Schandmaul - Hamburg, Grünspan

Erste Hürde geschafft, irgendwie aus dem Getümmel auf der Straße im Club gelandet. Und dort wird es voll. Und immer voller. Und irgendwann passt einfach keiner mehr rein. Das, meine Damen und Herren, war die Definition von "restlos ausverkauft". Wenn ein Bier holen wie eine steinzeitliche Jagt nach dem letzten bisschen Wasser wird, wenn der Schweiß von der Decke tropft, wenn die Füße im Siff waten und wenn durch pures rumstehen bereits alles bis auf die Unterhose nassgeschwitzt ist. Wenn sich mehrere Leute um einzelne Sauerstoffmoleküle streiten und man die Luft schneiden kann. Dann sind SCHANDMAUL am Start. Und sie hatten kaum die Bühne betreten und mit "Geisterschiff" den Abend eingeläutet, da brodelte er bereits leise vor der Bühne, ihr Hexenkessel. Doch spätestens mit "Teufelsweib", dem verbreitetsten Girlie-Aufdruck des Abends, wich sowohl die anfängliche Reserviertheit der Band als auch die Bewegungshemmung des Publikums.
Einige Songs später, die Temperaturen und die Luftfeuchtigkeit erreichen subtropische Dimensionen, die Menge tobt, wahrscheinlich hätten SCHANDMAUL auch Kinderlieder singen oder rhythmisch im Takt mit dem Kopf gegen die Wand laufen können, es wurde gefeiert um des Feiers willen. Sowohl die neuen Songs fluppen routiniert, vor allem die älteren Sachen werden frenetisch vom Publikum mitgesungen. Das Publikum hängt Sänger Thomas an den Lippen, sein Lob über Hamburg, viele nette Sprüche, viel Mitleid mit dem schwitzenden Mob und die immer lockerer werdende Atmosphäre packt einfach jeden. Obs im Mittelalter wirklich nicht so heiß war wie er behauptet hatte, kann ich nicht beurteilen. Fakt ist, dass auch das "kachen gehen" mehrerer Instrumente, insbesondere der Akustikgitarre, nichts daran ändert, dass gerockt wurde, dass sich die Balken biegen. Als superfreundliche Geste und sicher auch aus Angst vor kollabierenden Menschen, verteilte die Security in rauen Mengen Wasser aus Flaschen und Bechern. Und so tanzte die Meute die vollen zwei Stunden des Konzerts ohne Pause durch. Selten kann man schöner hüpfende Geigerinnen und Flötistinnen auf einer Bühne sehen und selten nahm ich einer Band mehr ab, dass sie nach dem Konzert kurz vor tot waren. Und so beendeten sechs überglückliche SCHANDMÄULER und knapp tausend noch glücklichere Fans den brodelnden Hexenkessel Hamburgs, um danach noch fannah den Chartentry ihres Albums "Pech&Schwefel" zu feiern. Das war nicht nur restlos ausverkauft an diesem Abend, sondern auch verdammt eindrucksvoll!
Setlist SCHANDMAUL:
Geisterschiff
Teufelsweib
Drachentöter
Sichelmond
Leb!
Seemannsgrab
Dein Anblick
Das Duell
Powerdudler
Der Sumpf
Vogelfrei
Folkgeflüster
Stein Der Weisen
Das Tuch
Tyrann
Walpurgisnacht
Herren Der Winde
Letzter Tanz
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Sturmnacht
Gebt Acht!
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Kalte Spuren
Willst Du?