Konzert:

Wave-Gotik-Treffen 2011 - Donnerstag

Konzert vom 09.06.2011"Bolle reiste jüngst zu Pfingsten," ...und Leipzig war sein Ziel, ganz in Abwandlung des bekannten Volksliedes. Jedenfalls, wenn unser Bolle Fan von Gothic, Punk, Horrorpunk, EBM oder etwas ähnlichem ist. Schon seit 20 Jahre ruft das Wave-Gotik-Treffen in die alten DDR-Messehallen Grufties und andere Schwarzgewandete zusammen, um der Musik der verschiedensten Unter-Genres zu frönen. Und da sich allerlei Metal-Inside.de-kompatible Bands angesagt hatten, sind auch wir mit einer Fotografin und einer Redakteurin vor Ort. Obwohl – zu zweit ein Festival mit 43 Locations und über 300 Künstlern zu überblicken ist schier unmöglich...



Zum 20. Jahrestag beginnt das Festival außerdem einen Tag früher. An dem Abend, an dem in den vergangenen Jahren DJs zur Opening-Party geladen hatten, musste 2011 alles auf einmal stattfinden. Was in das offizielle Programmschema nicht mehr passte, wurde noch weiter vorgezogen. So erging es der Vernissage zur Ausstellung "Seelenfresser" mit Fotografien, Bildern und Skulpturen zum Thema Erotik und SM in der Szene im Werk 2, die am Mittwoch startete. Am Eröffnungs-Donnerstag legte Dr. Marc Benecke ("der bekannteste Kriminalbiologe Deutschlands") in der kleineren Agra-Halle auf, und in der großen spielten die Acts, die bereits vor 20 Jahren den Weg nach Leipzig geschafft hatten. Und außerdem gab es da noch die offizielle Eröffnungsparty im Darkflower, mit einem Dutzend Djs auf 3 oder 4 Floors... aber wie schon gesagt, man braucht gar nicht erst anfangen, auf diesem Festival alles sehen zu wollen.



Manch Death-Metal-Fan erinnert sich vielleicht noch an die Kooperation zwischen DAS ICH und ATROCITY Mitte der Neunziger – wir haben die Eröffnungsband des Festivals leider noch in der DB verpasst. Aber zu THE ETERNAL AFFLICT waren wir pünktlich: Vor zwei oder drei Jahren sollten die Essener auf der Parkbühne spielen. Haben sie auch – jedenfalls die Technik im Hintergrund. Sänger André Kampmann war damals so angetrunken, dass er fast von der Bühne gefallen wäre. Jetzt in der Agra ist es genau umgekehrt: Sänger "Cyan" Kampmann scheint gut drauf – aber man hört vor lauter Hall in dieser "größten Wellblech-Baracke Leipzigs" nix. Die Band langweilt das Publikum auf den Höhepunkt hin – vor "San Diego (The Tragical)" wird hier keiner aufs Klo gelassen. Wir gehen trotzdem – und verpassen den einzigen echten Clubhit. Doh!



Für LOVE LIKE BLOOD ist die Erwartungshaltung ungleich höher. Der Auftritt auf dem Jubiläums-WGT soll zusammen mit dem "Warm-Up-Gig" vor heimischem Publikum einen Tag zuvor der "erste und letzte" sein. Seit über zehn Jahren sind die Schwaben nicht mehr aufgetreten, das letzte Album "Enslaved + Condemned" wurde damals gar nicht erst live vorgestellt, Bass und Mikro in die Ecke gestellt – und nie wieder angerührt. "Das war nicht die Art, wie wir die Karriere beenden wollten und tat dem Album unrecht. Aber damals wollten wir auch nicht so weitermachen," ließ sich Bassist Gunnar Eysel am Rande des Konzertes entlocken. Diesem anscheinend ungeliebten letzten Album taten LOVE LIKE BLOOD auch auf diesem Gig kein Recht, die Setlist bestand ausschließlich aus Klassikern aus den Jahren 1988-1998. Aber wem sollten LOVE LIKE BLOOD auch noch etwas beweisen? Überraschende Antwort: Jedem! Die Band war tight aufeinander eingespielt, als ob es nie eine Pause gegeben hätte. Gut, während des ersten, ja auch etwas langsameren Songs stand Sänger Yorck Eysel wie hinter dem Mikro festgetackert auf der Stelle, aber ab "Walking in Demimondes" vergrößerte sich sein Bewegungsradius merklich. Und auch seine Mitstreiter, außer Bruder Gunnar noch Timo Deininger und Alex Schädler an der Gitarre sowie die ganz reizende Background-Sängerin, schaukelten sich im Dialog mit dem Publikum hoch. Von wegen, Grufties würden nur stehen und genießen! Wie schnell man in zehn Jahren vergessen kann, was für Indiependent-Hits die Band hatte - "Fallacious World", "Johannesburg", "Ylene" als "neuester" Song – LOVE LIKE BLOOD jagten dem Publikum damit wohlige Schauer der Erinnerung über den Rücken, die gleicht wieder runtergeklatscht werden mussten. Auch stimmlich war der Abend beeindruckend, Yorck Eysel scheint eher noch besser zu singen als auf den vergangenen Alben – wo nimmt dieser zierliche Mann (er würde wahrscheinlich den Ausdruck "durchtrainiert" bevorzugen und kann es mit geöffnetem Hemd beweisen) diese tiefe Stimem her? Wer auf gitarrengetriebene Musik aus den Achtzigern steht und in den vergangenen Jahren vergessen hatte, dass es da auch noch LOVE LIKE BLOOD gibt, hat definitiv etwas versäumt, und wurde an diesem Abend eindrücklich darauf hingewiesen. Für mich war es DAS Konzert des WGT 2011, nach dem David-Bowie-Cover "Heroes" konnte nichts mehr kommen. Aber das war kein Zufall, denn dem hatte die Band nichts überlassen. Seit einem halben Jahr wurde sich generalstabsmäßig darauf vorbereitet. "Wenn wir das noch mal machen, dann richtig, das stand bei der Zusage für uns fest," darf ich noch einmal Gunnar Eysel zitieren. Und so wurde nicht nur die alte Band, sondern auch die alte Crew für dieses Festival noch einmal zusammengetrommelt. Keine Frage, dass LOVE LIKE BLOOD auch den besten Sound des Festivals in der unseligen Agra-Halle hatten. EIgentlich macht dieser Gig Lust auf deutlich mehr...



Setlist LOVE LIKE BLOOD

The Everlasting Dream

Walking in Demimondes

Out of Sight

Within the Realm of a dying Sun

Fallacious world

Night is young

Johannesburg

Doomsday

Ylene

Dear Catherine

Kiss & Tell

Heroes



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