Konzert:

Fluff Fest 2010 - Freitag

Konzert vom 23.07.2010Das Fluff Fest ist das Paradebeispiel für ein DIY-Festival, das jährlich um die 2.000 Besucher anzieht und sich jeglichen Versuch der Kommerzialisierung verweigert: es gibt keine Karten im Vorverkauf (von sinnfreien Frühbucher-Shirts ganz zu schweigen), keine Sponsoren, keine tausend Bühnen, keine Security. Dafür Infostände, ausschließlich veganes Essen, eine entspannte Atmosphäre und günstige Preise. Duschen und Wasser-WCs werden dafür vergeblich gesucht, sind aber im nahe gelegenen Freibad zu finden, dessen einzige Dusche allerdings konkrete acht Grad Celsius hat. Aber das weiß jeder Besucher vorher, beschwert hat sich deswegen niemand, stattdessen wird sich über die günstigen Preise, die gut sortierten Distro-Stände, das Rahmenprogramm und nicht zuletzt die Bands gefreut.

Nach einer chaotischen Anreise, die uns durch das heftigste Gewitter seit Menschengedenken brachte, das schlappe fünf Stunden anhielt, erreichten wir Donnerstagnacht das bereits gut gefüllte Gelände. Am Freitag ging es nach kurzer Nacht, einem Abstecher zum Supermarkt und einer Erfrischung im Schwimmbad (was bei herbstlichen Temperaturen kein Spaß war) direkt vor die Bühne, wo es mit RAMMING SPPEED die erste Band des persönlichen Spielplans zu sehen gab.


Die Bostoner, die Kollege Otto mit ihrer “Brainwreck”-Scheibe überzeugen konnten, präsentierten sich als gut gelaunte, spielfreudige Thrash-Band, die beim Publikum bestens ankam und die ersten Stagediver für sich verbuchen konnte. Besonders der leichti dickliche Typ mit Oberlippenbart sprang immer wieder von der Bühne, zum Schluss nur mit einer Unterhose bekleidet, was den RAMMING SPEED-Basser dazu anhielt, sich mehr Stagedives von ihm zu fordern. Musikalisch klar auf MUNICIPAL WASTE-Kurs, was die Chose kurzweilig und partytauglich, ganz wie Thrash Metal sein sollte. Shouter Pete wirbelte wie eine Mischung aus LG Petrov und Barney Greenway über die Bühne und unterhielt mit kurzweiligen Anekdoten zwischen den Songs. Gelungener Auftakt für das Fluff Fest mit einer Party-Band in Höchstform!



PUNCH

Freundlich sind PUNCH auch, die Amis bitten sogar ausdrücklich darum, dass möglichst viele Leute auf die Bühne kommen, scheinbar mögen sie es kuschelig. Sängerin Meghan hatte sich just an diesem Tag den Knöchel verletzt, sich im Krankenhaus aber nur soweit eingipsen und verarzten lassen, dass sie die Show spielen konnte. Hinkend machte sie das mit Bravour und ohne sich oder ihren Knöchel zu schonen. Nach vier Wochen Tour sind sie und ihre Kollegen eine bestens eingespielte Einheit, die ihren brutalen Hardcore präzise und unbeeindruckt vom Gewimmel auf der Bühne in die Menge feuerte und das Fluf-Publikum zu einem großen Pit bewegen konnte. Das von RAMMING SPEED hoch angesetzte Niveau konnten PUNCH locker halten.



CARPATHIAN

Bevor die Australier um den sich gerne mal die Schuhe ausziehen lassenden Sänger Marty auf die Bühne kamen, standen PURIFICATION an, die aber für ein kurzes Nickerchen sausengelassen wurden. Um die Römer hatte es im Vorfeld viel Wirbel gegeben, da sie einen Ruf als faschistische Band hat – wie weit das wahr ist, konnte nie ganz geklärt werden. Bei CARPATHIAN ist das alles sauber, zum Glück. Die Australier hatten erkennbar Bock auf diese Show und gaben von Beginn an Vollgas, wobei Marty wie erwartet im Rampenlicht stand, was er aber sichtlich genoss. Zwei neue Songs hatte sich in die Setlist geschlichen, der Großteil bestand aber aus Material von „Isolation“, das natürlich sehr gut ankam und für mächtig Action vor und auf der Bühne sorgte. Marty behielt diesmal seine Schuhe an, auch wenn er einige Male unter Stagedivern begraben wurde. Also alles gut im Hause CARPATHIAN.



COMADRE

Genau wie ihre Tourpartner PUNCH mögen es COMADRE kuschelig auf der Bühne, weswegen sie erst loslegten, als selbige gut gefüllt war und sich der Bewegungsradius der Instrumentalfraktion auf ein Minimum beschränkte – es hat seinen Grund, dass die Monitorboxen nicht auf dem Boden stehen, sondern aufgehängt sind. COMADRE präsentierten sich am letzten Tag ihrer vierwöchigen Tour erwartungsgemäß gut aufeinander eingespielt und mit Bock auf die Show, ist doch eine Kulisse wie das Fluff Fest ein schöner Tourabschluss. Da ließen es sich die sympathischen Amis nicht nehmen, noch einmal richtig Vollgas zu geben und ihre komplexen Hardcore-Songs einen Ticken schneller als noch zu Tourbeginn zu spielen, was das Publikum mit dem bis dato heftigsten Pit quittierte. Das und die Zugabe ließen COMADRE sicher mit einem dicken Grinsen von der Bühne und nach Hause gehen. So schön kann die letzte Show einer Tour sein.



RUINER

Bis zur letzten Show ist es bei RUINER noch ein wenig hin, die wird am 09.10. in Baltimore stattfinden. Auf ihrer letzten Euro-Tour werden die Herren um Wutzwerg Rob in Tschechien frenetisch empfangen, schon vor dem Gig mussten die Typen viele Gespräche am Merch-Stand über sich ergehen lassen. Aber so freundlich und herzlich wie RUINER dabei waren, auch wenn sie sicher hundertmal das Gleiche sagen mussten, machte sie nur noch sympathischer. Als es pünktlich um 21 Uhr mit ihrer Show losging, war es vor der Bühne gerammelt voll, von Beginn an tobte da der Bär und wurden die meisten Stagediver des Tages verzeichnet. Wie immer war Rob am Mikro Dreh- und Angelpunkt der Show, deren Setlist sich auf ihre EPs (die in „I Heard These Dudes Are Assholes“ zusammengefasst sind) und „Hell Is Empty“ konzentrierte, dessen Vorgänger nur mit wenigen Songs gestreift wurde. Egal aus welche Schaffensphase die Songs stammten, jeder wurde frenetisch mitgesungen, mit gereckter Faust, Stagedives und allem was dazugehört. Viel zu schnell war die Show vorbei, was ja klar war – Abschied nehmen fällt bei einer Band nie leicht. Klar, dass RUINER noch eine Zugabe spielen musste, vor der das Publikum die Wahl hatte, welcher Song gespielt werden sollte und sich für einen alten entschied. Pünktlich dazu setzte ein heftiger Regenschauer ein, der die Leute vor der Bühne in Sekunden bis auf die Haut durchnässte, was natürlich die „selbst der Himmel weint an diesem Abend“-Vergleiche aufbrachte. Doch weder der Regen noch das Ende der Zugabe ließ die Fans verschwinden, so dass RUINER noch einen Song spielten, nachdem alle auf der Bühne Stehenden ihre Shirts ausgezogen hatten. Das Angebot, dass alle ihre Hosen ausziehen für einen weiteren Song wurde dann aber doch nicht angenommen…. Schade eigentlich…Eine grandiose Show, mit der sich RUINER würdig vom Fluff Fest verabschiedeten und klarmachten, was für eine Lücke sie hinterlassen werden…