Taubertal Festival - Samstag
Wie immer gab es im Taubertal auch dieses Jahr wieder das Finale des EMERGENZA Wettbewerbes für Nachwuchsband; das größte seiner Art in Europa. Die internationalen Künstlerschar, die Bands kamen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus unseren Nachbarländern, aus Spanien, England und sogar aus Kanada und den USA. Auf der Emergenza-Bühne traten von insgesamt 6000 weltweit teilnehmenden Bands die besten 20 auf und boten für Amateurverhältnisse teilweise glänzende Auftritte. LES BREUVACHONS aus Paris z.B. brachten mit ihrem mit 8 Mann vorgetragenen Acoustic Folk Rock das Publikum völlig zum durchdrehen, die Jury befand dafür den 3. Platz für würdig. Platz 1 belegten dann die recht kommerziell ausgelegten Pop Rocker von MR. BROWN aus Hamburg. Den zweiten Platz erkämpften sich LEXXI aus Glasgow und FLUTTR aus Boston/USA wurden Vierter.
Ein neu gestaltetes Gelände gab es in 2007 auch: Hauptbühne und Sound For Nature Stage stehen sich jetzt gegenüber, dazwischen die Futtermeile, Presse und VIP-Bereich hinter der Hauptbühne. Vorteil: der Wechsel zwischen den beiden Bühnen wurde dadurch erheblich vereinfacht. Nachteil: die einzigartige nächtliche Kulisse von Rothenburg ob der Tauber über der Hauptbühne fiel weg – ist aber zu verschmerzen. Ansonsten waren die Wege eher etwas weiter, dass Gedränge am alten Eingang entfiel, ja dass neue Konzept hat schon Vorteile gebracht.
Die Anfahrt am regnerischen Freitag endete dann erst mal im Stau – knapp einen Kilometer vor dem Festivalgelände. Ärgerlich, wollten man sich doch die Chartbreaker von SUNRISE AVENUE ansehen. Für viele Fans welche schon auf dem Gelände waren, war es dann noch ärgerlicher. Ausgerechnet die Singleüberflieger („Fairytale Gone Bad“) sagten recht kurzfristig ab. Der Ersatz FIDDLERS GREEN geht zwar auch als durchaus partytaugliche Combo durch und machten Spaß. Waren aber nun auch schon recht häufig im Tal zu sehen und zu hören. Ein der Erwartungshaltung entsprechender Ersatz waren sie, ungeachtet der gewohnt soliden Performance, aber nicht. Man wollte eigentlich schon SUNRISE AVENUE hören.
Die H-BLOCKX gehören im Taubertal praktisch fast schon zum Inventar (gut für Fans, schlecht für jene, die mal was anderes sehen wollen) und boten neben Gewohnten einiges von der mehr als einmal angesprochen neuen Scheibe „Open Letter To A Friend“. Insbesondere die Single „Countdown To Insanity“ („Danke für über 100.000 Klicks“ – seht dazu auch unsere metal-inside News), aber auch andere Songs des mehr auf Rock ausgelegten neuen Albums kamen gut an. Highlights waren natürlich die Klassiker wie das recht früh als Anheizer gebrachte „Move“, „Fly“, „Leave Me Alone“, „How Do You Feel“ und natürlich „Risin’ High“ als Abschluss des regulären Set. Dazwischen noch der Übersong „Little Girl“ und der Charterfolg „Celebrate Youth“, bevor zum Schluss dann als Zugabe das lauthals geforderte „Ring Of Fire“ kam. Und obwohl Schreihälse in den ersten Reihen (trotz Anleitung der H-BLOCKX) nicht mal einen Vernünftigen „Ring“ hinbekamen schienen die H-BLOCKX ganz zufrieden mit ihrem Auftritt im Regen.
Gespannt waren viele auf Teil 2 der Ärzte-Solos im Taubertal. Nach FARIN URLAUB war nun BELA B dran – im Hauptberuf Sänger, Songwriter und Schlagzeuger DER ÄRZTE. Im schnicken einheitlichen Anzug mit Krawatte und Armbinde und einem Bühnebild der Sechziger und Varieté Ambiente brachte es BELA B auf über 80 Minuten Spielzeit und konnte die partybereite Menge durchaus überzeugen. Das Hr. Felsenheimer viel von Country- und Songwritermucke beeinflusst ist, hörte man vielen der Songs deutlich an, gibt ihnen aber auch eine eigenen Note – Thematiken des Liebesleben und Vampire („Der Vampir mit dem Colt“) waren Bela’s Grundlage auch schon bei seinen Texten für seine Stammcombo. Also rockte sich die Band durch sein komplettes Solomaterial, u.a. „Gitarre Runter“, „Versuchs doch mal mit mir“ „1,2,3“ bis zur ersten Single „Tag mit Schutzumschlag“, einschließlich Coverversion und Duett mit den Backgroundsängerinnen, ließ aber jeglichen Ärzte-Song außen vor. Als Sänger machte er eine gewohnt gute Figur, als Gitarrist ist das Ganze sicher noch ausbaufähig. BELA B zog von der Performance her aber insgesamt dann doch recht klar den kürzeren im Vergleich zu seinem im letzten Jahr großartig auftretenden Kollegen FARIN URLAUB – der ist definitiv der bessere Entertainer und kommt dementsprechend lockerer rüber. Tosend Beifall gab es trotzdem. (hardy)
BANDS SAMSTAG
Mensch was ne Hetzerei, und dann auch noch (die erwartete) Blechschlange bis zum Pressparkplatz aber irgendwann ist es dann doch geschafft. Passend beginnt es auf dem Weg zur Eiswiese zunächst nur nieseln, es bleibt dann leicht landregenmäßig mehr oder weniger konstant nass.. Egal, die 5 BUGS wollte ich unbedingt noch mitkriegen und es gelingt auch noch einigermaßen vor Gigende durch knöcheltiefen Schlamm die Sounds For Nature Bühne (SFNB) zu erreichen. Die Berliner (Spaß)punker bestätigen zu recht ihren sehr guten Ruf, eine der Newcomerbands des Genres zu sein. Die Live-Qualitäten waren deutlich erkennbar und die Jungs schafften es sogar eine richtige Wall of Death zu starten. Die Vorfreude hervorgerufen durch ihre aktuelles, sehr gelungenes Album „ „Tomorrow I'll Play God" hatte sich bestätigt, die Herren legen mit ordentlich Ohrwürmern sowie viel Tempo einen sehr gelungenen und vor allem schweißtreibenden Gig auf die Bretter.
Dann kommen MADSEN, waren mir vorher kein so großer musikalischer Begriff aber durften aber um kurz nach Sieben auf die Hauptbühne und waren gar nicht so schlecht. Seit 10 Jahren machen die Jungs aus dem Wendtland ihren Mix aus Pop, Rock und Punk mit ihren metapherartigen deutschen Texten, ja tatsächlich ganz nett. Die (jüngere) Menge fand es anscheinend noch etwas pulsierender und ging gut mit. Dann MUFF POTTER, von denen hatte ich schon soviel fast ausnahmslos positives gehört und tatsächlich dieser pulsierende Deutschrock war unheimlich energiegeladen, es folgten witzige Ansagen bzw. Dialoge mit dem Publikum und die Band überzeugte mich mit klasse Texten sowie fetten alternative Riffs, klasse, die haben was. Die Menge tobte, ging voll ab, der Platz vor der SFNB war so eng mit äußerst dankbaren Fans gefüllt wie bei keiner Band davor sowie danach an diesem Tag. Die coole Deko mit den alten Wohnzimmerlampen mit heimeligen Schirmchen passte wunderbar zur langsam dunkler werdenden Umgebung. Selbst die Überschneidung dem MANDO DIAO Konzert juckte hier wirklich niemanden. Der MUFF POTTER-Sänger bedankte sich dann auch noch mal artig, dass man nicht zu den angesagten „Schönlingen“ abgewandert sei, da man hier doch die schönere Musik geboten bekam, recht hat er.
Dann schnell wieder zur Hauptbühne gewatet, die Schweden hatten zwar schon ein paar Songs gespielt waren quasi als Vor-Headliner gesetzt aber so richtig warm, war das gespannte Publikum da noch nicht. Das Gelände vor und am Hang der großen Bühne war jetzt proppenvoll aber MANDO DIAO riss mich bei allem Wohlwollen wie schon 2005 auch schon nicht wirklich vom Stuhl. Qualitätsmäßig war das natürlich net schlecht, die können schon was, der gut differenzierbare Sound ging auch soweit o.k. aber irgendwie wollte der Funke auf ein Großteil des Publikums so ab der Mitte des Geländes nicht so recht überspringen. Mann schaute zwar aufmerksam zu, nickte auch wohlwollend und klatsche stellenweise zu den schönen Melodien aber echte Begeisterung sieht anders aus.
Die Punkrocker von TORBOSTAAT hatten kurzfristig abgesagt (was jetzt nicht so schlimm war), dafür schmetterten aber THE HEARTBREAK MOTEL dem teilweise etwas verdutzten Publikum ihre Riffkanonaden um die Ohren. Jau, das war ja recht heftig und für Taubertalverhältnisse erst recht. Der spindeldünne Sänger mit einer Ausstrahlung wie der junge Mick Jagger war teilweise irgendwie seltsam drauf, aber schrie bzw. grölte seine Vocals ins Mikro, was das Zeug hielt. Er war dabei fast ständig unterwegs, suchte den Kontakt zu den Zuschauern. Dabei kann er auch richtig klare Töne singen - so mal zwischendurch. Seiner mehrmaligen Aufforderung an das relativ kleine Publikum doch weiter nach vorne zu kommen, wurde erst gegen Ende einigermaßen erfüllt. Der Sound war insgesamt nicht so dolle, so dass man zum Großteil der einzelnen sehr aggressiven Songs musikalisch nicht so viel heraushören konnte. Aber diese Mischung aus Punkt und ganz viel Hardcore war so schlecht nicht, leider gingen die etwas melodiöseren Sachen etwas unter. Aber die Jungs aus Recklinghausen waren auf jeden Fall ein typischer Taubertalfarbtupfer.
Über die BEATSTEAKS die ja schon zwei Jahre vorher das Tal erfolgreich gerockt hatten gab es in vielen Foren im Vorfeld heiße Diskussionen, ob die Jungs denn wirklich ein würdiger Headliner und was da noch alles für (unnötige) Probleme gewälzt wurden: Kurzum, wenn es zuvor noch irgendwelche Zweifler dieser Berliner Band gegeben haben soll, nach diesem Gig dürften sich diese komplett erledigt haben. Das Publikum fieberte nach einer ellenlangen Umbaupause (warum eigentlich?) der Band entgegen, den Musikern schien es ebenfalls s o zu gehen und ab ging’s. Voller Energie und Tatendrang wirbelte der Fünfer über karge Bühne und bot reinrassigen Rock`n`Roll. Die Hirsch-Brüder allen voran verbreiteten eine Wahnsinnsstimmung, alle hatten dabei ihren Spaß und das Tal fraß der Band quasi komplett aus der Hand und ließ sich zu immer wilderen Mitsingspielchen anstacheln. Die zweite Zugabe gab es auch, irgendwas von den BEASTIE BOYS, hab's vergessen war aber geil! Dieser Gig war sicher eines der Highlights dieses Festivals, wenn nicht sogar der beste Auftritt von allen Bands.
Nach diesem Hoch konnte man eigentlich nur verlieren und auf der Hauptbühne war jetzt sowieso Schluss. Also noch schnell zur anderen Seite, da waren die allseits viel gelobten NEGATIVE angekündigt. Tatsächlich versammelte sich noch mal eine ansehnliche (vorwiegend weibliche) Menge kurz vor Mitternacht an der Bühne. Tja was soll ich sagen, ist zwar schön dass es aus Vielfaltsgründen solche eher METAL-INSIDE.de-Lastige Musik auf dem TTOA gibt (sollte bitte beibehalten werden) aber diese Band hat mich schon mehr enttäuscht als überzeugt! Also mit Gothic, wie oft geschrieben wurde, haben diese Jungs schon mal gar nichts zu tun. Außer manchmal recht düster-flächigen Keys, die an diesem Abend aber nur sehr schwer herauszuhören waren, geht da nichts in dieser Richtung nee hier wird viel mehr versucht Sleaze bzw. Glam Rock in Reinkultur der Marke AOERISMITH, GUNS N`ROSES oder auch HANOI ROPCKS zu machen. Ja, ganz nette Kostüme, der ausgemergelte Sänger Jonne mit dunklem Eyeliner und zerbrechlicher Stimme (klingt nach Mike Tramp/WHITE LION nur noch etwas dünner), der Gitarrist macht einen auf Slash und post ohne Ende aber die Mucke ist mir dann doch etwas zu unspektakulär und auch drucklos für diesen Stil. Da müsste einfach viel mehr Power kommen. Einzig der etwas untypische Bassist mit nacktem Oberkörper versprüht so etwas wie Energie. Die Musik ist insgesamt sehr bieder, wenig mitreißend und komplett ohne neue Ideen. Klar ein paar recht eingängige Songs hat man schon in Petto sowie einige herzergreifend Balladen aber warum es hierfür Gold und Platinauszeichnungen (in Finnland) hagelte ist mir schleierhaft. Vielleicht hatte die Jungs auch nur einen schlechten Tag erwischt?! Egal dem Großteil des Volks gefiel es nach etwas Warmlaufzeit trotzdem sehr gut – zum Glück sind die Geschmäcker ja verschieden! Das nächste Jahr bitte ne originellere Band des Genres, darf auch gerne Hardrock sein, auf die Wiese einladen, der Bedarf wäre auf jeden Fall vorhanden. (maio)



