Konzert:
Summer Breeze 2006 - Donnerstag
by Gast

Ausnahmsweise schaffte es die MI-Delegation dieses Jahr pünktlich zur ersten Band des Festivals vor Ort zu sein. Jedoch machte sich schon gleich zu Anfang Verwirrung breit. Im Billing hatten sich kurzfristige Veränderungen ergeben - REGICIDE fielen aus, VOLBEAT rutschten weiter nach vorne und den Openerslot füllten nun die Death Metal Ingenieure Subconscious aus Stuttgart. Und das machten sie ziemlich gut, obwohl sie auf der großen Mainstage doch noch ein wenig verloren und schüchtern wirkten. Das könnte aber auch daran gelegen haben dass es allerhöchste Konzentration erfordert, die komplexen Riffs und deren Abfolge fehlerfrei abzufeuern. Das zu diesem Zeitpunkt bereits zahlreich anwesende Publikum brauchte zwar ein wenig Anlaufzeit, jedoch ernteten die Schwaben mehr als nur Höflichkeitsapplaus. Ein gelungener Auftakt fürs diesjährige Breeze.
Auch die Painstage blieb von Veränderungen im Billing nicht verschont. So sprangen für die angekündigten Metal Coreler FEAR MY THOUGHTS, deren Sänger wohl im Studio zu viel Gas gegeben hatte, die Newcomer Tourettes Syndrome aus Sydney ein. Und die Aussies machten heftig einen los. Zwar man sich anfangs nicht sicher ob es sich bei der Vokalakrobatin Michelle um Männlein oder Weiblein handelte, dennoch überzeugte die New Metal-Combo auf ganzer Linie. Fette Riffs und ordentlich Bewegung vom dreadbelockten Frontdynamo sorgten für einen Haufen neuer Fans. Da sie nicht wirklich wie KORN und Konsorten klangen, sondern eher eine ganze Schüppe härter zu Werke gingen, wurden auch eingefleischte Death Metal-Anhänger hellhörig. Insgesamt erreichten TOURETTES SYNDROME ein breit gefächertes Publikum und machten keine Gefangenen.
Für ein eher kurzes Zwischenspiel auf der Mainstage sorgten nun Volbeat. Die Pechvögel hatten auf der Autobahn wohl eine Panne, die dafür sorgte, dass letztendlich nur noch Zeit für fünf Songs über blieb. Diese jedoch wurden dafür umso intensiver dargeboten, was den hungrigen Fans natürlich sehr entgegen kam. Metal’N’Roll made in Danmark mit einer Stimme, die dem King zur Ehre gereichen würde. Nur war die Show leider viel zu kurz. Wer aber nun Blut geleckt hat, kann die Band auf der anstehenden Tour mit HATESPHERE und RAUNCHY etwas länger genießen.
Wenn auf eine Band immer Verlass ist, dann sind das die Doom Coreler Undertow, die das auch schon mehrere Male auf dem Breeze unter Beweis gestellt haben. Auch im diesjährigen Festivalsommer spielen sich UNDERTOW wieder den Arsch ab und trumpfen mit ihren neu hinzugewonnenen Erfahrungen auf, die sie auf der gemeinsamen Tour mit PRO-PAIN sammeln konnten. Der Schwerpunkt der dargebotenen Songs lag auf denen des aktuellen Albums "Milgram", welches moderner und aggressiver ausgefallen ist, als die Alben zuvor. Somit wirken die drei auch auf der Bühne viel dynamischer als jemals zuvor. UNDERTOW lieferten eine intensive Show, deren Intensität auch auf das Publikum überschwappte, welches sich sehr gerne von den sympathischen Schwaben mitreißen ließ.
Mit Neaera gab es nun Metal Core der heftigen Sorte auf die Ohren. Man merkte den Jungs aus Münster ihre Begeisterung an, auf einem derart großen Festival spielen zu dürfen. Dass die Band aber dermaßen die Abrissbirne kreisen lassen würde, damit hätte niemand gerechnet. Geiles Geballer, das schon auch mal in deathmetallischen Gefilden wildert. Bewegungstechnisch wurden auch einige Kilometer zurückgelegt, was richtig was fürs Auge war. Gegen Ende des Sets war jedoch ein wenig die Luft raus, aber unterm Strich zeigt der Daumen für NEAERA nach oben.
Dann ging es zur Erkundung des Geländes, denn nicht nur kulinarisch hat das Summer Breeze jedes Jahr eine Menge zu bieten, sondern auch der Metal-Market ist immer einen Abstecher wert. Klamotten, CDs, Nietenkram - alles da, was das Metal-Herz begehrt.
Saltatio Mortis zeigten als erste "etwas andere” Band des Festivals allen Nörglern was ne Harke ist und so manchen der im Vorfeld lautstark die Meinung vertrat, dass so eine Band nix auf nem Metal-Festival zu suchen hätte, sah ich im Laufe der Show dann doch mitwippen. Die Painstage selbst war mit den sieben Musikern mindestens genauso gut gefüllt, wie Publikum vor der Bühne stand und ordentlich am feiern war. Dabei sah man vom derbsten Metalhead bis hin zum Edelgothic so ziemlich alles - wenn das mal nicht den "United"-Stempel verdient hat…
Die Songs selbst luden ja auch richtig zum Partymachen und mitgrölen ein, wobei SALTATIO MORTIS den einen oder andere Hit auf der Pfanne haben wie zum Beispiel "Falsche Freunde" oder auch "xxx" vom aktuellen Album "Des Königs Henker". Die versierte Show mit den alten Instrumenten tat ihr übriges um die Fans auf ihre Seite zu ziehen. Demzufolge wollten diese sie auch gar nicht mehr von der Bühne lassen - zum Leidwesen der nachfolgenden Bands.
Moonspell wollten nämlich unbedingt auf die Bühne. Und dort oben fühlten sie sich auch pudelwohl. Vor einer eindrucksvollen Kulisse legten sich die Portugiesen mächtig ins Zeug und ließen sich nur zu gerne feiern. Mit ihrem neuen Scheibchen "Memorial" fanden sie endlich wieder zu alter Stärke zurück, wobei Alben wie "Darkness And Hope" und "The Antidote" beileibe keine schlechten Platten waren. Sänger Fernando stellte in den Ansagen seine Deutschkenntnisse unter Beweis und erntete dadurch einige Sympathiepunkte. Klassiker des düsteren Metals wie "Opium" und "Alma Mater" wurden mit viel Resonanz von Seiten des Publikums aus der PA geblasen, aber auch die Songs neueren Datums machten die Show zu einer runden Sache.
Mit 1349 trat dann die erste Black Metal-Kapelle auf den Plan. Im Gegensatz zu manch anderen Bands des Genres, gibt es bei 1349 noch Corpsepaint satt und old-school sowieso. Zwar musste man diesmal auf Drummer Frost verzichten, dafür gab es aber mit Tony Laureno, der auch schon bei NILE und MALEVOLENT CREATION die Felle verdroschen hat, einen mehr als gleichwertigen Ersatz. Die Band bot in 45 Minuten ein geiles musikalisches Inferno wobei das Hauptaugenmerk auf den Stücken des neuen Albums "Hellfire" lag. Aber auch die älteren Sachen kamen nicht zu kurz.
Finntroll ohne ihren langjährigen Fronttroll Wilska zu sehen ist schon ein bisschen seltsam. Noch seltsamer ist es allerdings, Vreith an dessen Stelle zu sehen, der von der Statur her gleich zwei Mal in Wilska reingepasst hätte. Musikalisch hingegen ließen die Humppa-Metal-Trolle jedoch mal wieder nichts anbrennen und boten erneut ganz großes Kino. Auch stimmlich macht Vreith weit mehr her, als er aussieht, wodurch geile Bratzen wie "Trollhammaren" immer noch die totale Macht sind. Aber auch Songs von "Jaktens Tid", "Midnattens Widunter" und vom aktuellen Album "Nattfödd" wurden zum Besten gegeben. Ein gelungener Querschnitt aus dem Backkatalog ließ so richtig die Kuh fliegen.
Zum Einbruch der Dunkelheit gab es dann von ASP den passenden Soundtrack dazu. Zwar waren nicht alle Anwesenden dieser Meinung, aber ein Großteil freute sich wohl sehr über die deutsche Gothic-Ikone, die aber selbst innerhalb der Gothic-Szene stark polarisiert. Jedenfalls machte sich die Band viel Mühe damit, ihre Songs auch optisch gut in Szene zu setzen und arbeitete viel mit Licht und Pyroshow.
Jetzt war es aber Zeit für eine Band, die mit SODOM und DESTRUCTION damals wie heute die Speerspitze des deutschen Thrash Metals bilden: Kreator.
Die Jungs um Fronter Mille ließen sich auch nicht lange bitten und stürmten motiviert auf die Mainstage, die mittlerweile mit einigen Podesten und Treppen ausgestattet worden war. Neben neuen Songs wie "Enemy Of God" und "Impossible Brutaliy" durften auch die Songs vom Comebackalbum "Violent Revolution" und Klassiker in Form von "Extreme Aggression" oder "Pleasure To Kill" nicht fehlen. Mille hatte zwar ein paar stimmliche Probleme, aber der Rest hat durchaus gepasst. Zudem ist er ein supersympathischer Frontman, der souverän durch die Show führte. Mit KREATOR hatte man genau den richtigen Headliner für den ersten Tag erwischt. Katatonia fielen leider dem arbeitsbedingten verfrühten Aufbruch zum Opfer.