Rantanplan, Strom - Hamburg, Fabrik

Zwanzig nach neun war dann aber Schluss und STROM aus Berlin enterten die Bühne, von denen zumindest ich und offenbar auch nahezu das gesamte Publikum noch nie etwas gehört hatte. Von dieser Tatsache sichtlich unbeeindruckt lieferte die junge Band eine wirklich gute Show ab. STROM spielen dreckigen Punkrock mit deutschen Texten und haben dabei nicht nur ein Händchen für gute Songs, sondern haben es verstanden, das noch zögerlich hereintrudelnde Publikum sofort für sich einzunehmen. Vor allem Sänger und Gitarrist Heiko singt nicht nur gut und spielt nicht nur gut Gitarre, sondern ist schon jetzt ein kleiner Star. Offensichtlich im 77er Punkrock verwurzelt, aber ohne dabei anachronistisch zu wirken oder Posen schlichtweg nachzuahmen, rockte er seine Gitarre und das Publikum, dass es nur so eine Freude war. Selbstbewusst, aber immer mit augenzwinkerndem Humor und unglaublich sympathisch bewegte er sich auf der Bühne der Fabrik, als wenn er jeden Abend dort spielen würde. Dem Trio gelingt es schließlich, einen kleinen Pogo-Pit entstehen zu lassen - und immerhin ein Stagediver wagt schon mal einen Sprung. Heiko schafft es sogar, das Hamburger Publikum bei einigen Stücken mitsingen zu lassen, wobei ich letzteres schon in volleren Hallen und von bekannteren Bands erlebt habe und das dann völlig in die Hose ging. Nicht unerwähnt bleiben sollte auch die kleine Drummerin, die einen Mördersound fuhr und die Musik ordentlich nach vorne prügelte. Demnächst wird das erste Album von STROM erscheinen, und man wird dann wohl noch öfter von dieser Band hören.
Um viertel nach zehn betraten dann RANTANPLAN die Bühne, und die Party konnte beginnen. Und die war einfach großartig! Die Hamburger werden wohl nie große Stars werden und wollen das auch gar nicht, und genau das macht sie so sympathisch. RANTANPLAN sind weder oberflächlich noch bierernst - Spaß und Message halten sich bei ihnen exakt die Waage.
Die Fabrik war zwar nicht ganz ausverkauft - schätzungsweise zu zwei Drittel - doch zum Feiern war eindeutig genug Publikum vorhanden. Inzwischen zum Trio (zurück-)geschrumpft, dabei aber verstärkt durch Posaune und Trompete, und z. T. auch durch weitere Gastmusiker, fuhren sie ihren bewährten Ska-Punk-Sound und direkt ab dem ersten Song wurde gepogt und gedivt, was das Zeug hielt. Das Programm war schön gemischt: In der ersten Hälfte des Konzerts gab es abwechselnd einen Song der neuen Platte und einen alten zu hören, in der zweiten Hälfte verlagerte sich der Schwerpunkt dann in Richtung der alten Stücke, wobei einige sogar auf Zuruf gespielt wurden. Und es fehlte wirklich kein Klassiker: "Gegen Den Trend", "Unbekanntes Pferd", das fantastische "Hamburg, 8 Grad, Regen" - alles kam und zündete. Wunderbar war auch "Mondschuld Country" von der "Tresenthesen"-EP mit Steal-Gitarre. Die neuen Stücke konnten dabei durchaus mit den alten mithalten und auch das Publikum nahm sie ebenso begeistert auf - und das, obwohl die Platte erst einen Tag vorher erschienen war, also vermutlich fast niemand die Songs kannte. Und man bekam auch noch ordentlich was geboten für sein Geld: Nach guten 90 Minuten folgte noch eine Zugabe à 4 Songs, nach der sich die Band eigentlich verabschieden wollte. Doch obwohl schon das Decken-Licht anging, forderte das Publikum lautstark seine Helden zurück, und sie ließen sich nicht lang bitten, sondern spielten drei weitere Songs, so dass die Band letztendlich über zwei Stunden auf der Bühne stand.
Alle die nicht da waren, sind zu bedauern, denn sie haben hier eine authentische und ehrliche Band verpasst, die mit den Auswüchsen der grauenvollen sogenannten Hamburger Schule aber auch gar nichts zu tun hat. Auch acht Jahre nach der ersten Platte sind also keine Ermüdungserscheinungen zu spüren - ganz im Gegenteil: RANTANPLAN rocken wie nie zuvor.