Konzert:
Konzert vom 06.10.2010Der Konzertabend in der kultigen Markthalle zu Hamburg fing schlecht an, hatten doch THE OCEAN schon eine Viertelstunde vor offiziellen Beginn auf die Bühne gemusst, so dass viele Besucher nur den halben Set der Berlin-Schweiz-Connection mitbekamen, was angesichts der guten Leistung doppelt ärgerlich war. Mittlerweile hat die Band haufenweise Shows gespielt und ist so nicht nur zu einer Einheit zusammengewachsen, sondern auch routinierter geworden, was besonders bei Sänger Loic deutlich wurde: Vor vier Monaten noch ein schüchtern wirkender Kerl, war davon an diesem Abend nichts mehr zu sehen. Gesanglich machte er sowieso schon immer einen guten Job, aber mittlerweile bewegt er sich selbstbewusst über die Bühne und steht während Gesangspausen nicht unsicher-hüftsteif herum. Seine Kollegen waren da ja schon immer agiler, so auch an diesem Abend, aber es tat gut zu sehen, dass ein stimmlich guter Sänger wie Loic von seinen Bandkollegen profitiert und Selbstbewusstsein gewonnen hat. In der guten halben Stunden spielten THE OCEAN vornehmlich Stücke von „Heliocentric“, plus je einen neuen Song (im November erscheint ja das neue Album) und einen „Precambrian“-Song. Alles handwerklich sauber gespielt, wie das nicht anders zu erwarten war. Kurzum, guter Auftakt für den Abend und der Beweis, dass THE OCEAN als Opener verschwendet sind, dafür sind sie zu gut. The Dillinger Escape Plan, Cancer Bats, The Ocean - Hamburg, Markthalle
CANCER BATS boten das Kontrastprogramm zur Gehirnknoten-Mucke der anderen beiden Bands. Knackig-punkig geht es bei den sympathischen Kanadiern zur Sache, was beim Publikum im Regelfall gut ankommt, sind Songs wie „Hail Destroyer“ doch Live immer eine gelungene Sache. Das bewahrheitete sich auch an diesem Abend und ließ einen großen Moshpit vor der Bühne entstehen, in dem es gut zur Sache ging und der CANCER BATS anspornte, noch eine Schippe draufzulegen. Spätestens beim Live passabel klingenden BEASTIE BOYS-Cover „Sabotage“ sprang der Funke endgültig über. Sänger Liam, der sowohl die Frisur wie auch die heiserste Ansagenstimme des Abends hatte, traf zwar nicht jeden Ton, aber wen stört das bei einer schweißtreibenden Gute-Laune-Show? Noch ein paar eigene Songs hinterher geschoben und schwups ist die Bühne ver- und ein guter Eindruck hinterlassen.
Beim Headliner war dann wieder Knoten-im-Hirn-Zeit angesagt, THE DILLINGER ESCAPE PLAN versprechen ja nichts anderes. Begleitet von einer effektiven Lightshow machten die Herren 75 Minuten lang keine Gefangenen und boten eine Demonstration, wie sich komplex-brutale Musik und agile Bühnenshow verbinden lassen. Anders als viele andere Frickelcombos (NECROPHAGIST beispielsweise) turnten die Musiker wie irre über die Bühne, sprangen auf Monitorboxen, Drumriser, Drumkit und Amps, liefen selbst die Seitenwände hoch oder sprangen ins Publikum, wobei da der Fotograben störte – ohne den wäre Shouter Greg wohl noch öfter auf Tuchfühlung gegangen. Zwar sah der gute Mann in zu engen Röhrenjeans und T-Shirt bei gleichzeitig beeindruckend muskulösem Körper eher aus wie einer Rotterdamer Techno-Hooligan, aber in seiner Brust schlägt ein Rock’n’Roll-Herz, das wurde zu jeder Sekunde des Gigs deutlich. Seine Gitarren störten auch gelegentliche Unfälle wie das Abrutschen von einer Monitorbox nicht, während Basser Liam der ruhende Pol war und von gelegentlichem Kopfnicken nicht viel Bewegung zeigte. Zusammen ergab das eine beeindruckende Mannschaftsleistung, die zudem technisch ebenso gut war und jeden Song gnadenlos brutal und präzise in die Menge ballerte. Jedes Album wurde dabei gewürdigt, nur das kultige Justin Timberlake-Cover sparten sie sich. Dafür wurden die Interludes vom Gitarristen auf dem Keyboard Live gespielt, bevor er die Gitarre wieder umhing und den nächsten Mathcore-Brocken zockte. Grandiose Show, bei der einfach alles stimmte und die den Gig im Logo zur letzten Tour noch toppte. THE DILLINGER ESCAPE PLAN sind eine arschgute Live-Band, die an diesem Abend bestens aufgelegt waren und zudem von zwei ebenso guten Vorbands begleitet wurden, was die Chose zu einem mehr als gelungenen Abend für die knapp 800 Anwesenden machte.
