Taubertal Festival

Ein ganz besonderes Jubiläum stand diesmal für 2005 beim Taubertal Open Air an, denn die Veranstalter durften sichtlich stolz tatsächlich das 10-jährige Jubiläum dieser inzwischen zu einem richtig urigen "Kultfestival" aufgestiegenen Veranstaltung feiern. Ursprünglich einmal 1996 aus ganz kleinen Anfängen auf private Initiative der Brüder Hirsch mit nur ca. 1.600 Besuchern gestartet und erst im dritten Jahr schwarze Zahlen schreibend, waren diesmal deutlich über dreißigtausend Fans (an drei Tagen!) gekommen und auch diesmal konnte das KARO-Veranstaltungsteam mit gewohnt sicherer Organisationsroutine sowie optimaler Vorbereitung dafür sorgen, dass auch die zehnte Auflage dieses Freiluftspektakels ein großer Erfolg wurde. Auf allen drei Bühnen, in den zwei Zeltstädten und auch im weitläufigen Gelände rundherum wurde eine absolut friedliche Party gefeiert. Erstmals war auch eine schwarz uniformierte Bereitschaftspolizei-Gruppe vor Ort ansonsten waren täglich rund 350 ehrenamtliche Helfer im Einsatz, das THW war mit 70 Männern vertreten und das Rote Kreuz mit 120 Leuten. Auch hier gab es keine besonderen Vorkommnisse. Wie aber jetzt aktuell bekannt wurde steigt leider der Bayrische Rundfunk als langjähriger Hauptsponsor zukünftig laus, so daß sich die Verantwortlichen derzeit auf der Suche nach neuen Sponsoren befinden. Angeblich besteht schon Interesse von einem Privatsender, na ja warten wir’s mal ab.
Das Programm insgesamt hätte zwar für meinen Geschmack zwar durchaus noch die oder andere herausragendere Band vertragen (da gab’s schon einige insgesamt über 3 Tage besser besetzte Jahre!). Aber, und dies ist ja auch einer der ganz besonderen Merkmale dieses Open Airs, es ist den meisten Fans eigentlich (fast) mehr oder weniger egal wer spielt. Hier zählen vielmehr das miteinander, das ausgiebige Zelten sowie das mehrtägige intensive Feiern mitten in der Natur. Die jeweilige Besetzung mit entsprechend großen bzw. bekannten Musikern ist eher sekundär. Sicher, der Überraschungsgast am Samstag SIR PRIZE alias FARIAN URLAUB war schon allererste Sahne aber der nicht überzeugende Auftritt von BAD RELEGION am Freitag war schon ein wenig ärgerlich und warum eine fanmäßig so starke Band wie JULI nur auf der Nebenbühne spielen mußte, wird wohl nicht nur mir ewig ein Rätsel bleiben. Auch diesmal war die Ticketnachfrage trotz wirtschaftlich eher mauen Zeiten wieder enorm (ca. 70% der Besucher sind hier Stammkunden!), so daß die Veranstaltung bereits Wochen zuvor, was 3-Tages-Karten betraf, restlos ausverkauft war. Die schon magische Anziehung der "Eiswiese" sorgte natürlich auch beim Jubiläum für runde 12.000 Besucher pro Tag.
Wettertechnisch war nach der großen Schlammschlacht in 2004 dieses Jahr bis auf den verregneten Freitagabend und einen matschigen Sonntag früh eigentlich alles einigermaßen in Ordnung, wenn auch nicht die ganz große Hitze vorherrschte. Insgesamt waren die Getränke und Nahungsmittelpreise auf dem Gelände relativ in Ordnung nur bei so manchem "Fress-Stand" hätten die Portionen schon etwas üppiger sein können (u.a. ein magerer Kebab für satte 4€!!). Als weiteren besonderen Service gab es für alle Camper wieder den bewährte Zeltsupermarkt mit wirklich absolut "normalen" Preisen.
Auf der Emergenza-Bühne (für Nachwuchsbands aus aller Welt) traten zum Jubiläum die besten 20 Bands aus Deutschland, Frankreich, England, Italien, Spanien, der Schweiz, aus Österreich, Dänemark, Schweden, Kanada und den USA auf. Mehr als 5.000 Bands nahmen dieses Jahr an den Emergenza Festivals teil und das TAUBERTAL OPEN AIR war der Höhepunkt für sämtliche Gewinnerbands aus den regionalen Finalen. Und dies war nicht einfach nur ein weiterer Gig für die Bands - es bietet auch eine wichtige Möglichkeit, um sich Leuten aus der Musikindustrie sowie A&R’s von Plattenfirmen zu präsentieren und um Instrumente im Wert von rd. 50.000 € zu gewinnen. Eine internationale Jury verfolgte alle Auftritte der Emergenza Bands, um unter den jungen Musikern, die größten Talente herauszufiltern. Wer jetzt mehr über die zahllosen Sieger in den einzelnen Kategorien wissen möchte kann sich ausgiebig auf http://www.emergenza.net umsehen.
Als mittlerweile feste Einrichtung war auch wieder die SOUND FOR NATURE Bühne (SFN), diesmal nicht mehr im kleinen Zelt sondern im Freien vorhanden. Hierbei handelt es sich um eine Kooperation zwischen dem Bundesamt für Naturschutz (BfN), der Musik-Agentur K.O.K.S., der Deutschen Rockmusikstiftung und dem Institut für Umweltkommunikation (ifu Bonn). Dabei werden unter der Hauptprämisse eine gesteigerte sowie aktive Miteinbeziehung der Jugend in punkto Ökologieverständnis und Umweltschutz folgende weitere Ziele verfolgt: SFN verbindet Natur, Musik und junge Menschen, fördert die Auseinadersetzung mit dem Thema Natur, veranstaltet Musikwettbewerbe für Nachwuchsmusiker, macht Open-Air-Festivals umweltverträglicher und soll es ermöglichen Botschaften bzw. Produkte in einem positiven Kontext zu vermitteln. Am Ende eines jeden teilnehmenden Festivals werden die Veranstalter nach vielen unterschiedlichen und sehr ausgefeilten Gesichtpunkten "bewertet" wie z.B. Müllentsorgung/Trennung, Verwendung von Stromaggregaten statt Diesel, Sanitäre Einrichtungen, Einhaltung von Lärm DIN Normen usw. Neu in diesem Jahr war eine Selbstverpflichtungserklärung des Veranstalters wobei u.a. zugesagt wurde Verbesserungen beim kostenlosen Buss-Shuttle Service (wurde von vielen gelobt), Einführung eines Müllpfandes (wurde voll erfüllt), Verzicht auf Einweggeschirr und Becherpfand (wurde nur teilweise umgesetzt) sowie Einsatz eines Line-Arrays zur Verminderung des Geräuschpegels (war deshalb vielleicht der Sound nicht immer so überzeugend?!).
In Punkto persönlicher Pressebetreuung sowie Informationsweitergabe vom Team Verena & Co. gab es wie immer eigentlich nichts zu kritisieren, einzig die deutlich länger geworden Wege im Vergleich zu früheren Jahren waren nicht so förderlich. Besonders der für uns leider völlig unverständlich gesperrte hintere Zugang zur SFN Bühne sorgte für großen Unmut bei vielen Journalisten. Gerade bei der ständig steigenden Bandanzahl wäre eine Änderung für 2006 eine super Erleichterung, besonders wenn man nur zu zweit unterwegs ist und über möglichst viele Bands berichten möchte. Noch eine Info: Der Kartenvorverkauf für das nächste Taubertal Festival 2006 beginnt schon am 01.Oktober 2005!
Freitag, 12.08.2005
Den Auftakt zum diesjährigen Jubiläums Festival bestritten AK4711 schon um kurz nach 14.00 Uhr leider noch etwas zu früh für uns, da wir gerade mit "Einchecken/Parken" auf dem Wiesenparkplatz kurz vor der alten Steinbrücke beschäftigt waren. Aber wenn man denn ebenfalls nur spärlich anwesenden Zuschauern glauben durfte, haben die vier frechen Mädels neben einigen optischen Anreizen auch ihren Job nicht so schlecht gemacht und ordentlich abgerockt.
Eine weitere wirklich interessante Formation für Rock/Metal Fans waren dann schon eher THE BIRTHDAY MASSACRE mit ihrer guten Sängerin Chibi und sogar der Sound kommt ordentlich tight aus den Boxen. Die letzten drei Songs der Kanadier, die wir bei der Presseakkreditierung mehr oder weniger nur so nebenbei mitbekamen, konnten sich hören lassen und wer auf eine coolen Mix aus Wave, Gothic sowie Metal mit leichten Popeinschüben abfährt ist hier sicher gut aufgehoben.
Im letzten Jahr noch, zu später Stunde, im damals relativ kleinen SOUND FOR NATURE Zelt durften THE CRÜXSHADOWS diesmal zur Belohnung auf der Hauptbühne ran. Und die Band um ihren sympathischen Frontman Rogue zeigte mit ihrem synthiegeschwängerten Dark Wave Pop (erinnert mitunter an ältere DEPECHE MODE Geschichten) einen, nicht nur wegen der optisch in aufreizendem Fummel auftretenden zwei Geigerinnen, durchaus gelungenen Gig. Viele Fans schienen zu früher Stunden sogar extra deshalb vor die Bühne gekommen zu sein. Die Stimmung war recht passabel (besser als bei so manchen Acts danach!) und als der Sänger im dicken schwarzen Wollpulli bei rund 30 Grad leutselig durchs Publikum schlenderte und dabei souverän seine Songs durchzog, konnte man spüren, hier könnte etwas herausragendes für die Szene entstehen.
Zwischendurch ging’s dann noch mal schnell zu PARK LANE 7 auf die neue Freiluft SOND FOR NATURE Bühne, diesmal wieder außen rum, da der schnellere Durchgang für Normalo-Pressefritzen leider nicht mehr offen war. Diese vier jungen Bad Mergentheimer Musiker bestätigten den ihnen vorauselenden Ruf eines echten Geheimtipps. Für mich ganz klar einer der Highlights an einem eher durchschnittlichen Freitags. Fetter New Alternative Rock mit leichten Crossover-Einschüben, dafür stehen diese Jungs mit ihren tollen Krawatten und außerdem haben sie einen wirklich tollen Sänger in ihren Reihen, das Publikum war auch zu Recht ziemlich begeistert.
Von EXILIA hatte ich mir von Anfang an nicht so viel versprochen, vielleicht gerade deshalb legten die Italiener mit ihrer urwüchsigen Rastafrontfrau einen gar nicht so üblen Auftritt hin. Klar es ging schon oft aggressiv brachial sowie derb zu, mit heftigen Gitarrenbreitseiten aber die Sängerin (eine Art Mischung GIANNA NANINI & BONNIE TYLER auf Acid) kann auch richtig normal singen, leider für meinen Geschmack etwas zu selten aber der breiten Mehrheit gefiel die Band und jetzt gab es auch schon die ersten Crowdsurfer.
Auch etwas eher positiv überraschen konnten mich dann die dänische Formation TIGER TUNES bei langsam einsetzendem Landregen. Die einzig mir bekannte CD der Band um ihre Keyboarderin hinterlies damals einen ziemlich gemischten Eindruck und auch von dem großartig versprochenen "Sophisticated Sexrock" war leider nicht viel zu hören geschweige denn zu sehen. Der Auftritt jetzt war insgesamt nicht die Offenbarung, da der etwas aufgemotzter Neue Deutsche Welle Sound mit C64 Tastensound aber mit guten Texten einfach nicht so recht zünden wollte. So ging es wohl auch den eher spärlich anwesenden Fans, der Rest war auf dem Weg zum Zeltplatz um seinen Friesennerz oder ähnliches herauszukramen.
OOMPH machten einen relativ großen Fehler, denn man wollte anscheinend die Spannung hoch halten aber der Schuß ging eher nach hinten los. Denn - alles wartete quasi schon ab dem zweiten Song auf "Augen auf" aber den Track behielt man sich unverständlicherweise fast bis zum Schluß auf. Die Stimmung wollte einfach nicht so recht in Gang kommen, da halfen auch die fast verzweifelten Aufmunterungen von Bandleader Till Lindemann nur zeitweise. Und ständig diese nervige Einstimmung mit "1, 2, 3" und schon hüpfte zwar der Sänger wie ein Wilder über die Bretter, das Publikum blieb trotzdem eher reserviert. Besser wurde es aber der Hälfte des Sets, als bekannte Hits wie "Brennende Liebe", "Sex hat keine Macht" und natürlich der Hammer "Das weisse Licht" die Menge erreichten. Optisch recht überzeugend mit den schnieken Zwangsjacken bot die Restband (normalerweise ja nur zu Dritt waren Live noch drei weitere Musiker dabei) musikalisch einen nicht so computermäßig betonten Sound wie auf CD und insgesamt eine solide Mischung aus den aktuellen Singles und älteren Tracks - und gegen Ende dann noch das kultige "Gekreuzigt". Dennoch wurde der Auftritt zwiespältig aufgenommen.
Eine Kultformation aus den 80ern sollte dann tatsächlich zum absoluten und so nicht zu erwartenden Höhepunkt des Abends werden - THE TOY DOLLS. Diese witzige Veteranen Punkband in klassischer Dreimannbesetzung dürfte den meisten Zuschauern mehr oder weniger unbekannt gewesen sein, lagen doch die Erfolge trotz vieler Reuniontouren mindestens 20 Jährchen zurück. Ich gebe zu, außer dem Kulthit "Nelly The Ellyphant" kannte ich auch nur wenig bis nichts von diesen Engländern aber sie lieferten einfach eine tolle Show ab. Zu ihren einfach aber mitreißenden Songs, die coolen Bewegungen, kleinen Koreografien und witzigen Jokes, Slapstick oder Kabaretteinlagen erinnerten oftmals an Jack & Elwood von den BLUES BROTHERS - samt Kult-Bauchmuskelshow. Dieser Gig, von dem die meisten nicht viel erwartet hatten, erwies sich als äußerst spritzig, zu jederzeit spontan und auch musikalisch hatten des THE TOY DOLLS voll drauf u.a. mußte BACH’s "Toccata" dran glauben aber in einer wirklich tollen Version und "The Final Countdown" in einer Kindertrompetenversion. Punk’n’Roll & Entertainment as it’s best.
Beim direkt anschließenden Heimspiel von SLUT war der Platz vor der SFN Bühne bei strömenden Regen so voll dass wir leider gar nicht mehr reinkamen und der "eigentliche" Pressezugang war ja leider auch gesperrt, daher gibt’s hier nur zu vermelden, dass die Ingoldstädter mit ihrem intensiven Alternative Art Rock/Pop ausgesprochen gut ankamen und zumindestens bei den gehörten zwei Tracks teilweise sehr euphorische Reaktionen hervorriefen.
Was jetzt folgte war leider eine Enttäuschung. Vollmundig angekündigt von Martha (DIE HAPPY) und noch mehr von einem sichtlich angesäuselten Tobias SCHLEGEL als die derzeit beste noch lebende Punkband der Welt: BAD RELIGION. Doch nach diesem relativ müden Auftritt, mit größtenteils sehr schlechtem Sound und ohne größere Höhepunkte muß man sich fragen, was war los mit den U.S. Boys? Angesichtes der guten Livereputationen dieser Vorzeige-Punker nehme ich jetzt mal an, die Band hatte einfach einen schlechten Tag. Sänger Greg Graffin kam mit zunehmender Dauer zwar etwas besser in Schwung, konnte aber trotzdem lediglich bei einigen Anti-Bush Statements für größere Reaktionen beim Publikum sorgen. Auch das ständige Gelaber sowie Diskussionen über einen Song von NEIL YOUNG "Rockin’ in the Free World", den man vielleicht gerne spielen wollte oder dann doch lieber wieder nicht, wirkte irgendwie kindisch. Der jetzt vollbesetzte Platz vor der Hauptbühne war mit erwartungsvollen Fans übersäht aber schon nach den ersten drei/vier Songs setzte eine gewisse Passivität ein mit oftmals nur bescheidenem Höflichkeitsbeifall. Begeistern konnte BAD RELIGION an diesem Abend wirklich niemanden selbst bei den Hits wie "Punk Rock Song", "Los Angeles Is Burning" oder auch "American Jesus" kam nur wenig mehr Stimmung auf. Was aber noch irgendwie schlimmer rüberkam war die nur wenig überzeugende musikalische Leistung, die Chöre unsauber, die Gitarren breiig, das Schlagzeug dumpf - lag das alles an einer schlechten PA? Man, was haben wir hier schon für geile und mitreißende Konzerte, dass hier dagegen war nur eine recht müde Performance ohne Esprit, dass war eines Headliners leider unwürdig. Ich hoffe für BAD RELIGION und die Fans, dass dies wirklich nur ein Ausrutscher war, das passiert auch vermeintlich großen Bands gelegentlich schon mal. Dürfen Sie nächstes mal gerne besser machen.
(maio)
Samstag, 13.08.2005
Nach dem von härterer Rockmusik und Punk geprägtem Freitag stand für den Samstag größtenteils Rock und Pop auf dem Programm - und vor allem besseres Wetter. Die Vorhersage sprach von 5% Regenwahrscheinlichkeit und leicht bewölkt. Und so kam es auch - meist klarer Himmel. Was aber auch dazu führte, dass es in den Abendstunden und über Nacht empfindlich kalt wurde. Den campenden Fans wird in diesem sogenannten Sommer schon so einiges abverlangt.
Bei noch recht spärlichen Zuschauerzuspruch waren es die badischen Berliner TELE die den Mittag vor den ersten "größeren" Acts überbrücken mussten. Nichts desto trotz erreichte ihr Indiesound aus Pop und Rock mit deutschen Texten die Fans vor der Bühne und Beifall vom noch trägen Hang.
Rasch voll wurde es vor der Bühne und auf dem Hang dann vor dem Auftritt des ersten Senkrechtstarter des Tages - SILBERMOND. Das die Band schon beim Betreten der Bühne von den über 10.000 Fans frenetisch gefeiert wurde spricht für sich - dass das Publikum neben den überwiegend jugendlichen Fans auch genügend ältere Rockfans aufwies für die Musik von SILBERMOND. Ansonsten bekam man das zu hören was man wollte: Hits wie "Durch die Nacht", die Mitsingnummer "Zeit für Optimisten" und natürlich den melancholischen Gänsehautsong "Symphonie". Dazu kam noch "Mach’s dir selbst" in einer Reggae-Version und mit "Wissen was wird" ein Track der Live knallte. Das Sängerin Stefanie Kloß dann den Jungs der band auch noch trotz nur einer Stunde Spielzeit Raum für Soloeinlagen ließ - besonders das Basssolo kam gut an, zeigt dass hier die Bandchemie zu stimmen scheint. Und das SILBERMOND Live einen Tick härter rüberkommen als auf ihrer CD macht sie noch sympathischer. Die sollten auch zukünftig was reißen können, wenn sie sich weiterhin auf ihre eigenen Stärken konzentrieren und nicht dem totalen Mainstream erliegen. Echt guter Auftritt, den nicht mal ein kleiner Stromausfall was anhaben konnte.
Direkt am Anschluss daran gab auf der kleineren Sound For Nature Bühne (dieses Jahr zum ersten Mal keine Zelt, also echt Open Air) mit JULI aus Giessen die zweiten deutschen Senkrechtstarter zu hören und zu sehen. Wie erwartet war das weit kleinere Gelände total überfüllt und das Publikum hier jetzt doch sehr jung. Passend zum deutschen Sommer 2005 bemerkte Sängerin Eva dass hier im Taubertal der erste Auftritt seit Wochen mit Sonne stattfindet. Wie die Kollegen von SILBERMOND haben auch JULI erst eine CD am Start und füllten damit die Stunde Spielzeit: "Geile Zeiten", "Tränenschwer", "Anders", die neue Single "Warum" und als Highlight dann die "Perfekte Welle". Juli gingen auch schon recht routiniert zu Werke, auch wenn die Bewegungen auf der Bühne zum Teil noch recht bemüht wirkten und man gegen Ende leichte stimmliche Probleme hatte. Der Ersatzbassist machte dafür seine Sache durchweg ausgezeichnet und erhielt von Band und Zuschauer Sonderapplaus. Auch wenn die Fans JULI übermäßig abfeierten dürften SILBERMOND im direkten Vergleich vorne liegen.
Genauso voll war es dann bei den APOKALYPTISCHEN REITERN - auch nur auf der "kleinen Bühne" zu sehen fiel der Auftritt der Überfüllung und dem erschwerten Zugang für Pressevertreter zum Opfer. DIE APOKALYPTISCHEN REITER sind immer sehenswert - konnte ich dieses Jahr bereits zweimal feststellen. Auch beim Taubertal Festival schienen Tracks wie "Silence Of Sorrow", "Warum?", "Unter Der Asche", "Reitermania" und natürlich die "Die Sonne Scheint", "Sehnsucht" und "We Will Never Die" dem hören nach mehr als gut anzukommen. Die Thüringer erspielen sich zusehends eine treue Fanschar, was den strahlenden Gesichtern in den REITER-Shirts anzusehen war.
Derweil stieg vor der Hauptbühne die Spannung wer den der Überraschungsgast "Sir Prize" sein sollte. Das sich hinter Ankündigung "DER Unglaubliche! Idaho’s bester P-Funk Bassist seit "Bernd Le Pain" gibt sich die Ehre" Oberarzt Jan Vetter-Marciniak verstecken sollte hatte sich doch schon bei den Meisten rumgesprochen. Wer es jetzt immer noch nicht weis: Meister FARIN von den Ärzten sollte mal wieder einer seiner zwischen Punk, Rock und Ska angesiedelten Soloshows unter FARIN URLAUB zelebrieren. Wie zu erwarten war es auch wieder eine absolut überzeugende Show. FARIN standen noch seine gute aussehende Band zur Seite (weiblicher Bassist, weiblicher Schlagzeuger und eine rothaarige Teufelin an der Gitarre), eine Bläserchor und drei Backgroundsängerinnen in amerikanischen Polizeiuniformen (heiß). Wie gewöhnlich wurde kein einzigster Ärzte-Song gespielt - was dem Vergnügen keinen Abbruch tat. Wer die Texte der beiden FARIN URLAUB Solowerke nicht kannte der lernte recht schnell und konnte sich wohl den einen oder andern Lacher nicht verkneifen - manchesmal musste man sich aber auch einen Spiegel des Lebens in den augenzwinkernden Texten vorhalten lassen: "Glücklich", "1000 Jahre schlechter Sex", "Lieber Staat", "Porzellan", "Sonne" und das obligatorische "Abschiedslied". Farin ist ein Profi, keine Frage - aber er transportierte bei seinem Auftritt so viel Spielfreude und Spaß das es die Meute einfach mitriss. Die Ansagen gaben den Fans dann den Rest - klasse.
Den Abschluss bildeten dann die SPORTFREUNDE STILLER - die alleine schon ansagetechnisch meilenweit hinter Farin zurückblieben. Auch der Sound ließ im Vergleich zum vorherigen Auftritt etwas zu Wünschen übrig. Den jugendlichen, und vor allem weiblichen Fans in den ersten Reihen war’s egal - die schrieen was das Zeug hielt. Die Sportfreunde mögen ganz gut abrocken - dem Vorgänger konnten sie auch in dieser Hinsicht nicht das Wasser reichen - da halfen auch die lebhaften Diskussionen zum Thema Fußball nichts. Trotzdem: Die drei Jungs hauten auf ihre Instrumente ein und ließen auch das Gelabere nicht sein, so dass es für die Fans der Band der erhoffte Tagesausklang war.
(hardy)
Sonntag, 14.08.2005
Schlechte Wettervorhersagen müssen nicht immer zutreffen - oder auch manchesmal nur zum Teil. So geschehen beim Taubertal Festival 2005. Der als total verregnet angekündigte Sonntag ließ rechtzeitig vor dem Auftritt der beiden Sonntagshighlights sogar die Sonne raus und (fast) keinen Tropfen mehr runter.
Davor konnte man noch dem Sieger des größten europäischen Nachwuchswettbewerbs auf der Hauptbühne begutachten: ROCK HARD POWER SPRAY kommen aus Dänemark und brachten dem EMERGENZA - Wettbewerb einen Sieger der eine Mischung aus melodischen Heavy Sound und Hard Rock der Achtziger (die Jungs scheinen auch Iron Maiden zu mögen) sowie modernen Anleihen präsentierten - und das mit einem außergewöhnlich guten Sänger. Von denen sollten wir noch was hören - trotz des Bandnamens.
Um 19:30 Uhr betraten die Mittelalterrocker von IN EXTREMO unter Jubel zahlreicher Fans die Bühne vor standesgemäßer Kulisse, d.h. vor dem im Sonnenuntergang angestrahltem mittelalterlichem Rothenburg. Und auch nur für diesen Tag schienen viele Fans mit Genretypischen Kleidung und Tagesticket angereist zu sein. Und IN EXTREMO machten ihren Ruf als außergewöhnlich gute Liveband mit einer sehenswerten Show aller Ehren. Mit dem neu vertonten "Erdbeermund" startete der Set vor Bühnenaufbau mit Galgen furios. Mit den ersten Single ihres neusten Albums, dem auf Grund seiner vordergründigen Eingängigkeit umstrittenen "Nur Ihr Allein" kam dann richtig Stimmung auf - der Track zieht live, keine Frage. Weiter ging es mit einer Reise durch die Diskografie: "Herr Mannelig", "Spielmannsfluch", "Wind", das frenetisch mitgesungene "Vollmond", "Nymphenzeit" und das doch überraschende "Ave Maria". Höhepunkt des Sets war zweifelsohne der Liverperformance der zweiten Singleauskopplung "Horizont", zu welcher Marta (Sängerin von Die Happy) auf die Bühne kam und wie auf dem Album die weiblichen Vocals übernahm. IN EXTREMO konnten in der nur einen Stunde natürlich nicht alle Songs unterbringen welche die Fans hören wollten - eine Zugabe gab es leider auch nicht. Trotzdem - IN EXTREMO sind Live ein Hammer und haben es auch auf dem Taubertal Festival 2005 eindrucksvoll beweisen.
Sonntag Abend, kurz nach 21 Uhr war dann das Festivalgelände proppevoll - der Headliner stand an. Mit NIGHTWISH haben die Veranstalter hier einen der zur Zeit angesagtesten Acts des Rockbusiness verpflichtet. Und das NIGHTWISH eine Band ist, welche Fans quer durch alle Alters- und Bevölkerungsschichten hat, war dem gemischten Publikum deutlich anzusehen. Nach klassisch geprägtem Intro kam die Band gemächlich auf die Bühne und stimmte den Opener "Dark Chest Of Wonders" an - als dann Sängerin Tarja Turunen die Bühne im gelb-schwarzen Outfit betrat wollte der Beifallssturm erst mal nicht enden (Anmerkung: das Mikro war passend zum Kleid auch komplett in Gelb gehalten - Frau halt). Frau Turunen ist ja stimmlich über jeden Zweifel erhaben - aber auch ihre Liveperformance hat mittlerweile ein Format erricht, dass für NIGHTWISH eine (noch) goldenere Zukunft verheißt. Dazu kam noch eine gewohnt explosive Bühnenshow, will meinen Pyros, Rauch, Funken- und Konfettiregen - Herz was willst du mehr? Gute Songs natürlich - und die lieferten die Finnen auch ab: Ob die Nummer Eins Single "Nemo", "Planet Hell", die Klassiker "Wishmaster" und "The Kinslayer", "Slaying The Dreamer", die in finnisch gesungene Ballade "Kuolema Tekee Taiteilijan" oder die neue Singleauskopplung "The Siren" - Tarja und Co. können auf einen großen Fundus großartiger Songs zurückgreifen. Die beiden Coverversionen "High Hopes" (von Pink Floyd) mit einem ausgezeichnet singendem Basser am Mikro und "Over The Hills And Far Away" (Gary Moore) und das zehnminütige Epos "Ghost Love Score" setzen dem Ganzen dann noch die Krone auf. Den Schlusspunkt machte dann mit "Wish I Had An Angel" ein wahres Metalgewitter, was von weiteren Pyroeffekten und einem klatschenden Taubertal begleitet wurde. Auch hier zeigte Basser Marco Hietala wieder mal, das man seine Sangeskünste nicht unterschätzen sollte. Zum Abschied von Band und Fans gab es dann noch ein Feuerwerk vor dem mit Flutlicht angesträhltem Rothenburg.
FAZIT: Das zehnjährige Taubertal-Jubiläum war mit wenigen Abstrichen wieder mal eine durchweg gelungene Veranstaltung - auch wenn das Wetter nur bedingt mitspielte. Da kann man sich nur auf die elfte Auflage freuen. (hardy)