Konzert:

HIM, The Mission, Alice 2 in Stuttgart - Kleine Schleyerhalle

Konzert vom 22.09.2001Bereits Stunden vorher hatten sich ganze Heerscharen von schwarzgekleideten Teenies aber auch älteren "Grufties", sorry Gothic Jüngern, vor den Glastüren der kleinen Nebenhalle versammelt, um sich die besten Plätze zu sichern. Keine Ahnung übrigens, ob dies bereits vorher so geplant war (auf den Plakaten stand nur Schleyerhalle), aber im Endeffekt waren bei HIM rund 4.000 Konzertbesucher anwesend. In anderen Städten mußten aufgrund der großen Nachfrage die Konzerte sogar von kleineren in große Locations verlegt werden! Der Frauenanteil dürfte so um die 70 Prozent gelegen haben, aber es war nicht das befürchtete "reine" Kiddieskonzert, da auch viele "ältere" Fans wegen "His Infernal Majesty" (HIM) gekommen waren.



Gleich zu Beginn pünktlich ab 20.00 Uhr bot sich uns eine kleine Überraschung, denn mit ALICE 2 präsentierte sich noch eine weitere dritte Gruppe an diesem Abend. Diese deutsche Nachwuchsband spielt eine ganz ordentliche Soundmischung aus Sisters of Mercy meets (neuere) Depeche Mode, ein wenig Projekt Pitchfork mit einem kleinen Schuß Wolfsheim. Sogar eine richtige Gitarre hatte man dabei, die aber leider meistens durch die übermächtigen Keys zu stark untergebuttert wurde. Die reichlich aufgedonnerte Backroundsängerin ganz im schwarzen lack-und ledermäßigen Gothic-Style gekleidet, verkümmerte nur zur rein optischen Staffage, denn zu hören war kaum etwas von ihr. Der Sänger machte einen ordentlichen Job, was auch an den teilweise recht eingängigen und ganz guten Songs lag. Eine etwas abgefahrene Coverversion von den Grungerockern SOUNDGARDEN (Gott hab´ sie seelig!) "Black hole Sun" überzeugte dann auch das zunächst etwas reservierte Publikum. Für Elektronic Freaks die auch etwas Gitarren mögen und auf die bereits oben erwähnten Bands steht, wird die demnächst kommende Debüt-CD sicher ganz interessant werden - insgesamt ein gelungener 30 minütiger Auftritt.



Der Hauptgrund für unseren Konzertbesuch war eigentlich das Interview mit der Kultband aus den 80ern THE MISSION, den Auftritt gab´s dann quasi noch als Draufgabe. Nach der Rückkehr von Bassist Craig Adams versucht Hauptsongschreiber Wayne Hussey (Vocals, Git.) Mit einer neuer CD "Aura" (siehe dazu auch unser Review) wieder an alte Glanzzeiten anzuknüpfen. Nach diesem sehr gelungenen Auftritt kann ich wirklich nur sagen, die Band hat 60 Minuten ein "Best of" kombiniert mit gutem neuen Material sehr überzeugend dargeboten. Das zwischenzeitliche musikalische Tief scheint erst mal überwunden zu sein. Auch das vornehmlich etwas jüngere Publikum zollte den Jungs, mit für eine Vorgruppe mehr als nur wohlwollend gemeinten Beifallsbekundungen, seinen Respekt. Auch ohne den etatmäßgen Gitarristen präsentierten sich THE MISSION auf der Bühne als eine echte Einheit, natürlich dominiert von der charismatischen Stimme von Wayne. Der Sound aus der PA war klar, kam insgesamt gut rüber und auch das Licht war in Ordnung. Besonders die gelungen Coverversionen "Can´t help falling in Love" (Elvis) nur per Gitarre mit Gänsehautfaktor sowie das schmissige "Never let me down again" (Depeche Mode) kamen sehr gut beim Publikum an. Ansonsten wurden hauptsächlich ältere Hits wie "Butterfly on a Wheel", "Tower of Strength", "Hands across the Water" oder "Deliverance" präsentiert. Gerade aber auch die neuen Stücke wie das genial, lockere "Happy", das etwas monumentale "Slave to Lust" oder das rockige "Evangeline" unterstreichten die echte Spielfreude die von der Band an diesem Abend auf der Bühne voll ausgelebt wurde. Der etwas überraschende Abgang nach 1 Stunde war ein herzliches "Fuck off" ins Mikro und eine auf den Boden geworfene Gitarre von Wayne mitten im Lied...?! Mehr von THE MISSION und zur aktuellen CD "Aura" gibt´s auch noch im Interview bei uns zu erfahren.



Zunächst mal hätte der Gig schon um 22.00 Uhr beginnen sollen, aber unsere "Majestät" stellte die Geduld des Publikums auf eine etwas längere Probe, was sich auch in lautstarken Unmutsäußerungen festmachen lies. Kurz vor halb 11 Uhr kam die Band dann doch noch auf die Bühne und als Ville Valo mit langem Mantel und Rapperstrickmützchen seine Blicke durch die geschminkten Augen in die Halle schweifen lies, war alles vergeben und vergessen, die ersten Kreislaufopfer mußten von der Security in den Graben gezogen werden. Gegenüber dem letzten Konzert im letzten Jahr beim SWR3 New Pop Festival machte "Mr. Gothic Rock" einen recht frischen und fitten Eindruck. Er wirkte nicht so abwesend und ausgemergelt wie damals und beschränkte sich fast nur auf´s Rauchen während des Auftritts (ein exzessiver Bierflaschen oder Dosengenus wie schon erlebt war nicht zu erkennen!). Eher etwas weich, in sich gekehrt und schüchtern wirkte er zu Konzertbeginn etwas im Gegensatz zur Gitarren- und Bass-Fraktion, die schon etwas eher (rein optisch) dem Image von koksenden bzw. durchgeknallten Rockstars entsprachen.
Das simple Erfolgsrezept von HIM ist wiederum relativ schnell zu erklären: Die Songs sind eine perfekte Synthese aus düsteren Klängen, die sich wohl am ehesten mit der schon sprichwörtlichen finnischen Melancholie und eingängigen Melodien erklären lassen, beinhalten fast immer einen zerbrechlich wirkenden Refrain mit hymnenartigem Charakter der sich bereits nach einmaligem Hören in den Köpfen der Leute fest. Die Lautstärke war auch hier o.k., der Sound kam ebenfalls klar rüber für die Optik gab´s eine Standardlichtanlage (nichts besonderes) aber für die Leute ganz hinten hatte man eine Videoleinwand in der Bühnenmitte angebracht und zwei Kameras lieferten die Bilder live dazu. Vom Programm her wurden sogar überraschender Weise einige Tracks (u.a. "Rebell Yell" und "Wicked Games") von der allerersten und meiner Meinung nach auch besten HIM CD bisher "Greatest Love Songs Vol. 666" gespielt und dann gab´s natürlich die Hits aus dem vorletzten Megaseller "Razorblade Romance" wie "Join me" oder "Right here in my Arms".
Trotz aller Präsenz dränge sich Ville nicht ständig in den Vordergrund stellte, sondern ließ auch die Band ein wenig spielen. Die Songs waren, wenn´s denn mal keine Ballade war, live etwas rauer und kamen nicht ganz so poppig rüber, wie vor allem auf der neuen Langrille. Grade dieser Livecharakter macht HIM auf der Bühne wesentlich besser als auf CD, da man hier die Tonnen an Kitsch glücklicherweise nicht per Band mitlaufen läßt. Klar aus dem aktuellen "Deep Shadows and brilliant Highlights" gab´ auch einiges zu hören und dabei wußte dieser kleine Mann mit seiner transparenten und unheimlich breit gefächerten Stimme voll zu überzeugen (auch mit Wandergitarreneinsatz!). Trotz aller Aufregung und Hype beim Publikum - HIM liefern einen soliden Gig ab, funktionieren perfekt, waren sehr unterhaltsam dabei aber wirklich (musikalisch) begeistern können die Jungs wirklich nur selten.