Konzert:
Reload Festival 2012 - Freitag

Das Gelände entpuppte sich als sehr übersichtlich, die Wege zu den Campingplätzen waren kurz (und geteert!) und die Ausstattung mit Sanitäranlagen vorbidlich: es gab kostenlose Spülklos auf und vor dem Festivalgelände, zudem waren die Duschen kostenlos benutzbar. Etwas mager sah es bei den Fressbuden aus, die nur den Festival-Standard boten und damit besonders Vegetarier und Veganer vor wenig Auswahl stellten.
Ein dickes Lob muss an die unglaublich entspannte Security ausgesprochen werden: selten haben die Jungs und Mädels so cool ihren Job gemacht und sich nie aus der Ruhe bringen lassen. Die Jungs im Graben vor der Bühne hatten richtig Spaß an ihrem Job und zogen nicht nur die Crowdsurfer raus, sondern animierten das Publikum zu mehr Action (O-Ton: „Könnt ihr nicht mal für ein paar Crowdsurfer sorgen? Die Jungs im Graben haben so wenig zu tun”.), moshten bei vielen Songs mit und sorgten am heißen Sonntag für Abkühlung durch Wasserbomben und ganze Eimerladungen Wasser. Wenn alle Securities sich ein Beispiel an der Reload Festival-Crew nehmen würden… die Welt wäre ein besserer Ort.
Nach dem ganzen Einlasskontrolle- und Anreisegedöns waren STICK TO YOUR GUNS dann die erste Band des Spielplans. Da das Reload Festival nur eine Bühne hat, gibt es dankenswerterweise nie Stress mit sich überschneidenden Auftritten, was ein Festival ja sehr entspannt macht. STICK TO YOUR GUNS, bei denen EVERGREEN TERRACE-Gitarrist Josh seit kurzem mit dabei ist, waren gut motiviert, das Publikum aufzuwecken und auf das Festival einzustimmen. Mit „Diamond“ haben die Herren ja ein starkes Album veröffentlicht, dessen Songs auch an diesem Tag funktionierten; für eine Band so früh an einem ersten Festivaltag war vor der Bühne gut was los, selbst zu Circle Pits ließen sich einige überzeugen. Auf der Bühne war ebenfalls gut was los, die Band weiß, was ihre Fans erwarten und agierte den gut 30minütigen Set über engagiert und war immer in Bewegung. Mit dem Gitarrendoppel Josh (EVERGREEN TERRACE) und Chris (WALLS OF JERICHO) sind aber auch zwei Leute im Line-Up, die immer Vollgas geben und sowohl Kollegen wie auch Zuschauer anstecken. Sehr guter Gig, der das Reload Festival schön eröffnete.
Josh blieb dann gleich auf der Bühne, nur fix die Gitarre und die Mitstreiter gewechselt und mit EVERGREEN TERRACE weitergemacht. Die ließen nichts anbrennen und hielten das gut angeheizte Publikum problemlos bei Laune. In der Setlist lag ein Schwerpunkt auf „Wolfbiker“, was live immer klappt und auch an diesem Tag die besten Reaktionen bekam, gefolgt vom „Mad World“-Coversong. EVERGREEN TERRACE haben sich mittlerweile so viel positive Routine angeeignet, dass sie im Grunde kaum einen schlechten Gig spielen können. Auch heuer stimmte alles, Einsatz, Kommunikation untereinander und mit den Fans, Ansagen von Andrew… so muss das sein.
DOG EAT DOG – eine Band, die nicht totzukriegen ist, aber auch immer nur am peripheren Rand der öffentlichen Wahrnehmung unterwegs ist. Mittlerweile auch schon im gesetzten Alter, wirkten die New Yorker so, als wären sie nie weg gewesen und hätten wir immer noch 1996. Das Saxophon-Intro, die Songs von „All Boro Kings“ und „Play Games“, der unglaubliche Sympathiefaktor von Sänger John Connor (ja, „Terminator“ lässt grüßen), es war eine einzige Zeitreise. Und was für einen Bock die Band hatte! Jeder gab 110% und ließ die 45 Minuten Setlist wie im Flug vergehen. Selbst die HipHop-Einlage von John Connor, dem Drummer und einem Gast wirkte smooth und nicht peinlich. Es war einfach schön. Völlig zu Recht wurden DOG EAT DOG die ganze Zeit abgefeiert und straften allen Sketipkern Lügen. Hier sind nicht ein paar alte Typen dabei, ihre Vergangenheit zu versilbern – hier ist eine Band aktiv, die auch nach 20 Jahren noch heiß auf Shows ist. Chapeau!
Über H2O lässt sich das Gleiche sagen, auch die New Yorker sind heiß auf Shows. Zwar hatten sie Anfang des Jahrtausends mal eine längere Pause gemacht, aber seit „Nothing To Prove“ sind sie aktiv wie eh und je. Mit Aushilfs-Drummer und zweitem Gitarristen nach Europa gereist, hatten die Mannen um die Morse-Bürder einfach nur Spaß. Tobys Sohn sagte die Band mit dem klassischen „H2O go!“ an und ab ging vor und auf der Bühne der Punk ab. „Nothing To Prove“, „Thicker Than Water“, „Don’t Forget Your Roots“ und wie sie alle heißen ließen den Mob vor der Bühne toben – und Toby mittendrin. Schon beim ersten Song war er auf der Absperrung, wo er dann den ganzen Set über blieb und sich immer wieder mit Basser Adam über die Setlist austauschte. Zum Schluss kletterte er dann ganz in die Menge, initiierte einen Circle Pit und machte die Show aus dem Publikum heraus fertig. Eine H2O-Show, bei der sich alle Beteiligten (Band, Fans, Security) in Bestform und bester Laune zeigten und die deutlich machte, wie ehrliche und bodenständig die PMA-Jungs aus New York sind. Das war ganz groß!
Nach H2O kamen dann UGLY KID JOE (wo wir schon bei alten Bands sind), dnach dann WALLS OF JERICHO, die für ein paar Festival-Dates nach Europa gekommen waren. Fronterin Candace und ihre Jungs hatten das Reload Festival vom ersten Moment an im Griff, mit „All Hail The Dead“ gelang ihnen ein erstklassiger Einstand. Immer wieder feuerte die kleine aktive Dame (und mittlerweile auch Mutter) die Fans zum Circle Pit an und turnte auf den Boxen und der Absperrung rum, während ihre Kollegen die Bühne unsicher machen. Auch hier eine Band, die Bock auf Shows hat und bei der niemand stillsteht. Mit einer bewährten Setlist kamen WALLS OF JERICHO problemlos an das Intensitätslevel der anderen Bands des Tages heran; sie lieferten mithin eine erstklassige Show ab. Wie nicht anders zu erwarten, oder kann sich jemand an eine maue WALLS OF JERICHO-Show erinnern?
Setlist (wie immer ohne Gewähr):
All Hail The Dead
A Trigger Full of Promises
And Hope To Die
A Little Piece Of Me
Feeding Frenzy
The American Dream
II. The Prey
I Know Hollywood And You Ain't It
Playing Soldier Again
Revival Never Goes Out Of Style
Mit AUGUST BURNS RED ging es dann intensiv weiter, auch wenn die Christencorler um Shouter Jake im Vergleich mit den anderen Bands des Tages zurückhaltender agierten. Dafür haben sie die großen Posen des Metal drauf, während Jake ein Faible für theatralische Gesten hat, wenn er mit ausgebreiteten Armen auf den Monitorboxen steht und in die Menge blickt. 60 Minuten lang boten AUGUST BURNS RED eine gute Metalcore-Show, die dem Publikum noch einmal ordentlich Einsatz abverlangte, aber im Verlgeich mit den Fannähe suchenden H2O, den spaßigen DOG EAT DOG oder der Brachialkraft von WALLS OF JERICHO konnten sie nicht ganz mithalten.
BIOHAZARD finden sich im originalen Line-Up zusammen, touren und nehmen eine neue Scheibe auf. Und zack! Evan Seinfeld ist raus? Kann der New Yorker Haufen ohne den volltätowierten Teilzeirpornostar und Vollzeitproll funktionieren? Sein Ersatz am Bass steht ihm in Sachen Tattoos in nichts nach, hält sich aber bei den Ansagen zurück, die übernimmt Gitarrist Billy (der mit komplett mit Duct Tape zugeballerten Gitarre interessanten Geschmack bewies). Weniger prollig, aber nicht weniger ehrlich als Evan war das und kam gut an. BIOHAZARD haben sich in Scott Robert (der bereits als Gitarrist dabei war vor ein paar Jahren) einen aktiven Bassisten gesucht, während Billy den Gesangsjob gut erledigte. Bei der Setlist können die Herren ja nichts mehr falsch machen, dafür haben sie genug gute Songs, mit denen sie locker eine Stunde füllen können. So war es dann auch, im Publikum waren die harten Kerle glücklich und feierten die Bands, während die für die folgenden Bands anwesenden Besucher erwartet interessiert-verstört auf den New Yorker Haufen schauten.
Und nach BIOHAZARD dann GUANO APES. Sehr passend. Aber bei einem so gemischten Billing wie das des Reload Festivals gibt es nun mal solche Brüche….
THE BOSS HOSS waren der Abschluss des ersten Tages. Vom Bühnenbild her beeindruckend, änderte sich der gute Eindruck schlagartig bei den ersten englischen Ansagen der Herren. Deutsche Band bei einem deutschen Festival, da kann bitte auch allem Image zum Trotz auf so was verzichtet werden… Also zurück zum Bus und den Abend in Ruhe ausklingen lassen.








