Konzert:

Prophecy Fest 2016

Konzert vom 29.07.2016

Ein Black Metal-Festival in einer Höhle? Das gibt es nicht oft. Dabei ist die Balver-Höhle als größte Kulturhöhle Europas wirklich unglaublich gut geeignet für (kleinere) Festivals: Die Balver-Höhle bietet ohne Probleme rund 2000 Menschen Platz in einer einzigartigen Atmosphäre Musik erleben zu können. Außerdem ist eine Höhle natürlich viel mehr mit atmosphärischem Metal / Rock zu vereinen als ein alter sonnenbeschienender Flugplatz oder ein Acker. Das finden offenbar auch PROPHECY RECORDS, die ihr Festival bereits zum zweiten Mal (und zum ersten Mal zweitägig) hier stattfinden lassen.
Dabei zeigt sich schnell, dass das Label neben Musik sehr viel Wert auf Kunst legt: So bekommt jeder Besucher anstatt einer einfachen Running Order ein einundsiebzig Seiten starkes Hardcover-Buch mit jeder Menge Fotos, handschriftlichen Äußerungen der Bands zum Fest, zwei Samplern und einer DVD ausgehändigt. Das ist zwar etwas unpraktisch, dafür aber ausgesprochen schick und edel. Desweiteren ermöglichte das Label Fursy Teyssier (LES DISCRETS) seine Werke in einem Teil der Höhle auszustellen.

Eingeleitet wurde das Fest für die „Early Birds“ bereits am Donnerstag vom Sublabel Trollmusic in der naheliegenden Hönnetalhalle wo es mit Bands wie ALVENRAD, MIRNA’S FLING und THE GOOD HAND reichlich trollischen Folk Metal-auf die Ohren gab.

Samstag
Für alle anderen ging es am Freitag um 15:20 mit HEKATE los. Hier geht es sehr spirituell zur Sache: HEKATE vereinen Mittelalter, Folk und elektronische Klänge mit gelebter Spiritualität. Natürlich hat die Band viele außergewöhnliche Instrumente dabei und zeigt sich auch insgesamt sehr experimentell. Am packendsten ist die Musik dabei, wenn die Stimme von Susi Grosche die gesamte Höhle erfüllt. Wahnsinn! HEKATE hüllen sich in roten und später blauen Nebel und wissen eine ganz spezielle Stimmung zu erschaffen und klingen live etwas weniger gruselig als auf CD.

Pünktlich geht es mit dem insgesamt erst fünften (!) Auftritt von GERM weiter. Obwohl es die Australier schon seit 2003 gibt und viele (sehr gute) Alben veröffentlicht wurden spielen sie nur sehr, sehr selten live und wurden daher von vielen Fans sehnlichst erwartet. Eine wunderbare Mischung aus Post Black Metal und Shoegaze mit Elektronika wird hier geboten und dabei liefern GERM mit dem so genialen „Butterfly“ vom Album „Grief“ (2013) einen sehr gekonnten und unerwarteten Einstieg. Bei ihrem Auftritt bauen GERM mächtig Stimmung auf, steigern sich beständig und erreichen ihren Höhepunkt gegen Ende. Und auch wenn der Gesang an der ein oder anderen Stelle etwas besser hätte abgemischt sein können, sind GERM eben so eine Ausnahmeband, die das Publikum verzaubern kann. GERM sollten sich echt nicht scheuen öfter live zu spielen.

LES DISCRETS legen mit Shoegaze/Post Rock nach. Der etwas längere Soundcheck hat sich gelohnt, denn soundtechnisch sitzt hier alles perfekt. Die tiefen Bässe lassen so ziemlich alles vibrieren und die sympathischen Franzosen begeistern von der ersten Minute an. Eine sanfte Woge der Melancholie scheint die ganze Höhle zu erfüllen und obwohl die hier gebotene Musik ruhiger ist regen LES DISCRETS sehr zum Headbangen an, entführen in eine andere Welt und bieten ein sehr intensives Erlebnis. Mit an Bord sind viele neue Songs (die natürlich perfekt sitzen) und ein schöner Ausklang mit „Song For Mountain“.

Nach dem „Song For Mountain“ folgen natürlich IRON MOUNTAIN – eine Weltpremiere. Den Stil der Herren kann man schwer in Worte fassen, aber am ehesten handelt es sich hier um postapokalyptischen Folk mit kräftigem, rockigem Schlagzeug. Eigentlich bin ich so gar kein Fan von Flöten, Folk und Instrumental-Musik im Allgemeinen, doch IRON MOUNTAIN wissen sehr zu gefallen. Die Band hat einen sehr natürlichen, ursprünglichen Klang der nach Freiheit und den Bergen klingt und schafft so eine sehr inspirierende, schöne Atmosphäre. Die meist tiefen Flöten und auch Experimente mit der Mundharmonika bestätigen: Hier braucht es gar keinen Gesang. Das Schlagzeug gibt der Musik die nötige Härte und Langeweile mag hier wirklich nicht aufkommen. Einen Höhepunkt gibt es wieder zuletzt mit dem genialen „Enthralldom“.



Weiter geht es mit SECRETS OF THE MOON, die zwar keine Akustik-Show bieten wie zunächst angekündigt wurde aber dafür ein „Sun“-Spezial bieten und das Album komplett durch rocken. Hinterlegt wird das Ganze mit düsteren Videos und eingeblendeten Textpassagen, die die von SECRETS OF THE MOON gebotene Show noch einmal unterstreichen. So entführt die Band trotz anfänglicher Soundprobleme sehr schnell in ihr eigenes, düsteres Universum. Songs wie „No More Colours“ oder „Hole“ lassen das Publikum ziemlich abgehen, während die ruhigeren Songs wie „Man Behind The Sun“ eine herrlich düstere Atmosphäre und jede Menge Gänsehautfeeling erschaffen. Man kann wohl sagen, dass SECRETS OF THE MOON auch ohne Akustik-Show sehr gut bei dem Publikum ankamen!

HELRUNAR waren ja auch schon länger nicht mehr live zu sehen. Bei dem hier gebotenen Auftritt handelt es sich um den ersten der Band seit 2013 (und das mit fast komplett anderer Besetzung) und den einzigen in 2016. HELRUNAR zelebrieren ein finsteres, paganes Ritual. Die Spielfreude und Authentizität der Band ist dabei allgegenwärtig und man fragt sich wieso HELRUNAR so selten auftreten. Mit brachialem Schwarzmetall und kultigen Songs wie „Devils, Devils Everywhere!“ oder „Magdeburg Brennt“ weiß die Band das Publikum trotz langer Liveabstinenz und später Stunde gut anzuheizen.

Sonntag
Obwohl es zwei Uhr mittags ist und die Sonne kräftig scheint ist es in der Höhle natürlich wesentlich kälter und dunkel. So spricht absolut nichts dagegen das Festival mit den düster-spirituellen VÖLUR beginnen zu lassen, die aus Kanada stammen und hier ihre EU-Primärere aufführen. Die Band hat mit einem Schlagzeug, einer tief gestimmten Gitarre und einer Geige alles, was es für es für eine mystische Stimmung braucht und überzeugt mit einer wahnsinnig authentischen Darbietung. Die Akustik ist glasklar und VOMIT machen ihre Sache ausgesprochen gut: Die tiefe Gitarre und tiefen Growls kontrastieren wunderbar mit dem mystischen Klargesang und den teilweise wirklich verrückten Geigenmelodien, untermalt von einem mächtigem Schlagzeug. VOMIT wissen wie man Gänsehaut erzeugt und das Publikum für sich einnimmt. Ein gelungener Auftritt!

Weiter geht es mit BOHREN UND DER CLUB OF GORE, die die Ehre haben als einzige nicht-Prophecy-Band auf dem Fest spielen zu dürfen. Und warum das so ist wird auch relativ schnell klar, denn die Band passt mit ihrer leicht makaber-düsteren Darbietung doomiger Instrumentalstücke recht gut ins Programm. Die offensichtlichen Scheinwerfer-Phobiker schaffen mit Streichinstrumenten, einem Glockenspiel, einer sich scheinbar von allein drehenden Trommel und eigens mitgebrachter, extra dunkler Beleuchtung eine verstörend düstere Atmosphäre. BOHREN UND DER CLUB OF GORE sind gruselig, gespenstig und wirklich ganz speziell. Leicht makabere Songansagen wissen das Publikum jedenfalls zu unterhalten und tatsächlich ist der Saal sehr voll. Leider klingt aber auch sehr vieles ähnlich und das Programm der finsteren NRW’ler zieht sich meiner Meinung nach ein wenig.

Mit ANTIMATTER gibt es zunächst einen recht ausführlichen Soundcheck. Doch kein Problem, denn schließlich werden die Zuschauer mit einer sehr stimmgewaltigen Darbietung belohnt. Die Stimme von Mick Moss klingt live tatsächlich ziemlich geil und ähnlich wie auf Platte. Die doch ziemlich auf den Gesang fixierten ANTIMATTER sind so gesehen das perfekte Kontrastprogramm zu Bohren und seinem gorigen Club. Die Band spielt eine Setlist von 2000 – 2007 und gibt sich somit eher düster rockig als alternativ, was natürlich sehr gut zur Lokation passt.

Geballte Gitarren-Macht gibt es mit GLERAKUR aus Island auf die Ohren: Sechs Gitarren und zwei Schlagzeuge sorgen hier für ordentlich Stimmung. GLERAKUR haben ganz offensichtlich sehr viel Freude an ihrem Auftritt und das steckt natürlich an und elektrisiert. Die verrückten Isländer sorgen für gigantische Soundwände und begeistern mit viel Abwechslung, großem musikalischem Können und einer sehr authentischen Vorstellung.



Mittlerweile haben die Bands satte fünfundvierzig Minuten Verzug, doch daran sind nicht nur ALCEST Schuld. Es gibt Bands, die sich beim Sound darauf verlassen, dass die Tontechniker die letzten Unebenheiten während des ersten Songs ausbügeln werden (wie zum Beispiel SOTM). ALCEST gehören nicht dazu und gehen keine Kompromisse ein.
Es ist das erste Mal, dass die Franzosen ihr Album „Écailles De Lune“ (2010) komplett live spielen und es ist schlichtweg atemberaubend und kein Vergleich zu den neueren Shows der „Shelter“-Ära und ein sehr viel intensiveres Erlebnis. Für viele Besucher ist es der Höhepunkt des Festes dieses geniale Album in dieser schönen Umgebung mit wunderbarem Sound erleben zu dürfen. Auch wenn Neige immer betont dass ALCEST keine Metal-Band sind war das eine verdammt gute Metal-Show, die große Teile des Publikums headbangen ließ. Nach dem Album gab es noch ein paar ALCEST-Klassiker, wobei die wahnsinnig intensive Atmosphäre erhalten blieb und ich muss sagen, dass sich ALCEST hier wirklich selbst übertroffen haben.

SOL INVICTUS legen mit klassischer und doch experimenteller, dunkler Musik nach. Neo Folk trifft auf Elektronik. Die vielköpfige Band ist hier in einer speziellen Besetzung zu sehen: Don Anderson (AGALLOCH), Matt Howden und Jo Quail. Wir haben es hier mit gleich drei Geigen auf einmal zu tun, einem Percussion, Dulcimer und natürlich der prägnanten Stimme und Akustikgitarre von Tony Wakeford. SOL INVICTUS versprühen eine einzigartige Magie, steigern sich bis zuletzt und lassen ihre Vorstellung mit einem Cover ausklingen.

Den Ausklang zum Prophecy Fest geben VEMOD. VEMOD haben als einzige Band auch schon 2015 auf dem Festival gespielt und versprechen laut Programm-Heft eine noch tiefere Atmosphäre als letztes Jahr zu kreeiren. Atmosphärischer Black Metal wird hier geboten, wobei sich extrem atmosphärische Parts und hartes Geschredder gekonnt abwechseln. Ein recht langes, sphärisches Intro leitet den Auftritt ein, ehe die Balver Höhle ihre wohl dies jährlich härtesten Klänge erfährt. Das Schlagzeug rast und die Vocals sind wirklich dämonisch. Atmosphärische Parts lassen immer wieder kurz verschnaufen, ehe ein neues Feuerwerk ausbricht. VEMOND haben ihr Set direkt auf die Balver-Höhle zugeschnitten und das merkt man, schaffen es die mysteriösen Schwarzmetaller doch eine ganz besondere Atmosphäre zu erzeugen.

Fazit: Großartige Künstler, wunderbare Location - was will man mehr? Jeder der atmosphärische Musik mit hohem Kunstanspruch in einer Höle genießen möchte sollte dem Prophecy Fest nächstes Jahr einen Besuch abstatten!



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