Konzert:

HIM, Zeraphine - Hamburg, Große Freiheit

Konzert vom 26.03.2004Warum haben HIM nicht gleich die Color Line Arena gebucht, um den
Auftakt für ihren Deutschland-Feldzug zu feiern? Weil sie rocken wollen, weil sie nicht weit latschen wollen, bis sie auf der Reeperbahn sind. Und weil die Finnen doch nah am Publikum geblieben sind, wie sehr es sie auch anschreit. Selbst das hielt sich im Rahmen, aber da kommen wir noch drauf.


Die Große Freiheit war also heute den zweiten Tag ausverkauft, schon die zweite Frühshow - da bis spätestens 23 Uhr das letzte Heartagram aus der Halle gefegt sein musste, fingen PINKOSTAR schon Punkt 18 Uhr an, um die Zeit hatte ich leider noch einen Termin, und habe den Torben so lange draußen frieren lassen. Sorry Torben, sorry Jungs, vor etwa einem Jahr hat mich
der Power-Pop von PINKOSTAR schon mal überzeugt...


... und ich wusste doch, woran mich ZERAPHINE erinnern: Sänger Sven Friedrich und Gitarrist Norman Selbig waren bei den DREADFUL SHADOWS, die herrlich depressiven Goth-Metal fabriziert haben. Das Publikum kennt ZERAPHINE offensichtlich schon viel besser, die Band wird euphorisch begrüßt, bereits zu Beginn des ersten Songs laufen die beiden Rot-Kreuz-Sanitäter zu Hochtouren auf und versorgen die ersten Mädels mit Kreislaufkollaps. ZERAPHINE covern derweil meinen Ewig-Lieblingssong
"New Years Day" von U2 - und machen das gänsehautreif. Svens Stimme holt tatsächlich aus der damals lauen Früh-Achtziger-Produktion ungeahnte Tiefen raus. Ansonsten plätschert der Gothic Pop gefällig dahin, gerade der große Pulk direkt in der Mitte kennt anscheinend jeden Song und feiert die Berliner dementsprechend ab - und die Band reagiert mit einer Mischung aus Spielfreude und "schwarzem" Understatement. Die Freiheit,
dieser olle Riesen-Saloon, hat sich inzwischen mit den
unterschiedlichsten Leuten gefüllt: Natürlich Hardcore-HIM-Fans,
vorwiegend weiblich, gestylt wie die Vorbilder auf der letzten Tour, schwarze Mützen über die schwarzen Haare gezogen. In der Mitte stehen eine Menge Gothics mit daumendickem Kajal, geschätztes Alter von 14 bis 24, hier genauso viele Mädels-Cliquen wie Pärchen. So weit, so erwartet - aber das waren nur etwa 50 Prozent. Außerdem einige Rocker und Normalos, Männer und Frauen von 25 bis 40, etwas weiter ein Vater mit seinem 13-jährigen Sohn und dessen Kumpel, ein weiterer Vater weit
über 50 mit weißem Hemd stand direkt vor uns.


Es kreischt, es johlt - und auf der Bühne stehen fünf Männer, von denen zwei nicht auf den ersten Blick als Mitglieder von HIM erkennbar sind: Gus Lipstick macht es sich hinter seinem fetten Triple-Bass-Drumset bequem, Gitarrist Linde ist an den blonden Dreads zu erkennen, Keyboarder Burton läuft ohne alle Spirenzchen oder besonderes Styling heute im blauen Shirt auf -
aber Ville HIMself hat sich einen Bart wachsen lassen wie Cpt. Jack Sparrow - äh, Johnny Depp als Pirat - und diese Image steht ihm durchaus. Bassist Migé möchte ich dagegen nicht am Ende dieser Tour sehen, wenn er schon an Tag zwei so erbarmungswürdig aussieht - auch wenn Band und Crew den Auftakt bis heute morgen
um sieben gefeiert haben. Wenn ihm jetzt noch eine Warze im Gesicht wächst, kann er als Lemmy durchgehen, sollte er sich Hauer auf die Zähne aufsetzen könnte er ungeschminkt als
Ork in einem Tolkien-Remake mitmachen. Es gibt sicher auch andere Arten, sich Groupies vom Hals zu halten...

Klar geht´s um die Optik bei einer Band, die so im Fokus der Medien mit den großen Bildern und kleinen Texten steht wie HIM. Trotzdem geht es heute besonders um den ROCK und losgerockt wird mit "Buried Alive By Love". Mit gekonntem Hüftschwung weicht Ville einer fliegenden Colaflasche aus - damit hat der einsame HIM-Antifan sein Pulver verschossen, alle singen den Chorus mit, Linde brät den Song fett auf der Gitarre runter. Gus´ Fuß bleibt auf dem Gas - war "Wicked Game" mal eine Schnulze? Ab heute zieht der Hit ordentlich vorwärts, und rotzrockt sogar ein bisschen. Es folgt die erste Ansage der überhaupt redseligen eineinhalb Stunden, fein ironisch bemerkt Ville, er sei ein egozentrisches Arschloch, aber dafür würde er ja bezahlt. Ville redet viel auf Finnisch, nuschelt ab und zu mit seinen
Bandkollegen, widmet fast jeden Song jemandem anderes, spezielles - und "Your Sweet 666" dem Satan. Tapfer halten vereinzelte Teenager die Pommesgabel in die Höhe, aber die Stimmung ebbt ab, der Song ist entweder zu alt oder
zu langsam. Das ändert sich aber sofort wieder mit "Join Me In Death", da kann wieder jeder jede Silbe auswendig, der Hit, der HIM in Deutschland den Durchbruch brachte. Bei "It´s All Tears" stellt Ville seine stimmlichen Qualitäten unter Beweis, die unter der Feierei offensichtlich nicht im geringsten gelitten haben, jede Höhe sitzt und lässt Herzen schmelzen. Rockig-souverän wird "Solitary Man" angestimmt, am Neil-Diamond-Cover
versucht sich ein deutlich erwachsen gewordener Ville Hermanni Valo. Im Gegensatz zu seinen noch extrem jungen Fans in der ersten Reihe, die schon seit dem ersten Song nach Jägermeister betteln. Die, die alt genug sind, bekommen einen Schluck von der Jäger-Bar direkt auf der Bühne in den "berühmten 50 Sekunden für Jägermeister" - dem "Sacrament" gewidmet wird. Das Publikum erklatscht sich sensationelle zwei Songs als Zugabe,
beim gestrigen Gig gab es nur eine, normal eher keine. Souveränes Ende eines ebenso souveränen Konzertes mit souverän fettem Sound - Ville ist inzwischen ein reifer Conferencier seiner eigenen Shows, seine Musiker dahinter posen kaum und
beschränken sich darauf, aus ihren Instrumenten die exzellente Leistung rauszuholen. Und das sehr überzeugend.



Buried Alive By Love

Wicked Game

Redemption

Right Here In My Arms

Heartache Every Moment

Sweet Pandemonium

Your Sweet 666

Join Me In Death

It´s All Tears

In Joy And Sorrow

Solitary Man

Pretending

The Sacrament

And Love Said No

Funeral Of Hearts

----

Poison Girl

Soul On Fire


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