Konzert:

GHOST - Frankfurt, Festhalle

Konzert vom 22.04.2022
Langsam, aber doch mit zunehmender Dynamik rollt die Konzertbranche ihren Willkommensteppich wieder aus. Eine der ersten Bands, welche die großen Hallen der Republik bespielen, ist GHOST: ein starkes neues Album im Gepäck, dazu zwei hervorragende Supporter dabei, ein spannendes visuelles Konzept und kaum Konkurrenz in den Nachbarhallen. Aber sicher sind einige Fans doch noch verunsichert, die Infektionszahlen sind weiter beträchtlich, die Absage-Gefahr eines Gigs dadurch gleichbleibend hoch, und eine gewisse Angst vor dem Virus ist nach wie vor spürbar. Das ist vermutlich auch ein Grund, weshalb GHOST die gewählte Location nicht wirklich füllen konnte, wobei das auch an der etwas zu positiven Auslastungs-Prognose liegen könnte. In unserem Fall war die Frankfurter Festhalle (Fassungsvermögen bis zu 13500 Zuschauer), ohne dass die Ränge belegt waren, mit gut 3000 Besuchern zu zwei Dritteln gefüllt. Das Publikum war eher jung, und etwa 5% davon trugen - freiwillig - Masken in der 3G-geprüften Halle.

Die amerikanische Vorband TWIN TEMPLE passte wunderbar zum Hauptakt. Das Kollektiv, gefrontet von einer Gothik-Amy Winehouse (natürlich nicht ganz mit deren Timbre), erschien im "Tim Burton-Look" und bot romantisch düsteren Gothic Rock, zum Teil mit Saxophon-Begleitung. Dem Publikum gefiel die atmosphärische Einstimmung. Darauf folgte die UK Doom Metal-Band UNCLE ACID AND THE DEADBEATS, die mit ihrem harten, stoischen Heavy Rock die Metal-Fraktion befriedigte und die Romantik des Openers aus dem Auditorium fegte. Beide Vorbands hatten eine Riesenbühne zu bespielen, eine atmosphärische Lightshow zur Verfügung, und auch ihre Logos waren als Hintergrundbanner großflächig präsent.

Pünktlich um 21:00 Uhr erlosch, nach kurzer Umbaupause, die Beleuchtung, und das melancholische Intro "Imperium" der neuen GHOST-Platte ertönte, gefolgt von "Kaisarion", dessen Anfangsriff ein von hinten beleuchteter Nameless Ghoul (Schatten) kurz vor dem Fall des Vorhanges ungemein cool einleitete. Die Halle war sofort aus dem Häuschen, und auch ich bekam bei dem ausgesprochen mitreißenden Beginn mein Grinsen nicht vom Gesicht. "Rats" war Nummer zwei, und spätestens hier war auch der letzte Bewegungsmuffel am Tanzen. Die Kulisse, die Maskerade und die Beleuchtung - alles stilvoll aufeinander abgestimmt und zum Gruseln schön. Einzig der Sound, der in der Festhalle selten für Begeisterung sorgt, schwächelte, wurde von Song zu Song aber besser und letztendlich ganz ordentlich. Cardinal Copia bzw. Tobias Forge bewegte sich erhaben, theatralisch und oft gestenreich, was die nicht vorhandene Mimik kompensierte. Ebenso geizten die Nameless Ghouls nicht mit ihren Posen und gaben sich dynamisch und schwungvoll an ihren Instrumenten. Der/die Leadgitarrist/in, jedenfalls der etwas zierlichere der beiden, meist mit einer weißen Gitarre, machte einen super Job und brillierte - gerade bei den beiden Instrumentals - ein ums andere Mal mit seiner/ihrer präzisen und ansprechenden Arbeit. Weitere Höhepunkte der Show waren die Ballade "He Is", "Dance Macabre", METALLICAs langsam eingeleitetes "Enter Sandman" und Papa Nihils Auferstehung inklusive Saxophon-Solo. Tobias Forge überraschte mit humorvollen und irgendwie partiell bescheiden daherkommenden Ansagen und bedankte sich abschließend bei allen Vorbands, den Beteiligten hinter der Show und nicht zuletzt beim Publikum fürs Kommen und Abfeiern.

Ich fühlte mich schaurig schön von einer dynamisch agierenden Band unter Führung ihres schillernden Arbeitgebers und Masterminds unterhalten. Ich hätte es gut gefunden, wenn sich die Künstler bei der abschließenden Verbeugung demaskiert hätten, und wir in die tatsächlichen Gesichter hätten schauen dürfen. Gleichwohl, ein gelungener Abend, eine tolle Show! Ohne Frage haben wir den kommenden Headliner, auch von großen Festivals, gesehen!

Text: Marco Berghammer, Bilder: Michael Berghammer

 


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