Konzert:

No Mercy Festival 2003, Testament, Marduk, Death Angel, Die Apokalyptischen Reiter, Nuclear Assault, Pro Pain, Darkane - Berlin, Columbiahalle

Konzert vom 19.04.2003Pünktlich ist eine Zier, doch Berliner kommt gern ohne ihr. Und so mussten die bemitleidenswerten Jungs von DARKANE für ungefähr 30 Thrash-Beamten anfangen. Doch die Jungs ließen sich überhaupt nicht beirren, machten ordentlich Dampf und flippten auf der Bühne herum, als sei die Halle zum Bersten gefüllt. Mit Songs wie "Innocence Gone", dem Opener des aktuellen Albums "Expanding Senses" oder Chaos Vs. Order zeigten die Jungs um die viel beschäftigen Herren Ideberg und Wildöer, was sie können. Und das ist allehand und liegt irgendwo im Fahrwasser von Meshuggah so. Echt schade, dass kaum jemand was von der knappen halben Stunde mit bekam.

Das wurde auch nur allmählich besser. MALEVOLENT CREATION entfachten im wahrsten Sinne des Wortes ein "Inferno Desire". Phil Fasciana und sein Gefolge zimmerten ihre Bienenriffs fleißig in die immer noch sehr dünn besiedelte Halle. Und machten ordentlich Dampf, wobei allerdings das mächtig künstliche Double-Bass-Gewummere ein wenig störte. Dennoch ein sehr ordentlicher Gig.

PRO-PAIN kamen - noch nicht. Ellenlange prokelten die Schlagzeug-Roadies sehr zum eigenen Missfallen am Schlagzeug herum, schließlich schien auch noch mit der PA was nich hinzuhauen. Sichtlich genervt betritten die Hardcore-Hools (haben die eigentlich abgespeckt?) dann doch die Bühne und rockten los, als hätten sie den besten Sound der Welt. Hatte sie aber nicht, so dass der eigentlich vorhandene Groove der New-Yorker irgendwo hängenblieben, nur nicht in den Ohren des Auditoriums. Im Laufe der Zeit wurd’s besser, Oldies wie "State Of Mind" rockten gewaltig, "Make War Not love" musste in Zeiten nicht unbedingt sein, sei’s drum.

Dann kifften sich Kollege Lilker und die Streitmacht von NUCLEAR ASSAULT auf die Bühne. So cool der Ex-Anthraxler auf der Bühne post, so hektisch marodiert der kleine dicke Schreihals John Connelly über selbige. Sicherlich haben und hatten Songs wie "Lesbians", Hang The Pope" oder "Game Over" ihren Charme. Nur, und ich glaube, das lag nicht nur am fürchterlichen Sound: Irgendwie konnten NUCLEAR ASSAULT eben jenen nicht bis Ostern 2003 hinüber retten. Weiter kiffen, vielleicht kommt’s mit dem neuen Material.

DIE APOKALYPTISCHEN REITER gehören unbestritten zu meinen Lieblingsbands und unter den 800 Anwesenden war ich da sicherlich nicht alleine. Von "Vier Reiter stehen bereit" bis "Metal Will Never Die" feierten die Jungs mit dem neuen Live-Gitarristen Pit und den Reitermaniacs eine Party zwischen Froh- und Wahnsinn. Doch: Während viele mitgingen wie die Weltmeister, standen andere mit verschränkten Armen und staunten über das mannigfaltige Treiben auf der Bühne. Egal; klasse war’s, auch, wenn mancher spontaner Sprung oder Tritt ein wenig einstudiert wirkte, wenn manch Sanges-Einsatz zu früh kam oder "Unter der Asche" wohl dem PRO-PAINschen Zeitverlust zum Opfer fiel. Besonderheit:
Die von vorhin noch bemitleidenswerten Drumtechniker Fozzy und PRO-PAIN-Drummer Richy sowie ein weiterer Techniker schmettern als Backgroundchor mit, wussten zwar nicht wirklich, was sie taten, hatten aber wie die meisten der Beteiligten einen Heidenspaß.


DEATH ANGEL . Im Gegensatz zu NUCLEAR ASSAULT schaffen sie es, ihre Songs, in die Neuzeit zu transportieren. Das liegt zum einen am unglaublichen Charisma der gesamten Band, zum anderen an den fabelhaften Songs. "´Seemingly Endless Time", "Third Floor", "Voracious Souls", "Evil Priest" oder das hypergeniale "Kill As One" inklusive Mitsing-Teil. Dazu gesellte sich ein wirklich actives Stage-Acting. Alles in allem ein wirklich überzeugender Auftritt, auch, wenn mir der Gesang von Mister Marc Osegueda irgendwie ein wenig quäkig rüberkam. Vielleicht kommt’s aber nur, weil ich die Jungs seit dem letzten Dynamo nur noch mit ihrem genialen Club-Gig vergleiche.

MARDUK spielten "World Funeral" , Titelstück vom neuen Album, spielten ihren Kram ohne jegliche Kompromisse, was den ein oder fünf anwesenden Schwarz-Wurzel in der Columbiahalle sehr viel Spaß zu machen schien, den Rest zu lautstarken Missfallenskundgebungen trieb. Ich für meinen Teil hatte noch auf dem Heinweg Angst. Ich hatte Angst, dass MARDUK mich auf einer Tankstelle entdecken könnten und sie dort live spielen, dass sie auf einem Rasthof zwischen Kaffee und Brötchen meine Ruhe mit einem kleinen Gig stören oder dass sie mein Auto kapern und sie mir ihre Weisen auch noch auf der Rückfahrt in echt präsentieren. Weil sie eben so gerne live spielen. Oder nicht so gerne zu Hause sind, kein Wunder, wenn da alles voller Militär-Devotionalien steht …

Man gut, dass dann die guten alten TESTAMENT anstanden. Also jedenfalls bald, denn die Herren gönnten sich gut und gerne 45 Minuten Umbaupause, um dann ein gutes Stündchen zu spielen. Überhaupt schienen sich die Herren doch ein wenig Rockstar-mäßig zu verhalten, allein das 20-Euro-Preisdiktat bei den T-Shirts zeugt nicht gerade für übertriebene Fan-Nähe. Aber egal: die Kalifornier, von denen streng genommen nur die Herren Petersen und Billy übrig geblieben sind und Meister Bass di Gorgio (Sadus) - Steve Smythe und Borknagars Asgeier Mickelson vervöllständigten das Line-Up - schon länger dabei ist, rockten los mit der Energie der frühen Tage. "D.N.R." und "Down For Life" eröffneten einen Dampf-Rammen-Gig und auch, wenn ich "Low" nicht so sehr mochte, stimmte der Rest - auch trotz vieler fehlender Hits. Immerhin: "Burnt Offerings”, "Into The Pit”, "Trial By Fire”, "Over The Wall” oder das Schluss-Stück "Disciples Of The Watch” waren dabei. Viele Zuschauer am Ende nicht mehr, weil sie lallend umgefallen sind, weil sie die Bahn kriegen mussten, weil sie immer noch auf die Bratwurst im lahm geführten Biergarten warteten, weil sie nicht wieder rein gekommen sind, nachdem sie kurz raus wollten oder weil sie einfach nicht mehr konnten. Gutes Billing, viel zu viele Bands, zu große Halle für zu wenig Zuschauer, 30 Euro sind viel Geld, weniger Bands wären mehr. So erinnern mich diese Events immer wieder an amerikanische Fast-Food-Ketten. Schmeckt eigentlich ganz gut, letztlich aber bleibt trotz großer Qualität der Zutaten ein mild-fader Beigeschmack.