Tiamat, Theatre Of Tragedy, Pain, Sirenia – Hannover, Faust

Lassen wir das also als Ausrede gelten und geben SIRENIA schon allein einen Applaus für das unermüdliche Rackern, Winken und Posen der Sängerin Henriette Bordvik. Der Rest war eher nicht-öffentliche Probe, außer an der Technik mussten Norwegens Hopefuls noch unter der frühen Anfangszeit leiden. Um 19:30 Uhr war alles vorbei, und die inzwischen rasch herein stürmende Meute rieb sich Augen und Ohren. Nächstes Mal wieder, dann aber pünktlich.
PAIN sind anscheinend immer noch zu wenigen Leuten bekannt, aber Peter Tägtgren macht mit seiner neuen Mannschaft keine Gefangenen: Mit "Supersonic Bitch" und "End Of Line" gibt es als Einstieg zwei Hits vor den Latz, "Greed" und "Breathing In Breathing Out" fordern wörtlich zum Durchatmen auf, bevor zum Beatles-Cover "Eleanor Rigby" das erste Mal die 60er Jahre Halle von vorn bis hinten mitklatscht. "Look at all the horny people, where do they all come from", dichtet Peter die Zeile um, und es könnte an Gitarristin Andrea Odendahl und Bassistin Alla Fedynitch liegen. Für die zahlreichen Mädel in der ersten Reihe gibt es mit Neu-Schlagzeuger David Wallin ebenfalls eine Augenweide zu begaffen. Sehr geschickt. "Same Old Song" ist dem einen oder anderen schon als Single-Auskopplung zum neuen Album bekannt, mit "Suicide Machine" bleibt die Stimmung hoch und "Shut Your Mouth" setzt das Ausrufezeichen auf einen viel zu kurzen, intensiven Gig. Im Gegensatz zu den vergangen PAIN-Line-Ups hat sich Peter auch wieder die Gitarre umgeschnallt, und mit diesen zwei Gitarren sind PAIN unter den Stromgitarren-Electro-Acts endlich ganz vorn. Das sahen auch die Hannoveraner so und haben PAIN dementsprechend abgefeiert.
Setlist Pain:
Supersonic Bitch
End Of Line
Greed
Breathing In Breathing Out
Nothing
Eleanor Rigby
Same Old Song
Suicide Machine
Shut Your Mouth
THEATRE OF TRAGEDY waren Mitte der Neunziger mit Liv-Kristine Espenaes am Mikro Stars und werden mit entsprechendem Vorschuß-Applaus begrüßt. Langhaarige Mädel sitzen auf den Schultern ihrer starken Freunde - schöner kann ein Gothic-Metal-Klischee nicht begangen werden. Die Band steigt mit der 2001er Single "Machine" in den Set ein, und den spitzen Schreien nach zu schließen war das genau der richtige Schachzug. Die neue Sängerin heißt Nell, hat schwarze Haare und eine wesentlich tiefere Stimme als ihre Vorgängerin (das ist im Gegensatz zu Liv allerdings auch keine Kunst). Aus deren Ära werden noch "Lorelei" und "Cassandra" gespielt, der Rest der Setlist besteht aus neueren Songs. Soll heißen: THEATRE OF TRAGEDY gehen den mutigen Schritt und spielen keinen Song von ihrem bisher bestverkauften "Velvet Darkness They Fear". Mutig - aber nicht sonderlich erfolgreich, denn der Spannungsbogen fällt ziemlich rasch ab, bis auf etwa 50 gestandene Fans wendet sich das Publikum eher der Gerstenkaltschale zu und bereitet sich bei gepflegter Langeweile auf TIAMAT vor. Gut für PAIN, ein T-Shirt-Design ist bereits ausverkauft, bevor der Headliner auf die Bühne geht.
Einen Komplett-Umbau später stehen TIAMAT auf der Bühne. TIAMAT können alles mögliche spielen, Psycho-Trips und Rocker, Death Metal und Hartpop - und Johan Edlund und Konsorten finden genau die richtige Mischung daraus: "Vote For Love" ist einladend und nimmt das Publikum in die dunkelbunte Welt des Johan Edlund mit, "Children Of The Underworld" gleich danach eher wieder harsch und "Cain" misantroph - insgesamt rocken TIAMAT anno 2005 geradeaus und relativ gut gelaunt ins Leben, Gast-Keyboarder Martin Brandström von DARK TRANQUILLITY ist ein cooler Hund, Gast-Gitarrist Fredrik Akesson hat wilde, rote Locken wie es sich für einen Metal-Gitarristen aus Schweden anscheinend immer noch gehört. Ganz nebenbei ist heute der letzte Tag der Tour für SIRENIA und THEATRE OF TRAGEDY. Da alle Bands noch vom Vortag in Berlin hundemüde sind, werden nicht die üblichen Bühnenspielchen zum Ende einer Tour inszeniert, dafür steigen die Sängerinnen der beiden Bands zu "Brighter Than The Sun" zu TIAMAT auf die Bühne, und ein zwinkernder Johan Edlund bringt selbst seinen langjährigen Sidekick Anders Iwers zum Lachen. Mit "Whatever That Hurts" spielen TIAMAT den ersten Oldie-but-Goldie, zu "Sleeping Beauty" steigt die nächste Verstärkung auf die Bretter: David Wallin hämmert auf Lars Skölds Becken herum, Peter Tägtgren und Morten Veland übernehmen die Growls. Wenn man Spaß in Tüten packen könnte, würde man wahrscheinlich eine große Portion von diesem Moment bestellen. Mit "Gaia" haben TIAMAT noch einmal versucht, das Mütchen ihrer Zuschauer zu kühlen, denn Zugaben sollte es keine geben.
Setlist Tiamat
Vote For Love
Children Of The Underworld
Cain
Brighter Than The Sun
To Have And Have Not
Whatever That Hurts
In love with myself
Wings of heaven
Cold Seed
As long As You Are Mine
Clovenhoof
Sleeping Beaut
Gaia