Konzert:

Northcore Festival 2007 - Bremen, Wehrschloss

Konzert vom 26.05.2007

Vor knapp zehn Jahren gab es ein (mittlerweile legendäres) Festival mit dem bezeichnenden Namen Northcore. Redredred, die rührigen Veranstalter von HC-Shows in Bremen, hatten sich in den Kopf gesetzt an Pfingsten den Geist dieses Festivals zu erwecken und zu diesem Zwecke neun Bands in kultige Wehrschloss gebracht, um dort einen ganzen Tag lang HC bis zum Abwinken zu geben. Das stiess offensichtlich auf gute Resonanz, geschätzte 300 Leute füllten Saal, Innenhof und Kneipe (in der es veganes Essen und einen großen Merchstand gab).


Den Auftakt machten LOCK AND LOAD, die ich aber wegen der ungünstigen Zugverbindung verpasste, so dass HOODS UP die erste Band waren, die ich sah. Und wie immer lohnte es sich, das Hamburger HC-Flagschiff in Aktion zu erleben! Sänger Alex hatte wie immer einiges zu erzählen zwischen den Songs, was auf viel Gegenliebe beim Publikum stieß - genau wie der old schoolige Hardcore der Band, der schnörkellos und mit Leidenschaft gezockt wurde. Vor der Bühne brannte natürlich die Luft, zum Schluss divte Alex gar in die Menge und liess sich tragen. Dass jeder versuchte, ans Mikro zu kommen und ein paar Zeilen zu singen, war eh? klar. Der Band war die Erfahrung anzumerken, die sie sich seit dem letzten Jahr auf unzähligen Shows und Touren angeeignet hat, da paßte einfach alles. Eine sehr fette Show, die nach knappen zwanzig Minuten viel zu früh zu Ende war. Beide Daumen hoch für HOODS UP, das war grandios!


EMPTY VISION waren als nächstes an der Reihe und brauchten erstaunlich lange für ihren Soundcheck (was Sänger Michael mit trockenem Humor kommentierte), legten dann dann aber umso motivierter los und hatten keine Probleme, die Kids ebenso auf Touren zu bringen wie es HOODS UP vorher gelungen war. Angesichts der Ohrwurmqualitäten ihrer Songs, besonders der ihres letzten Albums "The Rise", war das auch kein Wunder; zudem angesichts der High Energy-Show der Hannoveraner auch voll verdient. Faszinierend ist bei EMPTY VISIONS immer wieder, welche Power der kleine, schmächtige Michael in seine Stimme legen kann, um die Texte in den Saal zu brüllen. Da kann man nur beeindruckt zuschauen und staunen.


Jedes Festival braucht eine Band, die etwas aus dem Rahmen fällt, sowohl optisch als auch musikalisch. SHORT FUSE übernahmen diesen Job beim Northcore Festival: vier Typen, die mehr nach Oi! aussahen als nach HC kamen da auf die Bühne. Und siehe da, sie sahen nicht nur so aus, sondern spielten auch ziemlich Streetpunk/Oi-beeinflusste Mucke, die immer gerade heraus und ziemlich heftig war. Allerdings kamen sie damit beim Publikum nicht ganz so gut an wie die Combos vorher, so mancher Corler nutzte den Set der Band für einen Pause im Innenhof oder um sich in der Kneipe mit veganem Essen zu versorgen. Es waren aber noch immer genug Leute im Saal, die SHORT FUSE anfeuerten, von daher wird die Band den Gig als gelungen verbuchen. Gelungen ist auch das richtige Wort, um die Musik des Quartetts zu beschreiben, das hatte Hand und Fuss (und machte mächtig Druck), was da aus den Boxen kam.


JUST WENT BLACK, die Band um Mitveranstalter Jens, holte dann alle wieder zurück in den Saal. Von Beginn an hatte Sänger Sven die Meute in der Hand und trieb sie immer wieder an, um schnell die ersten Crowdsurfer fliegen zu sehen. Auch wenn die Band aus Hamburg kommt, hatte sie hier ein Heimspiel und das Publikum auf ihrer Seite. Ein paar Songs der in Kürze erscheinenden neuen EP wurden (wenn meine Erinnerung stimmt) auch gespielt, die sich nahtlos in den Sound einfügen und verdeutlichen, dass JUST WENT BLACK eine der besten Hardcore-Bands ist, die wir in Deutschland zur Zeit haben!


DAY OF THE DEAD machten es dem Publikum danach schwer, sich in ihren Sound reinzufinden - sehr sperrig und breaklastig ist das Material der Combo, was auf Platte sicher besser funktioniert als bei einer Clubshow. Eine Handvoll Leute sorgte zwar für Action vor der Bühne und schien mit dem Material der Engländer vertraut zu sein, der weitaus größere Teil nahm das Treben auf und vor der Bühne passiver hin, bedachte die Band aber mit ordentlich Applaus.


Der Sänger von THE LEGACY hatte an diesem Tag Sabbelwasser getrunken und nutzte jede Gelegenheit, seine Verbundenheit mit der Szene zum Ausdruck zu bringen, auch wenn er jetzt schon ein alter Mann sei. 30 ist der Kerl... Trotz seines biblischen Alters hatte er noch genug Energie für eine gute halbe Stunde HC-Show wie aus dem Lehrbuch, die neben seiner Aktiviät auch vom sehr präsenten Basser lebte und auf positives Feedback beim Publikum stieß.


ANOTHER BREATH und KILLING THE DREAM fielen dann leider ins Wasser, da die Zugverbindungen gnandelos schlecht waren und die Motivation, bis zum ersten Zug morgens um 5 durch Bremen zu ziehen nach einem bereits sechsstündigen Show-Marathon doch eher gering war. Das ändert aber nichts daran, dass das Northcore Festival eine rundum gelungene Sache, die hoffentlich nicht erst in zehn Jahren ihre nächste Auflage sieht. Hier stimmte einfach alles: Location, Line-Up, Atmosphäre und nicht zuletzt die Preise. So muss das sein!



Mehr Infos:Just Went Black
Empty Vision
Hoods Up!
Short Fuse
Day Of The Dead
The Legacy