D das erste Mal auf die Gitter kletterte, kam die Security gut ins Schwitzen, was sich bis zum Ende dank vieler Crowdsurfer nicht ändern sollte. Das war schon mal Hardcore wie aus dem Lehrbuch. Nicht minder Lehrbuchmäßig waren die ehrlichen Ansagen, die knackigen, auf den Punkt kommenden Songs und die Intensität der Show. Kaum zu glauben, dass RYKERS schon einen Tag älter sind (was genau so für viele Fans in den ersten Reihen galt), mit ihrer Energie steckten sie viele der halb so alten Kids anderer Bands locker in die Tasche. Nicht jede Band muss im Alter peinlich werden – RYKERS haben sich in die Riege der nicht-peinlichen und glaubwürdigen Bands gespielt. Dickes Respekt an die Band für die Show und das Publikum für das Abgehen am Ende eines langen, intensiven Festivals! (lh)
Auf der Main Stage ging das Full Force volle Kanne weiter. Ob KORPIKLAANI noch voll waren, ist unklar, Fakt ist nur: Am Vorabend ließen es die Finnen bereits so richtig krachen und nutzten die günstigen Whisky-Preise in Deutschlands nach Kräften aus. Am Sonntag waren von etwaigen Folgeerscheinungen nichts zu sehen, KORPIKLAANI schafften es mühelos, mit „Rauta“, „Vodka“ oder „Beer Beer“ das Publikum für sich zu gewinnen. Dass anstatt Tuomas Rounakari ein mir bis dato unbekannter Musiker die Fiedel gekonnt schrubbte, war die einzige Überraschung. Nach dem KORPIKLAANI-Auftritt dürfte der Bierkonsum noch mal nach oben geschnellt sein, weil die Finnen einfach die passende Begleitmusik für das eine oder andere Pils geliefert hatten. (fs)
CALIBAN können die tolle Stimmung noch locker steigern. Scheinbar spielerisch gelingt es der Truppe um Frontmann Andy, einen Circle Pit nach dem anderen zu organisieren und schließlich sogar die Meute um den FOH-Turm zu scheuchen. CALIBAN geben aber auch von Anfang an Vollgas, unterstützt von einer tollen Lightshow und einem fetten Sound, der aber nahe an der Bühne arg dröhnt. Mit der ihnen eigenen Präzision hämmern die Essener ihre Riffs in die beginnende Nacht, verausgaben sich beim Herumtoben auf der Bühne und sorgen dafür, dass die Crowdsurfer reihenweise in die Arme der Security purzelten. Die Stimmung war jedenfalls der Hammer – ob KORN das toppen konnten? (fs)
Der Auftritt von KORN kündigte sich durch ein tiefes Wummern und Dröhnen an – die Bassboxen vor der Bühne drohten, den Geist aufzugeben. Ja, es war laut, schließlich kam nun der Headliner des vierten und letzten WFF-Tages. KORN kamen frisch wiedervereint mit ihrem langjährigen Gitarristen und Mastermind Brian „Head“ Welch, und nicht nur die zweite Gitarre tat den Nu Metal-Veteranen sichtlich gut. Auch die Bühnenpräsenz der gestandenen Herren profitierte davon, und die herausragende Lichtshow tat ihr übrigens, um KORNs Auftritt zu einem bleibenden Erlebnis zu machen. Mit „Blind“ und „Twist“ ging es viel versprechend los, bevor Joanthan Davis das Tempo mit ein paar Erzählungen herausnahm. Trotz kleinerer Pausen zwischen den Songs arbeiteten sich KORN unaufhaltsam auf ihre drei Zugaben vor, die mit „Get up“, „Got the life“ und natürlich „Freak on a leash“ den erwarteten Höhepunkt boten. Damit war die Show von KORN der würdige Abschluss des Jubiläums-WFF, von dem man sich nur noch mindestens 20 weitere Jahre wünschen kann. (fs)
Moooment! So schnell ist das 20. With Full Force dann doch nicht vorbei: Im Zelt warteten noch drei Bands auf die Fans, die weder zu besoffen, zu müde oder zu ausgepowert waren. Leider hatte sich Verzögerung durch KNORKATOR so ausgewirkt, dass sich das Finale von KORN und der Beginn von PARADISE LOST überschnitten, obwohl die Engländer ohnehin schon 15 Minuten später anfingen. So war die Hardbowl leer wie kaum zuvor, erst nach und nach pilgerten weitere Zuschauer ins Zelt, vielleicht auch angelockt durch die Zurufe von Nick Holmes. Der wirkte schon etwas müde, war aber stimmlich voll auf der Höhe. PARADISE LOST ackerten sich in der zu kurzen Spielzeit durch die Meilensteine ihres Schaffens, widmeten sich also „Draconian Times“ genauso wie „Tragic Idol“. (fs)
Die Instrumentensammlung auf der Bühne kündigte an, dass der folgende Act kein ganz gewöhnlicher sein würde. Die rumänischen Schwarzmetaller NEGURA BUNGET begannen erwartet leise, mit Panflöte und sachten Gitarrenklängen, eingehüllt in Nebel und spärliche Beleuchtung, bevor sie dann plötzlich aufs Gaspedal drückten und eher klassische Black Metal-Klänge anstimmten. Die langen Songs von NEGURA BUNGET sind sicher weder leicht verdaulich noch sonderlich eingängig, dennoch hatten sich viele fachkundige Fans vor der Bühne versammelt und ließen sich von den epischen Klanggebilden einfangen und entführen. (fs)
Es war spät, es war dunkel, es war Zeit für AMORPHIS. Auch wenn das Zelt schon nicht mehr ganz voll war (die vorherigen Tage hatten sicherlich ihren Tribut gefordert), spielten die wackeren Finnen unbeeindruckt alte und neue Songs ihrer mittlerweile schon über 20-jährigen Karriere. Die Stimmung im Zelt war vielleicht nicht mehr so ausgelassen wie zuvor, die Zahl der Crowdsurfer deutlich geringer – aber dass AMORPHIS immer noch rocken und ihre Fans mitreißen können, das bewies der finale Auftritt des 20. With Full Force eindrucksvoll. Nach dem Hochglanz-Auftritt von KORN auf der Main Stage war die eher ruhige, dunkle Show von AMORPHIS der passende Festival-Ausklang. (fs)