Konzert:

Walls Of Jericho, Time Has Come, Maintain - Hamburg, Logo

Konzert vom 08.06.2005Es gibt Momente, da fühle ich mich alt, ungestylt und mit zu wenig Tattoos ausgestattet. An diesem Mittwoch war es wieder soweit: wohin das Auge auch schweifte, nur junge, hippe, vegetarisch-unterernährte Corler, so dass ich schon fast ein schlechtes Gewissen hatte, als ich an der Theke ein Bier bestellte. Zum Glück saßen da einige Blackmetaller, die noch etwas unpassender als ich an diesem Ort waren. Aber was solls, so lange die Musik stimmt, nimmt man das Opa-Gefühl gerne in Kauf.



Den Anfang machten unerwarteter Weise MAINTAIN - ich hatte mit REBORN IN FLAMES gerechnet; die mussten aber nach dem Ausstieg von Gitarrist Muffy absagen. MAINTAIN kommen zwar vom Dorf (genau wie ich), ihr Metalcore klingt aber alles andere als provinziell, ganz im Gegenteil. Die Jungs wissen, wie Metalcore klingen muss, damit er sich von den tausend anderen Bands des Genres abhebt und genau das setzten sie auf ihrem Album "Reveal Our Disguise To An Infinite Abyss" konsequent um. Sicher, sie erfinden das Rad nicht neu, haben aber eine Menge starker Songs wie "Blood Of Innocence" im Gepäck und können die live ziemlich gut umsetzen. Fronter Timo war nicht nur stimmlich in Hochform, sondern in Sachen Show ziemlich aktiv. Gleich als Erstes mal einen herrenlosen Ball in die Menge gekickt, die das Spielzeug dankbar annahm und dann ging’s ab. Während leider die Hälfte von MAINTAN eher ruhig stehenblieb, trieben Timo und Gitarrist Nils die Menge immer weiter an. Vor der Bühne ging dann auch gut der Punk an und die versammelte Hamburger HC-Szene zog alle Register, ohne Rücksicht auf Verluste. Vorsorglich hatte das Logo-Team die Neonröhren abgeschraubt, damit nicht wieder wie bei CALIBAN ein Irrer die Dinger runterriss. Aber auch so hatten die Kids ihren Spass und ließen sich von MAINTAIN zu Höchstleistungen treiben. MAINTAIN verließen nach vierzig Minuten die Bühne und waren mehr als ein bloßer Opener, das war richtig fett!



TIME HAS COME würden es dann schwer haben, das war klar. Die Hamburger schienen sich aber einen Dreck drum zu scheren und legten einfach los. Bis dato hatte ich von den untrendig aussehenden Jungs noch nichts gehört und war entsprechend überrascht, was für ein Orkan da entfacht wurde. Das war kein normaler Metalcore, das war ein räudiger Bastard aus allen möglichen Stilen, wie ihn BURNT BY THE SUN nicht kranker hinbekommen würden. Ihre besten Momenten hatten TIME HAS COME wenn sie gnadenlos brutal wurden und einer jeden Grindband Ehre machen würden. Natürlich war vor der Bühne nicht so viel Action wie noch bei den deutlich eingängigeren MAINTAIN, aber hin und wieder versuchte sich ein motivierter Corler. Natürlich dann, wenn TIME HAS COME ihre melodischen Einschübe in die Menge pfefferten. War vor der Bühne recht wenig Bewegung, gaben die Jungs auf der Bühne alles und posten wie die Weltmeister. Die Bühne selbst wurden Sänger und Gitarristen aber schnell zu klein und sie sprangen andauernd von derselben, um direkt im Publikum stehend weiterzuzocken. Oder wie von der Tarantel gestochen durch das Logo zu laufen, so lang die Kabel sind. Sehr geil, sollten viel mehr Bands machen!



Nach dem verstörenden Inferno von TIME HAS COME richteten sich alle Augen auf Candice, ihres Zeichens schwer tätowierte Frontdame von WALLS OF JERICHO. Die präsentierte sich in blendender Laune, lobte das Hamburger Publikum von Beginn an diverse Male und war stimmlich in Topform - heißt, so aggressiv und angepisst wie nur selten. Eine knappe Stunde zerlegten WALLS OF JERICHO das Logo und animierten das Publikum zu Höchstleistungen, was sich durch das dauernde Loben bereitwillig antreiben liess. Bei der Setlist lag der Schwerpunkt natürlich auf "All Hail The Dead" und glich frappierend der von der Eastpak Resistance Tour. Das störte aber niemanden, die Fans gaben alles, WALLS OF JERICHO zockten sich routiniert durch den Set und gaben nach zwei Zugaben den Fans das Gefühl mit nach Hause, heute drei ordentlich rockende Bands gesehen zu haben. Schön.