Konzert:
Konzert vom 13.02.2009"Wo warst du gerade? Wer hat da gespielt? RISE AGAINST? Du meinst aber Rise Against, Strike Anywhere, Rentokill - Hamburg, Stadionsporthalle
schon die Punkband?" Das Unglauben meines Freundes konnte man fast durch
den Telefonhörer hindurch mit Händen fassen.
Denn RISE AGAINST sind die
Band der Stunde und haben im Handstreich die Konzerte der aktuell zu
Ende gegangenen Europatour ausverkauft. Hamburg wurde gar zweimal
höhergestuft - vom ursprünglich angesetzten Grünspan war schon innerhalb
zweier Tage nichts mehr zu hören, das Ausweichquartier Docks war nach
zwei Wochen ausverkauft, also nun die Sporthalle - und die war auch
ausverkauft!
Das geschulte Auge sieht der Bühnenshow an, dass RISE AGAINST versucht
haben, den größeren Platz auf der Bühne zu füllen, das Backdrop war der
Sporthalle angepasst und wurde mehrere Male im Set gewechselt. Aber
damit hatten sich die großen Show-Effekte schon erledigt, und RISE
AGAINST lieferten, was mein Freund bereits angekündigt hatte: Eine
Punk-Show! Die geballte Faust gehört nicht nur ins Bandlogo, sondern ist
immer noch Haltung, auch wenn die Band inzwischen kommerziell
erfolgreich ist. Der Spagat zwischen Ohrwurmhits mit hohem Abgeh-Faktor
und Straßenkämpfer-Lyrik ist gar keiner - das drückt sich auch weiterhin
in der Körperhaltung der Band aus. Mit leicht eingezogenen Schultern
scheint Sänger/Gitarrist Tim McIlrath immer noch die Wirkung seiner
Hymnen nicht ganz fassen zu können.
Wir stehen auf der Tribüne - an dem Block, an dem auch Fotografen,
Journalisten und andere stehen und viele sitzen. Und gucken auf den
Innenraum, der durch Wellenbrecher geteilt wird - mit dem alten Spiel:
Wer zuerst kommt, bekommt Bändchen und darf den Wellenbrecher verlassen
und wieder betreten. Hinter dem Wellenbrecher geht zum Line-Check das
erste Mal die Luzi ab und es sieht von hier aus gefährlich aus. Klar,
wer schon extra Karten für den Innenraum besorgt hat, will jetzt auch
was sehen - nicht nur die Visage vom Ordner vor einem. Dass dabei die
wirklich gefährlichen Situationen geschehen, könnte auch den
Veranstaltern bekannt sein. Die legen nämlich Maßnahmen wie
Wellenbrecher und Security-Ansagen fest, nicht die Bands.
Aber genug schwadroniert. Die ersten Töne von "Drones" ertönen und
schlagartig springt alles hoch, längs oder quer. Zu den folgenden beiden
Songs von der "Siren Songs" pendelten sich Publikum und Band aufeinander
ein, aber dann kam schon mit "Prayer For A Refugee" der nächste große
Hit, und das Mädel neben mir und ich schreien den Text mit, als ginge es
um unser Leben - und 8.000 Fans geht es nicht anders. Gut, dass die
Sporthalle keine steilen Wände hat, wer weiß, wer an dieser Stelle nach
dem Motto "Wenn's am schönste ist..." auf dumme Gedanken gekommen wäre.
Nach diesem ersten Mega-Höhepunkt gibt es mit "Injection" Herzschmerz
auf Punkrock und mit "Re-Education (Through Labor)" den ersten
Backdrop-Wechsel und den ersten Song vom aktuellen Album "Appeal To
Reason". Ein Lehrstück in Sachen Interaktion gab es bei dem nun
folgenden "Chamber The Cartridge", denn mindestens 7.000 der 8.000
Besucher riefen nach der ersten langen Ansage aus vollem Halse "Rise"
und reckten dazu die Fäuste. Beeindruckend und auch ein bißchen
beängstigend, oder, um mit der Band zu sprechen: "Save us from what we
have become tonight. Eyes glazed with distrust, no sense of wrong or
right". Es ging neuer und schneller weiter. Draußen vor der
Stadionsporthalle war es glatt von Eis und Schnee, drinnen war es glatt
vom kondensierten Schwitzwasser, selbst auf dem Weg zur Toilette musste
man sich konzentrieren, nicht auszurutschen. Passend zu "Little Angel"
hatte irgend ein Witzbold zwei Luftballons an die Hallendecke geschickt,
und so schwirrten Sponge Bob und die dicke Krabbe über unsere Köpfe...
"The Good Left Undone", ein auf Pladde ziemlich kämpferischer Song,
wurde mit verletzlicher Stimme zur Ballade, huch, das war überraschend
aber auch ein emotional sehr mitnehmender Moment. Mit der Gänsehaut ließ
die Band das Publikum dann warten, es wurde umgebaut - nur um für die
nächsten Momente zu wappnen, Tim McIlrath kam nur mit der
Akustik-Gitarre bewaffnet zurück und bescherte "Hero Of War" und "Swing
Life Away" ihr Balladen-Dasein. Es war die letzte Show der Europa-Tour,
die Band bedankte sich mehrfach für den wahnsinnigen und unverhofften
Empfang, der ihnen dieses Mal geboten wurde - und es gab anscheinend
eine Zugabe mehr als auf den anderen Konzerten, nämlich "Survive".
Wieder Abgang. Aber, ohne dieses eine Lied konnten sie dann doch nicht
gehen und sie kamen noch mal wieder zu "Prayer Of The Refugee". Neben
mir tanzte jetzt noch einmal der fast fünfzigjährige Punk mit seiner
Frau, auf der anderen Seite zwinkerte ich meine Nachbarin an - ein
Konzert kann so großartig sein!
Drones
Give It All
Radiate
Ready To Fall
Injection (Herzschmerz auf Punkrock)
Re-Education (Through Labor)
Chamber The Cartridge
Stained Glass And Marble
Behind Closed Doors
Like The Angel
Collapse (Post-Amerika)
Heaven Knows
Long Forgotten Sons
The Good Left Undone
--
Hero Of War
Swing Life Aways
--
Survive
Audience Of One
--
Prayer Of The Refugee
