HammerFall, Vicious Rumors, Amaranthe, Death Destruction – Hamburg, Große Freiheit

DEATH DESTRUCTION sind die ersten Göteborger mit zu viel Tagesfreizeit. Am Bass macht sich HAMMERFALLs Bassist Fredrik Larsson warm – und schwitzt nach wenigen Songs ganz gehörig, denn außerdem plagt ihn die Tourgrippe. Als die Band gegründet wurde, waren Gitarrist Henrik Danhage und Schlagzeuger Jonas Ekdahl noch bei EVERGREY beschäftigt und haben aus Bock an der Freude New-Orleans-Sludge gezockt. Nein, keine Ahnung, ob es Absicht war wie eine ganz kommode Version der PANTERA-Nachfolgebands DOWN oder DAMAGEPLAN zu klingen, aber so hören sich DEATHDESTRUCTION heute hier an: Also nach groovigem, basslastigem Post-Thrash mit grenzvernünftigem Frontschreier in Person von Jimmie Strimmel, dem ex-NIGHTRAGE-Shouter. Wo wir schon am Namen fallen lassen sind: Auch Jonas Ekdahl hat noch 'nen Nebenjob und war auf den Clubshows bei IN FLAMES für Daniel Svensson eingesprungen (siehe unserem Bericht).
Die gebündelte Liveroutine merkt man der Band an - jeder, der mit der Musik auch nur ein bißchen was anfangen kann, wird mitgerissen und zum mitgehen animiert - allerdings ist es noch nicht voll und viele denken in den ersten Sekunden, auf dem falschen Konzert zu sein.
Zu AMARANTHE, der nächsten Rutsche Göteborger Musiker, war der Saal deutlich voller – und die Publikumsreaktionen deutlich besser. Klar, die Sechs um Songwriter und Bandkopf Olof Mörck haben schon auf der KAMELOT-Tour einen guten Eindruck hinterlassen. Die Musik ist zwar mit ihren technoiden Samples ähnlich wenig HF-kompatibel, aber voller Hits, die größten Ohrwürmer darunter sind "Automatic", "1.000.000 Lightyears" und "Hunger". Genauso stimmig, wie die Songs durchkomponiert sind, ist das Wechselspiel der Musiker auf der Bühne choreografiert. Die im Vergleich zur Markthalle deutlich breitere Bühne tut der Band sichtbar gut, die beiden Sänger Jake E und Andy Solveström haben beide mehr Einsätze als Sängerin Elize Ryd – können aber natürlich nicht halb so sehr mit den Blicken des männlichen Publikums spielen. Der Diskokugel-BH hätte da nicht auch noch sein müssen... Auch das Sportprogramm, also die Aufforderung zum kollektiven Hüpfen, war grenzwertig (gut, dass die Decke über dem Kaiserkeller stabil ist), kam aber gut an!
AMARANTHE Setlist:
Leave Everything Behind
Enter The Maze
1.000.000 Lightyears
Automatic
Call Out My Name
It's All About Me
Serendipity
My Transition
Hunger
Ach ja, es war Halloween, ganz unübersehbar. Auf der Bühne hielt sich ein Gorilla für den Guitar-Tech, das Merch wurde von einer blutverschmierten Untoten verkauft – und VICIOUS RUMORS haben die Zeichen der Zeit in ihren Gesichtern unter einer Art KISS-Schminke versteckt. Die Schlachtschiffe des US Power Metal kokettierten mit "150 Jahren im Metal" - eines der Bandmitglieder hatte wohl just erst 50. Geburtstag. Die jungen Erwachsenen, die sich langsam für HammerFall güngstig vorne plazierten, könnten locker ihre Kinder sein – konnten aber wenig mit den schreienden Gitarren und dem Double-Bass-Gewummer anfangen. Dazu kam, dass der Sound immer schlechter wurde. Während AMARANTHE gab es bereits einige fiese Rückkopplungen, bei VICIOUS RUMORS war es nur noch laut. Schwamm drüber, einige Besucher der Altersgruppe 40+ scheinen bei der spielfreudigen und agilen Band bei etwa 40 Minuten Spielzeit deutlich auf ihre Kosten gekommen sein.
HAMMERFALL haben sich mit der konstanten Anzahl an Hits in den vergangenen Jahren von der streitbarsten zur Konsensband entwickelt: Ob jung oder alt, ob weiblich, männlich oder gewechselt: Keine und keiner versingt sich beim Chorus von HAMMERFALL. Oder hatten wir "Oooohooohoo" schon beim letzten Lied? Joacim Cans witzelte sich durch die Moderationen, animierte die Massen zum Mitklatschen im Rhythmus und machte seltsame Komplimente. Bassist Fredrik Larsson und die beiden Gitarristen Oscar Dronjak und Pontus Norgren hatten mit LED verkleidete Rampen als Auslauffläche. Nur Schlagzeuger Anders Johansson, der schien auch mit dem Sound nicht zufrieden gewesen zu sein – und rührte aus Protest seine Toms den gesamten Set über nicht an. Aber das wird zwischen Feuerzeug-Schwenken und "Ooohooohoo"-Singen kaum jemand bemerkt haben. Die Setlist hatte bei fast 100 Minuten Spielzeit einige länger nicht gespielten Perlen und genau die richtige Mischung aus Balladen, schnellen Songs zum Headbangen und - "ooohooohooohoo" - hatte ich die Midtempo-Hits schon erwähnt?
HAMMERFALL Setlist:
Patient Zero
Heeding The Call
Any Means Necessary
B.Y.H.
Blood Bound
Let's Get It On
Last Man Standing
Renegade
Always Will Be
Dia De Los Muertos
Riders Of The Storm
Steel Meets Steel
Let The Hammer Fall
Legacy Of Kings
The Dragon Lies Bleeding
The Templar Flame
---
Glory To The Brave
One More Time
Hearts On Fire