Konzert:

Kreator Listening Session - Hamburg, Hamburg Dungeon

Konzert vom 19.10.2004Hätten wir noch 10 Minuten länger vor den Türen des Hamburg Dungeon warten müssen, hätte Kollege Torben wahrscheinlich die Lautsprecher eingetreten: Die Endlosschleife vor der Tür des Gruselkabinetts in der Hamburger Speicherstadt hört sich arg nach der 38. Spur einer beliebigen CD von Cradle Of Filth an - und ist eher extrem nervig als gruselig. Aber wir waren schließlich da, um ganz anderen Klängen zu lauschen: KREATOR haben in England im Frühsommer den "Enemy Of God" aufgenommen, und etwa 25 Jounalisten sind aus ganz Europa herangekarrt worden und durften sich auf die Holzbänke im Pestsaal zwängen.


Der Gesamteindruck: "Enemy Of God" ist Thrash as thrash can. Gerade Fans der klassischen KREATOR-Alben werden sich jetzt schon mal vorfreuen dürfen, das Album kann man auch als Lehrbuch darüber durchgehen lassen, wie man Anno 2004 noch einmal den ganz klassischen, Oldschool-Thrash durchdeklinieren kann. Oder im einzelnen:


Der Titeltrack Enemy Of God besticht durch seine Tempo- und Stimmungswechsel. Los geht es bedrohlich und schnell, nach dem langsamen Mittelteil folgen im Zieleinlauf geniale Gitarrenlicks mit kleinen, feinen Melodien. Sehr groß und bei diesem einmaligen Hören der stärkste Track des Albums.


Impossible Brutality passt zumindest vom Titel her perfekt in die mittelalterliche Folterausstellung des Dungeon, musikalisch ist es eher das Stück zum Mitmoshen und scheint genau auf eine Livesituation zugeschnitten zu sein.


So weit, so 21. Jahrhundert. Bei Suicide Terrorist scheinen dagegen selbst die Gitarrenmelodien aus den Achtzigern importiert zu sein. Text von heute, Musik ganz retro.


Zu World Anarchy muss ich passen. "Dystopia" überrascht danach wieder: Mille keift hier nicht in üblicher Manier seine Texte heraus und setzt seine Stimme ganz anders, ungewohnt ein.


Voices Of The Dead ist mein nächster Favorit, Mille zeigt eine weitere Facette seiner Stimme und das Midtempo versinkt unter einem Gewirr von geschüttelten Haaren, garniert mit ganz und gar skandinavischen Gitarrenmelodien. Mosh, mosh, mosh.


Murder Fantasies wirkt dagegen wieder fast 15 Jahre älter und ist sehr schnell.


When Death Takes Dominion hat auf der einen Seite mächtige Riffwände, bei denen es scheint als hätten Mille und Sami ihre Gitarrenspuren je mehrfach übereinander gelegt, auf der anderen Seite ist das Ding aber ein bisserl arg vorhersehbar.


Mit einer Hymne beginnt das letzte Drittel des Albums, One Evil Comes - A Million Follow ist böse, der Chorus wirkt wie ein Schlachtruf.


Abwechslung ist Trumpf bei Dying Race Apocalypse: Der Song beginnt mit Akustik-Gitarren und wird dann furios und schnell. Ventor lächelte während dieses Stückes ganz besonders vor sich hin und er hat auch gute Gründe, in diesems Stück auf seine Doublebass stolz zu sein. Milles Sprechgesang folgt dem Schlagzeug in den Rhythmusstrukturen und wird zum Instrument.


Under A Total Blackened Sky dreht noch einmal richtig auf und rast dahin, die Zeile "´Til The Day We Die" wird wieder wie ein Schlachtruf rausgeschrieen - der Song ist noch einmal erkennbar KREATOR:


Das Finale "The Ancient Plague" beginnt düster wie der Keller des Dungeon. Dosenöffner der Apokalypse. Galoppel, galoppel.


Besonders letzteren Eindruck unterstreicht Sami Yli-Sirniö, der stets gut gelaunte finnische Gitarrist findet den Vorgänger "Violent Revolution" im Vergleich zu "Enemy Of God" "fröhlich und tralala". Ventor, Speesy und Sami hatten wenigstens bei dieser Listening-Session mehr Spass als Bandkopf Mille, der ein Interview nach dem anderen im "Großen Brand zu Hamburg" über sich ergehen lassen musste. Sami hatte schon während der Session die Köpfe mit Produzent Andy Sneap zusammengesteckt, der auf Einladung der Band nach Hamburg gekommen war, um sich das Album endlich "mit frischen Ohren" anzuhören. Im Folterkeller entpuppte er sich als Entertainer und probierte mit jedem weiteren Bier mehr von seinen neuerworbenen Deutsch-Kenntnissen aus, so verriet er jedem, dass er "Schlallplattenproduhtz-end" ist.


Interviews mit Andy und Mille folgen in den nächsten Tagen.



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