Konzert:

SACRED Reich, NIGHT DEMON - Aschaffenburg, Colos-Saal

Konzert vom 10.12.2019

Dienstag Abend, es ist ungemütlich draußen, kalt, feucht und dunkel. Da gibt es wenig Gründe warum ich meine warme Bude verlassen soll. Das Package SACRED REICH und NIGHT DEMON ist jedoch so einer.

Als ich im Colos-Saal eintrudle, ist der Laden schon zu gut 2/3 gefüllt. Pünktlich um 20 Uhr läuft dann auch das Intro und NIGHT DEMON starten den Abend. Sie legen mit “The Ritual“ gleich los wie die Feuerwehr. Es gelingt mir nur recht schwer die beiden Protagonisten am Bühnenrand, Jarvis Leatherby (Bass und Gesang) sowie Armand John Anthony (Gitarre) mit meiner Kamera einzufangen, da beide wie die Irrwische über die Bühne jagen. Die nächsten zwei Tracks “Full Speed Ahead“ und “Dawn Rider“ werden, ohne Luft zu holen, hinterher geschossen. Da viele alte Klassiker zu ihrem Repertoire gehören, wird bei “Dawn Rider“ der Motörhead-Hit “Overkill“ mit eingeflochten. Die Menge tobt bereits dezent und singt textsicher mit. Nach einer kurzen Begrüßung geht es dann aber auch sofort wieder mit “Hallowed Ground“ ab. Wenn man, wie die Jungs aus Ventura (Kalifornien), zwei bärenstarke Studioalben und eine sehr gute selbstproduzierte EP im Gepäck hat, ist es im Prinzip vollkommen egal, welche Nummern es in das 45 minütige Set schaffen. Hier zündet fast alles. Auf die Frage nach dem Grund für das frühe Erscheinen einer Livescheibe antwortete Jarvis einmal, dass er es toll finde, alle verfügbaren Songs live zu spielen und das gehe später nicht mehr. Das Schwergewicht wird mit 8 (von10) Titeln auf die ersten beiden Outputts gelegt und alleine von der EP werden außer “The Ritual“ noch “The Chalice“ und als Zugabe “Night Demon“ zum besten gegeben.
Zugabe beim Support...ja klar, da “Darkness Remains“ mit ausuferndem Outro zelebriert wird, kommt man halt noch mal auf einen Song raus.
Was den NWOBHM betrifft, gibt es aktuell keine Band, die das besser und authentischer macht ohne aus den 80ern zu stammen. Entsprechend wird das Trio dann vom mittlerweile gut gefüllten Saal frenetisch abgefeiert. Der Sound ist im großen und ganzen OK, nur der Gesang ist mir an vielen Stellen etwas zu leise.
Der anschließende Umbau geht recht zügig, so dass das Licht eine viertel Stunde später wieder erlischt.

Das Set startet ähnlich furios wie beim Support mit viel Speed in Form von “Divide & Conquer“ vom aktuellen Longplayer “Awakening“. Das Publikum ist ja schon auf Betriebstemperatur und geht auch sofort ab. Man könnte jetzt meinen, dass die Jungs um Mastermind und Sänger Phil Rind (auch Bass) einen schweren Stand hätten nach so einer starken Vorband - Fehlanzeige. Mit ihren beiden Gitarren nageln sie ein wahres Soundbrett ins Colos-Saal und Phil ist der Spass, auf der Bühne zu stehen, nicht nur anzusehen, sondern auch anzuhören. Mit “The American Way“ holen sie dann auch noch den Letzten im Auditorium ab. Phil schwört die Gemeinde dann mal eben auf die neue Scheibe ein und lässt weitere zwei Tracks, “Manifest Reality“ und “Awakening“, vom Stapel. Die Songs vom neuen Werk fügen sich nahtlos zwischen die Klassiker der Truppe aus Phoenix. “Love....Hate“ folgt und irgendwie kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass gerade das Album “The American Way“ ein wenig als Blaupause für “Awakening“ diente. Hiervon gibt’s noch “Crimes Against Humanity“ und “Who's to Blame“ zu hören.
Wahrscheinlich nicht zufällig wird der Großteils des Programms aus diesen beiden Scheiben bestritten. Als Phil dann kurz die Band vorstellt, merkt er schmunzelnd an, dass der Benjamin im Team Joey Radziwill (Gitarre seit diesem Jahr) noch nicht geboren war, als das letzte Studioalbum von SACRED REICH, “HEAL“ erschien. Gespielt wird davon aber nichts. Stattdessen fühlen sich die Zuschauer bei “Ignorance“ zu einem gepflegten Circlepit animiert. Die Stimmung ist nun auf dem Siedepunkt, so dass sogar Crowdsurfer im Ascheberscher Liveclub über die Köpfe gleiten um anschließend von der Bühne stagedivend wieder im Mob zu landen. Im Weiteren kommen nun noch Auszüge aus "Ignorance" mit “Death Squad“ und dem Titeltrack aus “Independent“ gesäumt von zwei Stücken aus der neuen Platte “Salvation“ und “Killing Machine“. Den Schlusspunkt unter einen phänomenalen Auftritt setzt die Band, nach ca. 80 Minuten, selbstverständlich mit “Surf Nicaragua“. Klar haben alle noch Bock weiter zu tanzen, zu singen bzw. gröhlen, zu surfen und skandieren lautstark Zugabe, aber eigentlich war die Gestaltung dieses schönen Oldschool-Abends von zwei überaus motivierten, spielfreudigen und sympathischen Bands rund und bedarf keines weiteren musikalischen Nachschlags.

Als ich dann gemächlich durch den Saal Richtung Ausgang schlendere, bemerke ich wieder die Irrwische, die mittlerweile im Merchstand wie wild hin und her springen und viel Freude am starken Andrang der zahlreichen Fans haben.

Genau so macht man das als junge Band, wenn man irgendwann Mal, nicht nur vom Musikstil her, Oldschool sein möchte.



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