In Extremo - Mechernich, Burg Satzvey

Es ist inzwischen fast schon eine liebgewonnene Tradition geworden: die sommerliche Burgentour von IN EXTREMO. Nachdem die Corona-Pandemie für geraume Verzögerung sorgte, war das letztendlich dann letztes Jahr nachgeholte Konzert von ursprünglich 2020 ein so großer Erfolg, dass die Spielleute sich erfreulicherweise auch dieses Jahr wieder auf Burg Satzvey einfanden. Die zunächst wenig ansprechenden Wetteraussichten und anhaltender Niesel- bis kräftiger Dauerregen sorgten zwar dafür, dass die Burghöfe am mittleren Nachmittag noch vergleichsweise leer waren, doch ab dem offiziellen Beginn des Bühnenprogramms mit RAUHBEIN um 17 Uhr begann das Volk dann allmählich doch heranzuströmen. Wer schon früher da war, konnte die Gelegenheit nutzen, in aller Ruhe und ohne störende Menschenmassen über das Burggelände zu bummeln, sich bei Speis und Trank zu stärken oder an den Marktständen die Wirtschaft anzukurbeln.

Um 17 Uhr betraten RAUHBEIN die Bühne und legten mit „Herz eines Kriegers“ gleich mit einem ihrer Gassenhauer vom neuen Album los, bevor sie sich mit „Rauhbein“ selbst zelebrierten. „Komm Mit Uns“ und „Wir Sind Eins“ hieben mit ruppig-schunkeltauglichem Refrain in dieselbe Kerbe und animierten das allmählich wachsende Publikum zum Mitsingen – schließlich hatte das Debütalbum Platz 20 der deutschen Charts erreicht. Mit „Hoch Die Tassen“ und „Feier Frei“ feierte man sich feuchtfröhlich durch das Set, wobei „feuchtfröhlich“ kurzzeitig auch für das Wetter galt, da ein kurzer, aber kräftiger Schauer die Menge im mittleren bis hinteren Bereich vor der Bühne vorübergehend in den Schutz der nebenstehenden Bäume trieb.

Wer auch in der offiziellen Umbaupause nicht auf musikalische Untermalung verzichten wollte, der brauchte nur in den Burginnenhof auszuweichen, wo mit DRAGOL die weniger feierfreudige als vielmehr mystisch geprägte Fraktion aufspielte und der geneigten Hörerschaft Pagan-Folk kredenzte. Gar zu lange währte die Pause jedoch eh nicht, und schon wurde es wieder Zeit, sich an der Hauptbühne einzufinden, wo – erneut bei einsetzendem, wenn auch nicht lange anhaltendem Regen – The O´Reillys And The Paddyhats  flaggeschwenkend loslegten und irisches Pub-Flair nach Satzvey zauberten. Mit Gitarre, Fiddle und Songs wie „Yesterday´s Rebel“, „Barrels Of Whiskey” und „Dogs On The Leash” sorgte die Band für Stimmung in der Menge. Am Start waren mit „Wake The Rebels“ und „Dance With Me“ auch zwei neue Songs vom im September erscheinenden Album „Wake The Rebels“, das Sänger Paddy Maguire auch gleich zum Anlass nahm, das Publikum zu einem Konzert in Köln im Oktober einzuladen. Nach einer Dreiviertelstunde Spielzeit neigte sich auch dieser bunte Reigen dem Ende zu und die Zuschauer drängten noch einmal zu den Ständen in die Burghöfe, um dort Energie für die anstehenden Headliner des Abends zu tanken. Mittlerweile hatte sich nicht nur der Regen verzogen, sondern auch ein Teil der Wolken, die nun tatsächlich zur Feier des Tages noch etwas Sonnenschein hindurchließen.

Mit leichter Verzögerung ging es kurz nach 19:30h schließlich los mit dem heißersehnten Höhepunkt des Tages: IN EXTREMO betraten die Bühne und gingen mit „Troja“ direkt in die Vollen. Dass die Spielleute nicht vorhatten, Gefangene zu machen, demonstrierten sie anschaulich, indem sie direkt im Anschluss schon mit „Vollmond“ nachlegten, einem ein ums andere Mal frenetisch gefeierten absoluten Bandklassiker, der auch auf Burg Satzvey seine Wirkung nicht verfehlte. Weiter ging es mit „Omnia Sol Temperat“ und „Ai Vis Lo Lop“, bevor die Band als Überleitung gelobte, dass, auch wenn in der Welt leider bekanntlich nicht immer alles gut sei, für sie dennoch immer ihr „Kompass Zur Sonne“ zeige. Das gälische „Liam“ sorgte für beste Stimmung, ebenso das inbrünstige „Ave Maria“, bevor dem Publikum – in dem die Anzahl der Metalheads die der mittelalterlich Gewandeten deutlich überwog – mit „Küss Mich“ so richtig eingeheizt wurde. Danach wurden vorübergehend ruhigere Töne angeschlagen: das melancholische „Lieb Vaterland, Magst Ruhig Sein“ sorgte für eine kurze Atempause, bevor die Spielleute mit „Rasend Herz“ wieder aufs Gaspedal traten, das dann auch beim nachfolgenden „Sängerkrieg“ durchgetreten blieb: „Hattet ihr Stress diese Woche? Habt ihr Lust, euch richtig freizuschreien?“ Und ob die Menge Lust hatte, es wurde aus voller Kehle mitgeschmettert, was die Stimmbänder hergaben. Eine kleine „Rüge“ gab es aber doch vom letzten Einhorn: „Dr. Pymonte hat mir gerade geflüstert, er findet es nicht gut, dass es hier so wenige In Extremo-T-Shirts gibt. Ich leite das nur weiter!“ Da konnte der Merch-Stand aber sicher noch Abhilfe schaffen. Weiter ging es mit „Moonshiner“ und der neuen Single „Weckt Die Toten“, bevor man mit „Frei Zu Sein“ einen weiteren altgedienten Gassenhauer ins Set zauberte. Nicht fehlen durfte natürlich auch das bierselig-schunkelige „Sternhagelvoll“, bei dem auch RAUHBEIN-Sänger Henry für einen Gastauftritt auf die Bühne kam. „Störtebeker“ und „Feuertaufe“ schlossen das reguläre Set, vor dessen Ende die Band bereits angekündigt hatte, dass der weitere Ausgang vom Publikum abhänge, ihnen aber so oder so ein strenger Zapfenstreich auferlegt sei, um eine Lärmbelästigung der umliegenden Anwohner zu verhindern. Weder Publikum noch Band ließen sich lange bitten, die lauten Zugaberufe wurden rasch erhört und IN EXTREMO legten mir „Rotes Haar“ nach, dessen Text Das letzte Einhorn passend zum Aufenthaltsort abwandelte: „Ich hab´ mich heut´ in Satzvey verliebt!“. Zum krönenden Abschluss gab es noch „Spielmannsfluch“ und „Pikse Palve“  obendrauf, was – beides garniert mit reichlich Pyrotechnik – dem Tag auf Burg Satzvey ein stimmungsvolles Ende verlieh und das Publikum mehr als zufrieden in die anbrechende Nacht entließ. Man darf hoffen, dass die umgedichtete Zeile von „Rotes Haar“ kein Strohfeuer ist und IN EXTREMO und Burg Satzvey bald wiederzusammenfinden.