Social Distortion, Backyard Babies, Cooper - Bern, Reitschule
Die drei Holländer von COOPER machten den Anfang, hatten es dabei aber alles andere als leicht. Zum einen war die Halle noch nicht einmal halb voll, als sie um acht ihr Set begannen - das Wetter war einfach zu gut und der Vorplatz der Reitschule zu einladend zum bierseligen Abhängen - und zum anderen hatten sie auch sehr mit dem Sound zu kämpfen. Die durch die fast völlig nackten Betonwände und hohen Decken bedingte schlechte Akustik der großen Halle der Reitschule trug dann noch ihr übriges dazu bei, so dass man lediglich ein wummerndes, hallendes Schlagzeug, undifferenzierten Gesang und irgendwo im Hintergrund sägende Gitarren ausmachen konnte, wobei man die Harmonien eher erraten musste. Bei dem, was man heraushörte, schien es sich um melodischen Old School-Punkrock mit gelegentlichen Hochgeschwindigkeits-Attacken zu handeln, was ja nicht grade verkehrt ist, aber ein wirkliches Urteil über die Band konnte man sich leider nicht bilden. Daher muss man es den drei Musikern eigentlich umso höher anrechnen, dass sie sich durch die widrigen Umstände nicht haben entmutigen lassen, sondern ihr 25-minütiges Set mit Energie und Spielfreude durchgerockt haben. Und dafür gab´s dann vom Publikum auch immerhin einen Achtungs-Applaus.
Als die BACKYARD BABIES dann um kurz vor neun die Bühne betraten, hatte sich die Halle schon deutlich gefüllt, und bei den ersten Tönen hörte man, dass sich auch der Sound, wenn auch fast unwesentlich, verbessert hatte. Wer die Schweden schon mal live gesehen hat, wusste natürlich, was einen hier erwartete: Pseudomännliches Möchte-Gern-Rocker-Gehabe, Rumgepose, das an Albernheit grenzt und dazu eine flache Mischung aus Punk- und Garagenrock, wie sie weniger authentisch und eigenständig nicht sein könnte. Und genauso war es dann natürlich auch. Und trotzdem - man musste sich an diesem Abend eingestehen, dass die BACKYARD BABIES objektiv betrachtet ganz einfach eine gute Live-Band sind. Sänger Nicke Borg hatte binnen kurzer Zeit das Publikum im Griff, und auch der Rest der Band wirkte zwar routiniert und locker, ging gleichzeitig aber auch mit so viel Energie und Spaß am Rocken zur Sache, dass die sich stetig vergrößernde Zuhörerschaft größtenteils schon gut mitging und die Jungs auch dementsprechend abfeierte. Also eine gute Leistung der BABIES an diesem Abend, noch viel mehr, weil augenscheinlich die wenigsten Konzertbesucher wegen ihnen da waren.
Um zehn war es dann endlich Zeit für die Band, wegen der alle gekommen waren. Zur Intro-Musik enterten die Musiker - durch einen Keyboarder verstärkt - die Bühne, und als letzter kam natürlich Mike Ness himself. Kaugummi kauend, in Lederjacke und mit tief in die Stirn gezogenem Käppi, marschierte er zur Bühnenmitte, erhob beide Hände zum Victory-Zeichen, ließ sich kurz abfeiern, zog dann die Jacke aus, hängte die Gitarre um, und los ging´s mit "Reach For The Sky", dem Opener des letzten Albums. Was dann folgte, war eine großartige Best-Of-Show quer durch ein Vierteljahrhundert SOCIAL DISTORTION. Neben einigen neuen Songs gab es natürlich auch alte Kracher wie "Sick Boy" und "Mummy´s Little Monster" zu hören, und auch die Zeit dazwischen wurde mit Stücken wie "Don´t Drag Me Down" komplett abgedeckt, das Mike Ness George W. Bush widmete und vor dem er das Publikum ein kräftiges "You Cocksucker" grölen ließ. Zu "Sometimes I Do" wurde dann noch mal ein Teil der BACKYARD BABIES auf die Bühne gebeten.
Den Musikern sieht man ihr Alter mittlerweile an, und auch der bis unters Kinn zutätowierte Mike Ness ist trotz gut trainierter Oberarme um den Bauch herum deutlich fülliger geworden und sieht leicht verbraucht aus - natürlich nicht ohne Grund - aber trotzdem besitzt er immer noch seine mitreißende Ausstrahlung und scheint auch noch in seinen besten Jahren die coolste Sau des Universums zu sein. Leider sprang der Funken aber nicht komplett auf das Publikum über. In den vorderen Reihen ging es zwar ordentlich ab, und die Ordner hatten alle Mühe, die über den Köpfen getragenen Leute von der Bühne fernzuhalten, aber weiter hinten wurde nur verhalten getanzt oder mitgewippt, und Pogo scheint in der Schweiz nicht allzu verbreitet zu sein. Ist eben doch ein gemütliches Völkchen. Der Gerechtigkeit halber muss aber gesagt werden, dass ich das hier auch schon anders erlebt habe und sicherlich die Halle Mitschuld trug, da sie wenig Atmosphäre besitzt und auch der Sound, trotz starker Verbesserung im Vergleich zu den Vorbands und obwohl es inzwischen rappelvoll war, immer noch recht undifferenziert war. Als nach 70 Minuten Spielzeit das reguläre Set zu Ende ging, wurden die Schweizer aber doch endlich laut und forderten aus voller Kehle Zugaben ein. Und sie bekamen gleich drei Stück: Das ruhige "Footprints On My Ceiling" vom letzten Album, das "Ring Of Fire"-Cover, das besonders live eine ungeahnte Intensität entfaltete, und schließlich das grandiose "Story Of My Life" als krönenden Abschluss.
Die Betreiber der Reitschule sollten ernsthaft über Möglichkeiten der Klangverbesserung nachdenken, und eine Lüftung wäre auch eine sinnvolle Investition. Und die Bier-Situation war zeitweise geradezu katastrophal - eine Theke ist einfach zu wenig für ein Punkrock-Konzert dieser Größenordnung. Aber wir wollen mal nicht meckern - SOCIAL DISTORTION waren da und zeigten allen, dass sie von Ermüdungserscheinungen noch weit entfernt sind. Ein denkwürdiger Abend.