The Dillinger Escape Plan, Poison The Well, Stolen Babies - Hamburg, Logo
Weder THE DILLINGER ESCAPE PLAN noch POISON THE WELL gehören zu den Bands, die jährlich dreimal an jeder Milchkanne spielen. Stattdessen macht man sich in Europa rar, was in Zusammenspiel mit starken letzten Alben die Nachfrage bei einem Gig anheizt. Ausverkauftes Haus im Hamburger Logo war dann auch kein Wunder.
Dank einiger Pannen bei der Anreise war ich erst nach dem Set von STOLEN BABIES in der Hansestadt und kam gerade rechtzeitig zum Start von POISON THE WELL. Das rappelvolle Logo bereitete den Amis einen herzlichen Empfang und gab von Beginn an sein Bestes, um Temperatur und Luftfeuchtigkeit noch weiter nach oben zu treiben. Schnell war jeder direkt vor und auf der Bühne nassgeschwitzt, während die Stimmung besser und besser wurde. Da war es egal, aus welchem Album sich die symphatischen Herren bedienten, getanzt, gepogt, gejubelt wurde zu jedem. Kurz nach 22 Uhr war dann Schluss, sehr zum Bedauern der Fans, deren Rufe nach einer Zugabe aber nur mit einem lakonischen „We don’t have any more time“ abgetan wurden.
Knapp zwanzig Minuten später kam dann der Headliner auf die zugenebelte Bühne und legte ohne große Worte. Die dicke Nebelwand wurde durch Stroboskope, vereinzelt aufflackernde blaue Scheinwerfer und an Supercomputer aus C-Movies erinnernde Lichtreihen nur minimal durchdrungen, so dass die Musiker immer wieder wie ein Geist aus dem Nebel auftauchten, um dann im nächsten Moment wieder dorthin zu verschwinden. Das passte perfekt zum musikalischen Chaos und Wahnsinn, den sie verbreiteten, quasi als die Propheten der Chaosgötter. Vor der Bühne ging ein großer Mob orgiastisch ab und feierte jede Sekunde des knapp einstündigen Gigs, während die Leute weiter hinten nur gebannt die Leistung der Musiker verfolgten. Die machten keine Gefangenen (oder Ansagen) und zerlegten mit unmenschlicher Präzision das Logo. Auf Platte kann THE DILLINGER ESCAPE PLAN stellenweise nahe an unhörbar reichen, Live besteht diese Gefahr nicht, denn bei allem chaotischen Wahnsinn, bei aller Brutalität ist der rote Faden eines Songs immer zu erkennen. Gleichzeitig sind sowohl Einsatzfreude als auch technisches Können der Musiker auf so hohem Level, dass etwaige Zweifel eh’ keine Chance haben. Kurzum, dieser Gig war Weltklasse! Ohne Zugabe gingen die fünf Herren gegen halb 12 von der Bühne und ließen ein euphorisches Publikum zurück, das gerade Zeuge einer Demonstration wahnsinnigen Könnens geworden war.

Poison The Well