Konzert:

Lars Frederiksen And The Bastards, The Heartaches - Hamburg, Knust

Konzert vom 23.09.2004Erstaunlich, wie viel junges Publikum sich im gut gefüllten Knust eingefunden hatte, um Lars Frederiksen - neben Tim Armstrong zweiter Bandleader von RANCID - zu feiern. Einige Old-School-Punks waren zwar erwartungsgemäß auch zugegen, aber größtenteils waren Kids am Start, die vom Äußeren her zu schließen auf diese Mischung aus Punkrock und Rock ´n Roll stehen, die ja zur Zeit schwer angesagt ist. Gute Musik scheint also die Generationen zu überdauern - ein sehr tröstlicher Gedanke, wenn man sich ansieht, was Plattenfirmen, Radio- und Musiksender heute so alles verbrechen. Bemerkenswert auch der Anteil an weiblichem Publikum für diese doch ziemlich harte und raue Art von Musik. Deshalb hier ein kleiner Tipp an alle Metaller: Geht öfter mal auf Punkrock-Konzerte! Da laufen einfach die schöneren Frauen rum...


Gegen neun eröffnete aber erst Mal eine junge Hamburger Band den Abend, deren Name mir irgendwie entgangen ist, die aber auch nirgendwo angekündigt war, weshalb mir das verziehen sei. Das Trio versuchte sich an rotzigem Old-School-Punkrock, wirkte dabei aber irgendwie etwas ... naja... niedlich. Irgendwie war alles noch zu ungelenk und harmlos, wobei der schmächtige Sänger schon ganz gut grölen konnte. Aber letztendlich hat es das auch nicht herausgerissen, die Drei wirkten einfach zu sehr wie eine Schülerband. Als sie nach einer halben Stunde von der Bühne gingen, war im Publikum auch niemand wirklich traurig drum. Aber kann ja alles noch werden...


Um viertel vor zehn betraten dann die HEARTACHES aus Belgien die Bühne und gaben schon mal die Richtung vor, für das, was an diesem Abend noch folgen sollte. Denn mit ihrem 77er Punkrock wurde es eine ganze Ecke härter und dreckiger. Auch optisch wurde hier schon mal einiges aufgefahren, denn es standen fünf komplett tätowierte Asi-Punks auf der Bühne. Obwohl der Sound der HEARTACHES nicht schlecht war und auch dem Publikum offensichtlich ganz gut gefiel, wurden sie aber doch irgendwann schlichtweg langweilig, da die Songs einfach zu gleich klangen, so dass der Funken nicht übersprang. Nach einer guten halben Stunde war es dann auch gut, und mehr musste auch wirklich nicht sein. Trotzdem waren sie eine gute Einstimmung auf den Hauptact.


Und der kündigte sich mit einem ziemlich deutsch klingenden, volkstümlichen Intro an. Ungewöhnlich, aber irgendwie doch eine lustige Idee. Nach und nach enterten dann die Musiker die Bühne. Als letzter kam natürlich Lars Frederiksen himself, drehte sich plötzlich um und sagte ganz einfach: "My name is Lars Frederiksen" - rhetorische Pause, Gegröle aus dem Publikum - "and these are the Bastards" - rhetorische Pause, Gegröle aus dem Publikum - "and we play Punkrock". Und dann ging es mit "Anti-social" direkt so was von los, dass man nicht mehr wusste, wo oben und unten war. Und um es vorweg zu nehmen: Genauso ging es weiter. Lars Frederiksen und seine BASTARDS rockten 75 Minuten lang wie Hölle und wurden mit ihrer Mischung aus 77er Punkrock, Hardcore und Rock ´n Roll nie langweilig. Ganz im Gegenteil - man hatte bei jedem Stück das Gefühl, dass die Jungs jetzt noch einen draufsetzen. Dementsprechend ging das Publikum von Anfang an voll mit und vor der Bühne gab es ohne Ende Pogo.


Die Band machte auch einfach gute Laune. Lars Frederiksen sieht man sein Alter zwar inzwischen an, das gereicht ihm aber nicht unbedingt zum Nachteil. Er wirkt eben jetzt nicht mehr wie ein rebellischer Jung-Punk - der er ja auch tatsächlich nicht mehr ist - sondern eher wie ein leicht runtergekommener Alt-Punk-Rock ´n Roller. Und ist dabei cool wie nie zuvor. Am meisten Bewegung brachte Co-Shouter Gordy in die Show, ein Biker-Typ mit Vollbart und Harley-Davidson-Muscle-Shirt, der ständig von einem Ende der Bühne zum anderen wetzte. Faszinierend auch Bassist Big Jay - vor allem faszinierend fett. Dabei aber immer präsent und cool groovend, ein Fels in der Brandung. Ganz wichtig auch bei den BASTARDS: Tätowierungen. Die scheinen Aufnahmekriterium Nummer eins zu sein: Wer nichts mindestens von den Handgelenken bis knapp unters Kinn zugetackert ist, hat hier keine Chance.


Zwischendurch nahm sich der Meister auch mal etwas länger Zeit für seine Ansagen, um z. B. seine Ex-Frau zu dissen oder auf George Bush zu schimpfen (inzwischen ja ein absolutes Muss bei Punkbands). Sehr schön war auch seine Geschichte über den Hell´s Angel, der ihn quasi aufgezogen hat und ihm irgendwann eine Kette mit einem Wehrmachtskreuz schenkte (die Lars Frederiksen jetzt noch trägt). Der erzählte dem kleinen Lars nämlich, dass er sie von einem Nazi hat, den er mal umgebracht hat. Die abschließende trockene Bemerkung von Lars Frederiksen: "Ich habe inzwischen 13 davon." Großartig! Fand auch das Publikum und stimmte spontan zu "Nazis raus"-Rufen an.
Schon nach etwas über 50 Minuten verließen Lars und seine Mannen die Bühne, aber nur, um kurz darauf mit 5 Zugaben zurückzukehren. Nach dem Hammer-Track "Bastards" von der neuen Platte folgte eine Ansprache auf Johnny Ramone, der ja erst vor ein paar Tagen gestorben war, sowie auf die RAMONES im Allgemeinen, mit denen Lars gut befreundet war. Und als Tribut spielten sie danach drei (!) RAMONES-Stücke - für jeden toten Ramone einen. Als letztes Stück folgte dann noch das etwas zu sehr in die Länge gezogene "The Viking", an dessen Ende Lars Frederiksen lange über den Stolz auf seine dänische Herkunft schwadronierte und das Publikum getragene Oh-oh-oh´s mitsingen musste ("I know you Germans like to sing!"... ähem, naja...), bevor dann noch mal kurz gerockt wurde und endgültig Schluss war.


Ein großartiger Abend mit dreckigem Rock ´n Roll, der einem wieder mal zeigte, dass Punkrock noch lange nicht tot ist und wohl auch nie war. Bleibt nur die Frage, wann RANCID endlich mal wieder eine wirklich gute Platte machen...