Konzert:
Overkill, Exodus, Torture Squad, Gama Bomb - Hamburg, Markthalle
by Meisenkaiser

Aber der Reihe nach: Leider beginnt das Konzert mal wieder vor angekündigtem Konzertbeginn, so dass viele den mehr als soliden Auftritt GAMA BOMBs verpassen. Es ist wie es ist: Kommst du viel zu früh, fängt’s später an, kommst du pünktlich, hat’s schon angefangen.
Anschließend versuchen sich die Brasis TORTURE SQUAD. Ihre Scheibe „Hellbound“ macht jede Menge Freude, die vier Jungs aus Sao Paolo wanden sich einheitlich schwarz und werben T-Shirt-halber artig für „Bounty Hunter“. Sänger Vitor post und reckt die Finger in allen möglichen Kombinationen (und driftet vom thrashigen Gesang gern mal in Richtung Gurgel-Grunz), seine Mitstreiter gaben ebenfalls tüchtig Gas. Die gerade mal fünf Songs („Living for The Kill“, “The Beast Within“, “In The Cyberwar”, “Pandemonium” und “Chaos Co.”) besitzen eigentlich alles, was Thrash-Teile brauchen: Cooles Stakkato-Riffing, Aggressivität, Authentizität und so weiter. Aber eben nur eigentlich: Irgendwie will’s nicht richtig zünden. Fazit: Ganz gut, aber ein bisschen langweilig.
Ein Fakt, der vielleicht auch auf EXODUS-Setlisten zutreffen mag. Indes: Ersten haben die Amis mit Gary Holt einen Gitarristen dabei, der mit einer unglaublichen Leichtigkeit die unglaublichsten Sachen auf seiner roten, auf wohl genährtem Bauch liegenden, Axt, spielt und dabei noch die Chuzpe besitzt, lustige Grimassen zu schneiden und mit den verschwitzten Bangern in der ersten Reihe zu flirten. Und vor allem: Wer einen Auftritt so furios wie mit „Bonded By Blood“ startet, der kann mit einem Wort wie „langweilig“ nicht im Entferntesten in Verbindung gebracht werden. Und selbst dem bunt tätowierten Fleischberg Rob Dukes (ja, er enthält sich diesmal jeglicher Polit-Propaganda, machte aber im Umgang mit den Stagedivern einen irgendwie unsympathischen, arroganten Eindruck) und seinem brüllwürfeligen, nicht sonderlich charismatischem Gesang gelingt es nicht, den außerordentlich positiven Eindruck des kalifornischen Krawall-Kommandos (mit Nick Barker an den Töppen) zu zerstören. Letztes taten EXODUS auf die gute, freundliche und gewalttätige Art und Weise: Nämlich mit Hammersongs wie „44 Magnum Opus“, „Fabulous Disaster“, „Piranha“, „Children of“, „Blacklist“, „A Lesson in Violence“, „War Is My Shepperd“ und „Toxic Waltz“ – eine knappe Stunde absolute Verzückung und verklärende Zeitreise. Die mit dem abschließenden „Strike of the Beast“ standesgemäß – brachial, stimmungsvoll, eben „Thrash with Class“ - endet.
Nach EXODUS in dieser, wirklich guten Form glauben nicht wenige, OVERKILL könnten abstinken, kein Feuer entfachen. Was kommt, ist ein echtes Inferno - ein echter Overkill eben. Was der mager-muskulöse Blitz veranstaltet, das genügte auch einem chinesischen Kunstturnwunder zu allen Ehren. Und wenn er seinen Körper mal nicht um die eigene Achse dreht, dann singt und kreischt er mit all seinem Charisma einzigartig und mitreißend. Ein Übriges tut die Setliste: Hier regiert die alte Schule, wohl genau die richtige Reaktion auf den EXODUS-Monstergig kurz zuvor. Das eröffnende „Deny The Cross“ ist ein Vollbrett, insgesamt vier „Feel The Fire“-Songs, darunter das famose Titelstück sind im Set. „In Union We Stand“ sorgt für kollektive Gänsepelle, „Elimination“ fast ebenso: Was für eine Stimmung: Als Meister Ellsworth „Hammerhead“ ansagen will, wie so oft nicht ohne an die für ihn (und für mich) sehr eindrucksvolle 86er-Tour mit Anthrax und Agent Steel zu erinnern, da lässt ihn das Publikum nicht zu Wort kommen, gefühlt minutenlange Sprechchöre bringen den unglaublich sympathischen Fronter regelrecht in Verlegenheit. Als dann auch noch ein medley-deskes „Fuck You“, gemischt mit Motörheads „Overkill“ das Konzert ebenso furios beschließt, wie EXODUS es mit „Bonded By Blood“ gestartet hatten, da gingen alle nass nach Hause: Entweder war der Schlüpper wieder feucht oder die Stagediver-Armada war komplett durchgeschwitzt. Es sollen aber auch Freudentränen gesehen worden sein...
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