Konzert:

Sonic Syndicate, Deathstars, On The Floor - Hamburg, Markthalle

Konzert vom 13.03.2009Über die Vorband ON THE FLOOR werfen wir an dieser Stelle das Mäntelchen
des Schweigens - wahrscheinlich sollten 3 Bands für 22 EUR besser
klingen als 2 Bands. Trotzdem schickte man die Band aus dem direkten
Arbeitsumfeld der Markthalle quasi direkt nach Türöffnung auf die
Bretter. Schwamm drüber.



Nach unserem Bericht über das letzte Gastspiel der DEATHSTARS hier in
der Hamburger Markthalle (allerdings im kleineren MarX) hagelte es
Leserkommentare über die "metrosexuelle" Show von Frontdiva Whiplasher
Bernadotte - die DEATHSTARS haben offensichtlich polarisiert. Die
homoreotischen Anspielungen blieben heute weitestgehend außen vor, die
eindeutig-zweideutigen Kommentare betrafen hier ausschließlich die
Interaktion zwischen Männlein und Weiblein - und die Umstände, dass
selbst die "unschuldigsten menschlichen Wesen durch die Deathstars an
die Welt der Verführung und Abgründe herangeführt werden. Der Nabel
dieser Welt ist Hamburg". Klar, mit dieser Ansage sollte nicht nur die
Stadt mit der geilen Meile gebauchpinselt werden, sondern es waren auch
die schwedischen Landeier SONIC SYNDICATE gemeint, die bisher mit in
Sachen Groupies eher zivilisierten Bands getourt haben. Wie sehr sich
beide Bands auf dieser Tour in die Herzen geschlossen haben, sollte sich
im Verlauf des Abends noch herausstellen, die Fangruppen waren zunächst
geteilt: etwa 600 Leutchen füllten die Markthalle (ohne Oberrang) recht
eng aus, und bereits zu "Night Electric Night" gingen die Arme nach oben
und es wurde aus vollem Herzen gekreischt. Zu letzterem sollten
Whiplasher und die Gitarristen Nightmare Industries, Cat Casino sowie
Bassist Skinny Disco noch einige Male verführen. Allerdings, wie bereits
gesagt: Das Publikum war geteilt, die eher jüngeren und eher männlichen
Anhänger von SONIC SYNDICATE blieben wie angewurzelt und teilweise mit
offenen Mündern stehen oder begaben sich ins Foyer zum Biertresen, die
Mädels kreischten, tanzten und klatschten. Damit letzteres auch genau im
Takt vonstatten ging, hat die Saiten-Fraktion eine neue Choreografie
perfektioniert: Das Riff wird angerissen und mit linken Hand gehalten,
während die rechte zwischen jedem Schwinger das Klatschen oder die
Pommesgabel dirigiert. "Da ist ja gar kein Keyboarder! Spielen die
Playback?" fragte mein Nachbar erstaunt. Nein, aber die Chöre, Keyboards
und Streicher kommen vom Sampler. Und das ist vor allem für Drummer Bone
W Machine eine Auszeichnung, denn der steuert den Sampler und muss
aufpassen, dass alles im Takt bleibt, damit die eingesampelten Töne
nicht womöglich schneller vorbei sind als der Rest der Band. Allerdings
scheinen sich auch einige Basspuren auf der Konserve befunden haben,
denn der Sound war vor allem - matschig und schwer zu ertragen -
entweder zu basslastig oder zu laut. Trotzdem war nach "Blitzkrieg"
(lautstark bereits ab "New Death Nation" von den ersten Reihen
gefordert), "Blood Stains Blondes" und "Cyanide" dieses furiose Death
Glam Entertainment viel zu schnell vorbei. Und dieses Mal war das
Publikum ungeteilt in den Rufen nach einer Zugabe, die in Form von
"Death Dies Hard" auch kam. Einige Bonmots noch: "Tongues" sei nach
einem der letzten von nun insgesamt 4 Konzerten in der Markthalle
geschrieben worden, als eben so eine Zunge den "kleinen" Whiplasher
liebkoste (das kann nicht sein, denn der Song ist vor dem ersten
HH-Konzert entstanden). Bei "Trinity Fields" rief Whiplasher zu
rhythmischen "Hail Satan"-Rufen in der Pause vor der Strophe auf - die
DEATHSTARS haben doch auf der alten Black Metal-Schule die Bank
gedrückt, und das scheint auch durch silbernen Glimmer auf der Wange...



Setlist DEATHSTARS:


01. Night Electric Night

02. Motherzone

03. Mark Of The Gun

04. Tongues

05. Last Ammunition

06. Fuel Ignites

07. New Dead Nation

08. Trinity Fields

09. Chertograd

10. Blitzkrieg

11. Blood Stains Blondes

12. Cyanide

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13. Death Dies Hard




SONIC SYNDICATE

Das Bühnenbild wurde komplett umgebaut, von düster-stilvoll auf
rot-bunt. Bei Starships "We Built This City" wussten Hardcore-Fans
schon Bescheid und sangen sich warm - ausgerechnet ein Song aus der
Dekade meiner Eltern ist die Einmarsch-Hymne der Jungspunde SONIC
SYNDICATE! Also Nebel an, rotes Licht und - man traute seinen Augen
kaum, denn die DEATHSTARS hatten ihre vielgeliebten Kollegen einmal voll
umgestylt! Statt im üblichen Baggy-Pants-Look kamen SONIC SYNDICATE mit
russischen Armeehüten und den Uniformjacken der DEATHSTARS auf die
Bühne. Statt nur Kajal gab es noch tonnenweise Glitter oben drauf! Und
das beste: Es stand ihnen! Selbst Roger Sjunesson, musikalischer Kopf
der Band und so spirrelig, dass er optisch auf der Bühne neben seinen
bulligeren Brüdern Robin (git) und Richard (vox) immer ein bißchen
untergeht, sah im Styling der Stockholmer richtig gut und charismatisch
aus!
Charismatisch aber nicht nur das Aussehen, auch in Sachen Stageacting
scheint ihnen diese Tour richtig gut zu tun: Je größer die Bühne, desto
besser können sich Richard und Roland Johansson (clean vox) darauf
austoben. Karin und die Gitarren-Brüder tun dies ohnehin. Auch in Sachen
Ansagen haben die beiden am Mikrofon gelernt - peinlich war gestern
(besonders auf der Dark Tranquillity-Tour), SONIC SYNDICATE schwimmen
sich frei. Und das tut das Publikum auch. Von dem sind zwar nur noch
etwa 400 geblieben, aber die organisieren sich sogar ihre erste Wall of
Death selbst. Geleiten die beide Sänger sicher auf ihren Händen ein paar
Meter in die Markthalle hinein und wieder zur Bühne zurück. Warten nur
auf das erste Handzeichen zum Circle Pit um sich dann richtig
auszutoben. War der Schweiß bei den DEATHSTARS eher dick und ein bißchen
opium-süß ist er bei SONIC SYNDICATE 100% sportlich. Natürlich
funktionieren auch deren Lieder nur mit Sampler, aber der Sound stimmt
hier - und ich habe eine Band für mich wiederentdeckt, die ich mir schon
fast über gehört hatte! Spitze Schreie gab es hier auch - aber die
galten doch wieder nur den DEATHSTARS. Die scheinen ihre jüngeren
Kollegen echt zu schätzen, schauten sich im legeren Streifenlook deren
Set vom FOH-Pult aus an - um dann zu "Contradiction" doch wieder
halbnacksch über die Bühne zu hüpfen und SONIC SYNDICATE noch mal
ordentlich anzufeuern. Und doch selbst den Applaus zu kassieren...



Ach ja: Wenn dieser sehr spezielle Abend nicht noch feuchtfröhlich auf
der Reeperbahn zu Ende gegangen ist, dann fresse ich ne Packung Kondome!



Setlist Sonic Syndicate:



1. Encaged

2. Jailbreak

3. Flashback

4. Denied

5. Aftermath

6. Power Shift

7. Red Eyed Friend

8. Contradiction

9. Prelude To Extinction

10. Fallout

11. Jack Of Diamonds

12. Psychic Suicide

13. Blue Eyed Friend