Konzert:

Summer Breeze 2012 - Samstag

Konzert vom 18.08.2012Am Sonntag morgen wurden wir von einer kleinen Maus geweckt, die es für eine gute Idee hielt, unter dem Zelt Knabbergeräusche von sich zu geben. Immerhin hat sie nichts angeknabbert. Damit haben wir es noch gut erwischt, denn bei einem der Autogramm-Zelte auf dem Infield hat eine Maus wohl die Zeltschnüre durchgenagt. Kriegen die Mäuse hier sonst nichts zwischen die Zähne?
Immerhin waren wir so rechtzeitig fit für AUDREY HORNE, die heute die Zeltbühne oder die „Party Stage“ eröffneten.



Ein "Kritikerliebling" ist eine Band, deren Bekanntheitsgrad es noch nicht über die erlesene Schar an Journalisten hinaus geschafft hat. So sah es auch bei AUDREY HORNE aus - die schreibende Zunft war vollständig im Zelt vertreten, aber außerdem waren an Otto-Normalbesucher nur diejenigen vor Ort, die entweder mitgeschleift worden sind, oder denen NAGLFAR und UNLEASHED musikalisch nicht zusagten. Dabei verpassten alle anderen die Band mit dem zweithöchsten Ohrwurm-Faktor des Festivals. Die Norweger spielen vielseitigen Hardrock und belegen die gesamte Bandbreite der Emotionen von selbst-zum-Feiern-noch-zu-gut-gelaunt bis schwermütig. Zu den Partykrachern, die ihr schon mal antesten könnt, bis die Band das nächste Mal in eurer Stadt spielt, gehören "Bridges And Anchors", "Confessions And Alcohol" und "There Goes A Lady", zu den nachdenklicheren, aber nicht weniger mitreißenden "Down Like Suicide", "Charon", oder "Sail Away". Und eigentlich ist es noch viel unverständlicher, dass AUDREY HORNE noch keine Weltkarriere haben, denn auf die Band können sich Black Metaller, Düsterheimer und Rocker einigen. Kein Wunder, schließlich ist die Band das Ventil für ENSLAVED-Gitarrist Ice Dale, wenn die Songs seiner Hauptband mal zu verkopft sind. An der anderen Gitarre zupft Thomas Tofthagen von SAHG, und beide liefern sich tolle doppelläufige Melodielinien. Am Bass war bisher King ov Hell von GORGOROTH, dem seine anderen Bands jetzt aber wohl doch zu viel Arbeit machen, also hatten Audrey Horne einen anderen blonden Norweger an den vier Saiten dabei. Und vorne springt Sänger Toschie herum und hat außer einer guten Stimme noch geile Tattoos und Charisma für drei. Auf keinen Fall beim nächsten Gig verpassen!



Huch! Da sitzt ja schon wieder ein anderer Schlagzeuger bei SEPULTURA hinter den Drums! Also, für alle, die das auch nur aus den Augenwinkeln mitbekommen haben: Igor Cavalera hat die Band schon vor fünf Jahren verlassen, die Verlegenheitslösung Jean Dolabella blieb bis letztes Jahr - und jetzt versetzt Eloy Casagrande der Bass Drum einen Arschtritt. Und was für einen! Für SEPULTURA scheint mit dem neuen Felldrescher ein neuer Frühling angebrochen zu sein. Nur um mit ihrem fast 20 Jahre jüngeren Drummer mithalten zu können, geben Andreas Kisser, Paolo Junior (ganz genau, die letzten beiden Original-Mitglieder) und Derrick Greene noch mal richtig Gas auf der Bühne. Und die Setlist läßt auch keine Wünsche übrig. Wer war eigentlich dieser Cavalera?!



Setlist SEPULTURA


Intro

Beneath

Refuse/Resist

Kairos

Relentless

Convicted

Dialog

Choke

Mask

Substraction

Territory

Arise

Rattamahatta

Roots



Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass es dieses Jahr auf dem Summer Breeze sehr, sehr heiß war? Der gestrige Tag lud ja schon zur Abkühlung ein - der heutige brach mit Temperaturen bis zu 35° Celsius die bisherigen Rekorde. SEPULTURA hatten das Glück, auf der großen Bühne zu spielen, die mit jeder Minute mehr Schatten für die Fans davor bot. Dafür waren sie im Kontrast Sonne - Lichtshow weder auf der Bühne noch auf der Leinwand zu entdecken. Ganz anders bei LACUNA COIL. Die Italiener machten ihrem Ruf als heißblütige Südländer alle Ehre und heizten dem Publikum weiter ein. Mit klarem Farbkonzept auf der Bühne (schwarz-weiß-rot) waren Andrea Ferro und Cristina Scabbia deutlich zu sehen. Während beide nicht nur sangen, sondern wie die Flummis über die Bühne fegten, verschluckten sich manche im Publikum am warm werdenden Kaltgetränk - das war definitiv die schweißtreibendste Open-Air-Show des Jahres 2012! Bei der Songauswahl wurden keine Gefangenen gemacht: Gespielt wurde, was diese außergewöhnliche Turnstunde weiter angetrieben hat!



Setlist LACUNA COIL

I Don't Believe in Tomorrow

I Won't Tell You

Kill The Light

Heaven's A Lie

Our Truth

Upsidedown

To The Edge

Fragile

Give Me Something More

Trip The Darkness

Spellbound



Die Zeit zum Abkühlen nahmen sich viele Fans nun bei PARADISE LOST. Das war unfair, besonders gegenüber dem nimmermüden Aaron Aedy (das ist der Rhythmus-Gitarrist, dessen Haare vom Hinterkopf zum Bart gerutscht sind), der mit Hingabe jeden Song vom ersten bis zum letzten Takt an der Bühnenkante abfeierte und dazu bangte. Die Engländer stiegen mit drei aktuellen Songs in den Set ein - aber ab "Forever Failure" kamen einige aus dem Schatten gelaufen und feierten die Engländer endlich auch verdient ab. Stimmlich und performance-technisch war das einer der besseren Gigs von Sänger Nick Holmes - doch, das passte alles. Und nun "Say Just Words" to me...



Setlist PARADISE LOST

The Enemy

Honesty In Death

Erased

Forever Failure

Tragic Idol

Pity The Sadness

One Second

As I Die

Fear Of Impending Hell

Enchantment

In This We Dwell

Faith Divides Us

Say Just Words


Wo wir gerade beim Bühnenhopping sind: Mit OOMPH! geht es auf der Pain Stage weiter. Die Braunschweiger gehen im Matrosenanzug auf die Bühne. Ganz habe ich das Konzept nun nicht verstanden, aber machen OOMPH nun weiter damit, Kindheits-Traumata aufzuarbeiten? Gehören auch Matrosen-Uniformen dazu? Ja sind wir denn beim Nesthäkchen? Aber wer jetzt lästert, verkennt, dass OOMPH! doch einige Hits im Köcher haben. Und einen nach dem anderen verschießen.



Setlist OOMPH!

Unzerstörbar

Labyrinth

Mein Schatz

Niemand

Bis der Spiegel zerbricht

Mitten ins Herz

Sex hat keine Macht

Auf Kurs

Seemannsrose

Träumst du

Kleinstadtboy

Gott ist ein Popstar

Zwei Schritte

Sandmann

Augen auf



Gelästert wird dagegen bei ASP. Ich versteh diese Band einfach nicht, und das ging nicht nur mir so. Ist ja auch schön, wenn eine Band so polarisiert...



Gelästert... Nein, über Greg Mackintoshs VALLENFYRE wird nicht gelästert. Die Brachial-Walzen von Songs sind so ziemlich das persönlichste, was ein Mensch an Musik schreiben kann, der PARADISE LOST-Gitarrist hat sich damit die Trauer nach dem Tod seines Vaters von der Seele geschrieben und daheim auch alles selbst eingespielt. Erst Vertreter seiner Plattenfirma haben ihn dazu überredet, die Platte zu veröffentlichen - und so kommt eines zum anderen, und wir stehen mit ihm, seinem PARADISE LOST-Schlagzeuger Adrian Erlandsson, dem ehemaligen MY DYING BRIDE-Gitarristen Hamish Glencross und einem uns nicht bekannten Bassisten im Zelt. Und wundern uns, so wie einige andere Zuhörer auch. Die Songs sind eine Melange aus Doom, Crust und frühem Death Metal geworden, das ist dem Thema angemessen und angesichts von Gregs Historie auch nichts verwunderliches. Allerdings - Greg kann nicht singen. Wirklich nicht. Und das macht die wütenden Elegien wirklich - tragisch.



Die Show von AMON AMARTH sollte eine ganz besondere werden: Die letzte vor dem nächsten Album. Die letzte in der bisherigen Konstellation von Business-Partnern. Die letzte mit ihrem Schlagzeug-Techniker, von dem sich die Band während des Konzertes noch sehr lustig verabschieden werden. Und deswegen fahren die fünf Schweden auch fett auf. Das heißt, die Bühnendekoration ist relativ einfach gehalten, kein Wikingerschiff und keine seltsamen Rampen. Stattdessen wurde in Licht und Feuer investiert. Während die ersten Pyros bei "War Of The Gods" hochgehen, suchen wir uns noch ein Plätzchen auf den Platz, denn das komplette Feld vor der Bühne ist voll. Dann wird das musikalische und audiovisuelle Feuerwerk abgebrannt (dafür geb ich gern 5 EUR ins Phrasenschwein!). Man merkt, dass die Band sich bei jedem Detail Gedanken gemacht hat, schon allein, wie Johan Hegg zu "Twilight Of The Thundergod" mit einem überdimensionierten Thorshammer auf den Boden drischt und damit die Pyros zu dem Song startet. Nach dem Song soll Drumtech Holger Hahn per Stagediving von der Bühne verabschiedet werden - die Band entschließt sich dann aber doch noch, "Guardians of Asgaard" mit Techniker für Fred zu Ende zu führen. Und als hätte man nicht schon genug interessante und bisher noch nicht gesehene Pyro-Effekte gesehen, setzt der Veranstalter des SUMMER BREEZE noch einen drauf: Nach der Show von AMON AMARTH findet das große Abschieds-Feuerwerk statt. Und damit haben sie es tatsächlich geschafft, die eh schon beeindruckende Pyro-Show der Wikinger zu krönen!



Setlist AMON AMARTH

War Of The Gods (Pyros)

Runes To My Memory

Destroyer Of The Universe

Death In Fire (Pyros)

Live For The Kill (Pyros)

Cry Of The Blackbirds

Fate Of Norns

Pusuit Of Vikings

Northern Star

For Victory Or Death (Pyros)

Victorious March (Pyros)

Twilight Of The Thundergod (Pyros)

Guardians Of Asgaard (Pyros)



Nach AMON AMARTH kann eigentlich nichts mehr kommen. Doch die Stockholmer Nachbarn von KATATONIA sehen das anders und spielten einen der besten Gigs ihrer Karriere. Oder zumindest: Des aktuellen Line-Ups. Die Setlist kam der Quadratur des Kreises sehr nahe, und mit "Buildings" wurde sogar ein Einblick ins aktuelle Album vorgenommen. Musikalisch großartiges Ende eines tollen Festivals!



Setlist KATATONIA

Forsaker

Liberation

My Twin

The Longest Year

Nephilim

Soil's Song

Teargas

Omerta

Evidence

July

Buildings

Leaders



... also wir, wir kommen wieder!




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