Extremefest 2013 - Donnerstag + Freitag

Von der Logistik her ist das Extremefest gut aufgestellt, die Wege sind kurz, die Auswahl an Essens- und Merchständen groß und die Security jederzeit freundlich und tatsächlich zu Scherzen aufgelegt. Einzig die Tatsache, dass die Programmhefte nicht rechtzeitig aus der Druckerei kamen, trübte das gute Bild; erst im Laufe des Samstags waren einzelne Hefte am Start….
Für das schlechte Wetter kann niemand was, immerhin blieb es relativ trocken. Aber auch so machten 11-12 Grad und starker Wind selten Spaß. Gut möglich, dass der ein oder andere es dann doch vorzog, zu Hause zu bleiben – wirklich gut besucht wirkte das Extremefest nicht.
Dank Arbeit und der allgemeinen Verkehrslage wurde es am ersten Festivaltag knapp mit Bands, so dass nur ENSLAVED, VOMITORY und LEGION OF THE DAMNED geschaut werden konnten.
Als Co-Headliner waren ENSLAVED ein Beleg für die breitgefächerte musikalische Ausrichtung des Festivals, immerhin sind die Norweger deutlich progressiver und schwarzmetallischer als die durchschnittliche Death Metal-Combos, die das Bild des Deathfeast geprägt hatten. Mit „Riitiir“ haben die Kerle ein Album am Start, das vor Hymnen und Progressivität nur so strotz. Mit angemessen viel Pathos in den Gesten und dem Stageacting wurden dann auch die Songs präsentiert, und wer sich als Zuschauer über seine warme wasserdichte Jacke freute, wurde beim Anblick entblößter Gitarristenoberkörper daran erinnert, dass der durchschnittliche Norweger 11 Grad als sommerlich ansieht. Im langsam vergehenden Tageslicht kam dann auch nach und nach die Lightshow zur Geltung, die gut auf ENSLAVED abgestimmt war und effektvoll unterlegte. Vor der Bühne war allerdings nicht übermäßig viel los, angesichts des Co-Headliner-Status, aber Kälte und erste alkoholbedingte Ausfallerscheinungen dürften den einen oder anderen im warmen Zelt (dem eigenen oder dem Partyzelt) versacken lassen. Im Partyzelt war mit VOMITORY ja auch ein mehr als interessanter Konkurrent – die Schweden hatten zwar leichte Verspätung, gaben dann aber gnadenlos Vollgas und legten Bühne und Zuschauer in Schutt und Asche. Beeindruckend, wie immer.
Bei LEGION OF THE DAMNED wurde es dann etwas voller, der holländische Thrash Metal geht ja auch mit zehn Bier im Kopp noch super. Immer schön auf die Fresse, immer schön die beeindruckenden Matten schwingen und immer schön schörkellos nach vorne spielen war dann angesagt. Eine gute Stunde gaben LEGION OF THE DAMNED Vollgas und rissen das Publikum nochmal mit, in den ersten Reihen wurden ordentlich die Rüben geschüttelt. Wer mit dem Songmaterial nicht ganz so vertraut war oder mit Thrash Metal generell weniger anfangen konnte, hatte zwar eher den Eindruck einer sich sehr ähnelnden Songstruktur in der Setlist, aber wer Bock auf eine Stunde Abschädeln und Metal hatte, kam hier voll auf seine Kosten.
Am Freitag wurde es vom Wetter her nicht besser, auch wenn sich zwischendurch mal die Sonne zeigte. Die erste Band des Tages waren dann die Schwedengrinder VOMITOUS, die ordentlich Leute vor die Bühne ziehen konnte. Überhaupt war bei den Grindbands immer gut was los, inklusive Dauer-Circlepit und viel lustig kostümierten Leuten. So auch bei VOMITOUS, die mit zwei Sängern gut Alarm machten und eine gute halbe Stunde lang jedem Anwesenden das letzte bisschen Müdigkeit aus dem Schädel grindeten.
KATALEPSY schickten sich dann an, mit präzise gespieltem Death Metal die Main Stage zu zerlegen. Die Moskauer machten dabei alles richtig (umsonst sind die nicht bei Unique Leader Records gelandet), die anwesenden Totmetaller freuten sich dann auch zu Recht.
Interessanter war es dann aber im Zelt, wo CARACH ANGREN die Black Metal-Fahne hochhielten. Auch wenn kleine nagende Gedanke im Hinterkopf war, dass es Black Metal und Deathfeast nicht passen, muss den Niederländern eine gute Leistung bescheinigt werden – und es ist das Extremefest, da darf auch Black Metal am Start sein. Inklusive Corpsepaint, großen Gesten und viel orchestralem Flair. Da es endlich auch einmal guten Sound im Zelt gab, kam das Ganze auch angemessen wuchtig aus den Boxen und die Fans auf ihre Kosten. Es war relativ viel los, in den ersten Reihen standen die Fans dicht gedrängt, um die Matte zu schütteln, die Fäuste zu recken oder Genre-entsprechend evil as fuck zu sein. Gute Show, alles in allem.
FLESHGOD APOCALYPSE legten dann einen längsten Soundcheck-Phasen des Extremfest hin, was sich aber immerhin auszahlte: die 45 Minuten Setlist wurde angemessen fett aus den Boxen gedrückt. Mit dem anspruchsvollem Sound und Songwriting der Band muss der geneigte Zuschauer erstmal warm werden, entsprechend verhalten war die Stimmung zu Beginn, um sich dann im weiteren Verlauf zu bessern. Live überzeugen FLESHGOD APOCALYPSE dank interessantem Outfit, viel Action und einer ausgewogenen Setlist deutlich mehr als auf Platte, das wurde hier einmal mehr unterstrichen.
Schwarzmetallisch ging es dann mit SVARTTJERN weiter. Böse, blutig, Nietenarmband-galore schwarzmetallisch, um genau zu sein. Die Band prügelte sich durch ein gnadenlos nach vorne gehendes Set, mit dem sie die zahlreichen Schwarzwurzler überzeugen konnte, die Stimmung im Zelt war schnell am Kochen. Es darf nicht vergessen werden, dass manche Black Metal-Combos ihren Death Metal-Kollegen in Sachen Brutalität in nicht viel nachstehen, wie SVARTTJERN eindrucksvoll unter Beweis stellten.
SEPTIC FLESH sind einfach nicht unterzukriegen, die Griechen machen schon seit Dekaden extremen Metal. An diesem Abend konnte das aber nicht wirklich fesseln. Viel los war vor der Bühne auch nicht, so dass das Ganze für viele Besucher eine willkommene Gelegenheit zur Nahrungsaufnahme war. Die gestaltete sich recht einfach, von mehreren veganen über vegetarische bis zu omnivoren Essen gab es alles in guter Qualität und zu relativ fairen Preisen. Das Geschäft seines Lebens machte dabei erschreckenderweise der Kaffeestand, bei frostigen Temperaturen wenig überraschend.
HELRUNAR konnten mit ihrem 2011-Doppelschlag „Sól I und II“ Kollegen Christian begeistern und sich einen Namen in der Pagan/ Black-Szene machen. Erwartungsgemäß war das Zelt gut gefüllt, für viele Besucher waren HELRUNAR ein Grund für den Besuch des Festivals, wie auf Nachfrage deutlich wurde. Die sympathischen Musiker gingen mit dem Druck gelassen um und legten scheinbar mühelos eine saugute Show hin, bei der einfach alles passte. Der in sich und seine Texte versunkene Sänger und die wild auf das Publikum einbrüllenden Gitarristen bildeten einen interessanten Kontrast und rissen die Fans mühelos mit. Es war schlicht und einfach ein großartiger Gig, voller Atmosphäre und Leidenschaft – ein sehr schönes Beispiel für die Faszination von Livemusik.
GRAVE. Oldschool Death Metal. Seit tausend Jahren dabei, von ein paar Jahren Funkstille (in prä-Internetzeiten) mal abgesehen.
„So Germany and Extremefest.
That was killer!!!
Let's do that again soon.”
Ola fasst es treffend zusammen. 45 Minuten auf den Punkt gespielter Death Metal, alle Alben berücksichtigt und die Fans zum Toben gebracht. So muss das sein. So war es. Over and out.
DARK FORTRESS gaben den Headliner im Zelt, konnten aber gegen die starken HELRUNAR- und SVARTTJERN-Auftritte nicht ankommen, auch wenn sie eine insgesamt solide Show boten. Es wirkte aber alles eine Spur weniger mitreißend, weniger heftig und weniger emotional. Kann passieren, wirklich schlecht waren DARK FORTRESS ja nicht, nur eben nicht so arschtretend wie die ihre Einheizer.
TANKARD. Ebenfalls oldschoolig, aber auf ihre eigene, thrashige Art und Weise. Gerre ist ein aktiver Fronter und hat viel Spaß an der Show, genau wie seine drei Mitstreiter. Aber im Vergleich zu GRAVE oder ENSLAVED wirkten TANKARD nett und bemüht, aber ziemlich harmlos. Mit zehn Bier intus sah die Sache zwar bei vielen Fans anders aus, zumal sich TANKARD textlich ja mit genau der Thematik befassen und sich zum Thrash Metal gut besoffen moshen lässt, aber von außen betrachtet waren TANKARD nett, mehr nicht.
Eine Überraschung gab es bei KATAKLYSM: nach ewig langer Umbaupause und Soundcheck (es war mittlerweile lausig kalt, nachts sank die Temperatur bei wolkenloser Nacht auf drei bis vier Grad) hatten die Kanadier den dünnsten Sound des Tages. Die Gitarren zu leise, der Gesang undifferenziert und das Schlagzeug mit wenig Durchschlagskraft, so konnte das nichts werden. Die Songs litten so fürchterlich, zumal KATAKLSYM bei der Songauswahl auf viele ähnliche strukturierte Nummnern setzen und so schnell einlullten. Die Resonanz war zwar trotzdem gut, aber übermäßig viele Fans waren nicht vor Ort, um dem Headliner des zweiten Festivaltages zu sehen.