Konzert:

KAMELOT/MYRATH/ELEINE/+ - Köln, Essigfabrik

Konzert vom 17.03.2023

KAMELOT waren die letzten Jahre auf dem Livesektor nicht gerade überpräsent und so war es für die Metalinside Delegation Ehrensache ein paar Kilometer mehr in Kauf zu nehmen und nach Köln zu reisen. Nach einer entspannten Fahrt und lecker Asiafood betreten LEAGUE OF DISTORTION die Bühne der Essigfabrik und versuchen mit sehr modernem, groovelastigem Sound das anwesende Symphonic Metal Volk zu überzeugen. Das gelingt sowohl bei mir als auch beim Rest des Publikums nur teilweise. Zu weit ist der Stil von dem entfernt, was da heute Abend noch kommen sollte. Das war alles gut gemacht und auch sehr engagiert dargeboten, aber wie schon auf der Tour im Januar mit KISSIN‘ DYNAMITE und DYNAZTY ist man meiner Meinung nach heute Abend einfach etwas fehl am Platz.

Das sieht bei den SchwedInnen ELEINE schon ganz anders aus. Die Symphonic Metal Band um Blickfang und Namensgeberin Madeleine Liljestam wollen es wissen und geben von Sekunde eins an richtig Gas. Die Haare fliegen und musikalisch ist man deutlich näher am Headliner, als es LEAGUE OF DISTORTION sind. Neben einem guten Überblick ihres bisherigen Schaffens, geben ELEINE mit „We Are Legion“ auch einen Vorgeschmack auf das im Sommer erscheinende neue Album „We Shall Remain“. Nach knapp 30 Minuten ist der Spaß vorbei und man mach Platz für die bekannteste Metal Band Afrikas:

MYRATH aus Tunesien sind zwar eine ganze Ecke progressiver unterwegs, passen aber dennoch gut zum heutigen Abend. Aus der technisch hervorragenden Performance ragt Sänger Zaher Zorgati noch einmal gesondert hervor. Was der junge Mann an glockenhellen und gleichzeitig kraftvollen Tönen aus seinen Stimmbändern herausholt, ist schon mehr als nur beeindruckend. Auch MYRATH lassen sich nicht lumpen und bieten mit „To The Stars“ und „Child Of Prophecy“ einen Ausblick auf ihr kommendes Werk. Die Reaktionen des Publikums sind noch einmal besser als bei ELEINE und MYRATH werden auf einer Welle der Sympathie durch ihren Set getragen.

Aber wenn man ehrlich ist, dann wartet die Meute heute in erster Linie auf den Headliner und KAMELOT werden auch dementsprechend frenetisch begrüßt. Neuzugang Alex Landenburg weiß sich sofort ins rechte Licht zu rücken und treibt seine Kollegen ordentlich voran. Mit dem flotten „Veil Of Elysium“ wird auch gleich ordentlich aufs Gas gedrückt und die Marschrichtung des heutigen Abends vorgegeben. Das beeindruckende an KAMELOT ist, dass es mit Thomas Youngblood zwar einen eindeutigen Bandchef gibt, sich trotzdem 6 Charaktere auf der Bühne befinden, die allesamt Leadershipqualitäten haben. Egal ob sich dabei um den hyperaktiven Bassisten Sean Tibbetts, Wunderdrummer Alex Landenburg, Multiinstrumentalist Oliver Palotai oder Sänger Tommy Karevik handelt. Und auch Gast Melissa Bonny von AD INFINITUM bekommt viel Raum, um zu glänzen. Während ihr Cleangesang allenthalben gelobt wird, gibt es Meinungen, dass ihre Growls im KAMELOT-Kontext zu aggressiv seien. Mir persönlich jedenfalls gefällt ihre Performance und die Art, wie sie zwischen ihren gesanglichen Rollen wechselt, ist sehr beeindruckend und macht sie zu einer Art „eierlegenden Wollmilchsau“ für Kamelot. Karevik hat sich mittlerweile von seinem großen Vorgänge Roy Khan emanzipieren können, zeigt aber gerade bei den älteren Stücken wie verblüffend Nahe er seinem Vorgänger kommt, so dass ein Unterschied dort kaum auszumachen ist. „Forever“ oder der „March Of Mephisto“ seien da als Beispiele genannt. Das neue Werk „The Awakening“ feiert an diesem Tag seine Veröffentlichung und wird mit 3 Stücken gewürdigt. Dass KAMELOT ihre Frühphase der ersten 4 Alben komplett ignorieren stört mich alten Sack zwar etwas, allerdings dürfte ich da heute eindeutig einer Minderheit angehören. Leider befand sich auch kein Song von „Epica“ im Set, welches einer meiner Lieblingsalben aus der mittleren Phase KAMELOTs darstellt. Aber genug genörgelt: KAMELOT lieferten auch so einen gelungen, abwechslungsreichen Abend mit tollen Einzelleistungen ab und wurden von der Essighalle bzw. dem Publikum darin, zu Recht auf Händen getragen.

Alles in Allem hat sich der Trip trotz 2stündiger Heimfahrt im Dauerregen mehr als gelohnt.

Text:   Fabian Zeitlinger
Fotos: Michael Berghammer



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