Konzert:
With Full Force 2012 - Sonntag

Die Crew des WFF hatte derweil alle Zäune wieder aufgestellt, Technik, Statik und Erdnägel der Hardbowl überprüft (alles bestand den Test, es konnte also weitergehen) und einen Ersatz für GOJIRA besorgt – die hatten aufgrund von Krankheit absagen müssen, wie sie auch bei Facebook verkündeten: „Gojira are very sorry to have to cancel their appearance at Full Force due to illness“. NAERA waren als Ersatz aus Münster angereist.
Die Abreisewelle hielt sich derweil in Grenzen, anders als 2011 war kein steter Strom an Autos zu sehen, es waren geschätzt nicht mehr als in einem normalen WFF-Jahr, die bereits am Sonntag im Laufe des Tages fuhren.
So konnten GUNS OF MOROPOLIS vor vollen Rängen spielen. Nee, Satz mit x. Die Band fing an, als der Einlass gerade geöffnet wurde, so dass erst im Laufe des Sets Leute vor die Bühne kommen konnten. Wer sich da einmal eingefunden hatte, blieb auch dort, denn die GUNS OF MOROPOLIS-Mischung aus Eingängigkeit, unverschämt guter Laune und knackiger Stromgitarrenmusik entpuppte sich als perfekter Anheizer für einen Festival-Sonntag.
Ähnlich gut war die Stimmung bei NEAERA, die danach auf der Main Stage an der Reihe waren. Die Münsteraner dürfte der durchschnittliche WFF-Besucher schon drei- bis fünfmal Live gesehen haben und auch ein paar Alben sein Eigen nennen, von daher verwundert es nicht, dass der Mob vom ersten Song an tobte. Shouter Benni, der zum Ende des Sets hin als Crowdsurfer durch die Menge glitt, hatte da leichtes Spiel, die Leute hatten eh’ schon Bock auf eine gute halbe Stunde heftige Musik – Crowdsurfer waren in großer Zahl zu sehen, während in den ersten Reihen gebangt wurde und sich natürlich auch eine Wall Of Death zustande bringen ließ. Man hätte meinen können, dass hier einer der Headliner des Tages spielte, so gut war die Stimmung.
In der Hardbowl erbrachten XIBALBA den Beweis, dass gute Platten noch keine gute Live-Band machen. Was sich bei den LA-Jungs in der heimischen Anlage gut anhört und eine coole Mischung aus altem US-Death Marke OBITUARY und Beatdown-lastigem Hardcore ist, nervt an diesem Tag hart ab, zumal der Funke von der Band her nicht übersprignen will. Zu einstudiert-berechenbar wirkt das Stageacting der Musiker, zu vorhersehbar die ganze Show. Im Publikum freute sich da nur die Kung Fu-Fraktion, die endlich mal Platz für ihre beknackte Show hatte.
Rex Brown (PANTERA, CROWBAR, DOWN), Vinnie Appice (BLACK SABBATH, DIO HEAVEN AND HELL), Mark Zavon (W.A.S.P.) und Jason Bregg (PISSING RAZORS) standen danach als KILL DEVIL HILL auf der Main Stage, um die ihrem gemeinsamen Projekt innewohnende Mischung aus BLACK SABBATH-Hommage, New Orleans-Einfluss und einer Metalkante zu zocken. Das funktionierte ganz gut, immerhin ist das Ergebnis eine manchmal schwermütige, manchmal arschtretende Chose, mit der die Amis zumindest an diesem Tag beim Publikum gut ankamen, zumal sich das zu einem Großteil aus Metalheads zusammensetzte, die eine Affinität für die KILL DEVIL HILL hatten. Auch wenn auf der Bühne wenig Bewegung war und Rex Brown ziemlich durch aussah, konnten die Herren so am Ende überzeugen, da sie ihren Stiefel routiniert und gutgelaunt runterzockten und die Songs gut in’s Bein gingen.
UNEARTH haben auf ihrer Europatour an so ziemlich jeder Milchkanne gespielt, da war die Show beim WFF als Tourabschluss doch eine feine Sache. Vor der Bühne war sehr voll, das Publikum zeigte sich dabei ähnlich motiviert wie bei NEAERA. Das Ergebnis waren viele Crowdsurfer, viele Headbanger, viele Circle Pits und viele Dankesworte von Trevor. Der zeigte sich gut aufgelegt und war viel in Bewegung, genau wie seine beiden Gitarristen, aber bei denen ist auch nichts anderes zu erwarten. Die Setlist war wie schon beim Reload Festival zu gleichen Teilen aus „Darkness In The Light“-Songs und älteren Sachen zusammengesetzt, wobei „III: In The Eyes Of Fire“ etwas zu kurz kam. Aber irgendwas ist ja immer, die saugute Stimmung sollte das nicht trüben. UNEARTH zeigten sich in Bestform und auch beim x-ten Konzert der Tour hochmotiviert, den Jungs ist einfach anzusehen, wie viel Spaß ihnen das Livespielen macht, zumal vor einer so beeindruckenden Kulisse. Fette Show und einer der Höhepunkte des WFF 2012!
Es ist immer wieder interessant zu spekulieren, in welcher Formation PRO-PAIN auf Tour gehen. In diesem Jahr hat sich Mastermind Gary zwei sehr eigenwillige Jungs an den Saiteninstrumenten geholt, die mächtig in die Posing-Kiste griffen. Einiges erinnerte an selige Glamrockzeiten, anderes an gute alte KORN-Shows. Irgendwie wirkte das unpassend, gerade wenn das mit dem Line-Up mit Tom Klimchuck verglichen wird, da kam die Band authentischer rüber. Von der Setlist her kann niemand PRO-PAIN 2012 einen Vorwurf machen, Gary hatte alle Schaffensphasen der Band abgedeckt, aber mit seinen unpassenden Sidekicks wirkte PRO-PAIN wie eine Rockband am Ende ihrer Karriere, krampfhaft mit hippen, übermotivierten Musikern aufgefüllt. Dabei kann es doch nicht so schwer sein, ein paar Jungs mit der nötigen Credibility zu finden und ihnen 60 Minuten PRO-PAIN-Songs einzuhämmern. Dann wäre das auch alles cool, so wirkt das nur peinlich.
STREET DOGS-Sänger Mike McColgan hatte dann im pickepacke vollen Zelt leichtes Spiel mit den Leuten. Schon am Vortag hatten THE BONES in Sachen Punkrock mächtig abgeräumt, und auch am frühen Sonntagabend waren die Leute noch heiß auf (diesmal) Bostoner Punkrock. STREET DOGS präsentierten sich in bester Laune, allen voran Mr. McColgan, der immer wieder den Kontakt zum Publikum suchte und der Security so nochmal gut Arbeit bescherte. Am Ende des Sets ließ er sich dann vom Publikum bis zur Theke tragen, um dort mit den Fans ein paar Bier zu kippen, während seine Kollegen die letzten zwei Minuten ohne ihn zockten. Danach ließ er es sich nicht nehmen, in aller Seelenruhe durch die Menge zu spazieren, mit jedem ein Schwätzchen zu halten und für Fotos zu posieren – sehr sympathisch! Sympathisch war generell der ganze Auftritt der Band, die mit ihrer Energie und guten Laune ansteckend wirkte und beim Publikum eventuelle erste Müdigkeitserscheinungen vertrieb. Ihr Punkrock ist dafür auch genau das richtige Mittel, schnörkellos-eingängig geht er sofort in die Beine, die vielen Circle Pits waren da keine große Überraschung. Wer darauf keine Lust hatte, sang lauthals mit, schön mit Finger in der Luft. STREET DOGS räumten so in der Hardbowl nochmal ordentlich ab und machten die Leute gleichzeitig warm für COMEBACK KID.
Die kamen direkt im Anschluss auf die Bühne, auch sie am Ende einer langen Europa-Tour. Laut Shouter Andrew sind sie 20 Stunden gefahren, um nach einer Festival-Show in England pünktlich in Rotzschjora zu sein – aber auch hier von Müdigkeit keine Spur, COMEBACK KID gaben von der ersten Sekunde an Vollgas. Mit „Broadcasting“, dem neuen „G.M. Vincent & I“ und Songs vom „Wake The Dead“-Album fiel es ihnen natürlich leicht, die Menge für sich einzunehmen – und wieder war ordentlich Arbeit für die Security da, die teilweise im Sekundentakt Crowdsurfer runterpflücken musste. COMEBACK KID machten so einen würdigen Abschluss in der Hardbowl, als Live-Band sind die Kanadier nach mehreren hundert Shows einfach eine Bank. Die lassen nichts mehr anbrennen, das stellen sie an diesem Abend erneut eindrucksvoll unter Beweis.
Damit war das WFF 2012 dann auch für Metal-Inside beendet, CHILDREN OF BODOM und SOULFLY schenkten wir uns nach drei langen Tagen genauso wie die Bands der Last Supper. Trotz des heftigen Gewitters in der Samstagnacht war es ein gelungenes Festival, auch wenn das umgebaute Gelände immer wieder zu Verwirrungen führte. Im kommenden Jahr wird es die 20. Ausgabe des WFF geben, bei der wir auf jeden Fall wieder am Start sein werden – der lauteste Acker Deutschlands ist jedes Jahr eine Reise wert, ganz besonders natürlich zum Jubiläum!













