Earthshaker Fest 2006 - Samstag

MENDEED sollten dann die heftige Überleitung zu ENSIFERUM bilden - war aber nicht so. MENDEED schrieen sich zwar die Lunge aus dem Leib, aber darauf folgte erst mal BRAINSTORM. Davor gab es noch kurz bayerischer Hardcore in Form von volkstümlicher Musik vom Band und original Schuhplattler - und auch dafür gab es fair Beifall. Da sag mal einer Metaller wären nicht tolerant. Und die Jungs vom Heimatverein langten danach auch ganz schön beim Bier zu.
Dann aber erst mal BRAINSTORM. Laut dem gutgelaunten Sänger und Bandleader Andy B. Franck tauschten man den Platz mit ENSIFERUM um wieder rechtzeitig zum Tiger-Enten-Club zu Hause zu sein. Das die Schwaben auch im Bayernland viele Fans hatten war ziemlich schnell klar - wurden die German Power Metal Heroen mit ihrem überragenden Sänger doch gnadenlos abgefeiert. Die Songs der drei letzten Alben knallen aber auch Live dermaßen rein, dass die 45 Minuten wie im Fluge vergingen. Vom beginnenden "Inside The Monster" bis zum gefeierten Schluss "All Those Words" - kraftvoll und nicht einfach gestrickte aber immer melodische Hammersongs - das machte Lust auf mehr. Dabei kam es dann auch noch zu der kultige Ansage: "Ihr da vorne habt uns reich gemacht, ihr da hinten downgeloaded!". BRAINSTORM gehören definitiv zu Deutschlands Besten. Gegen Ende des Sets tauchten noch einige verdutzte BRAINSTORM-Fans auf und motzten kräftig, hatten sie doch vom Billing-Tausch nichts mitbekommen. Zurecht - diese Info sollte man als Organisator besser an die Fans (auch auf en Zeltplätzen) transferieren.
Mit ENSIFERUM kam danach ein weiterer Vertreter des spaßigen Pagan-Metals an die Reihe. Dabei vollzog sich im Publikum schon ein leichter Tausch von etwas "älter" zu den etwas "jüngeren" Fans, von denen Herscharen in den Bandshirts von ENSIFERUM herumtollten. Die jungen finnische Band konnte auch nach der Abwanderung ihres ehemaligen Sängers zu WINTERSUN mit adäquaten Ersatz auftreten und lieferte eine spaßige pagantanzbare dreiviertel Stunde ab. "Tale Of Revenge", "Old Man", "Iron”, "Token Of Time” und "Into Battle” - bekannte Songs zum mitgrölen und mitfeiern. Und so war es dann auch. Da musste dann erst mal die tägliche Grill- und Bierpause her - der fielen KATAKLYSM und EKTORMORF zum Opfer. Vor allem der Auftritt von KATAKLYSM muss wohl genial gewesen sein - man kann halt nicht alles haben.
Dafür war man (und Frau) bei ARCH ENEMY wieder sehr zahlreich vor Ort. Und eines gleich vorneweg. Die Schweden mit deutscher Sängerin waren eines der Highlights des EARTHSHAKER 2006. Den Trend mancher Landeskollegen zu poppigeren Tönen trotzend, lieferten ARCH ENEMY ein Feuerwerk an harten melodischen Death Metal ab, welches auch Live gekonnt instrumentale Parts aus Thrash und Power Metal bot ohne dabei auch nur einen Tick an Gewalt zu verlieren. Das neben den endgeilen Gitarristen auch der Rest der Band musikalisch zu überzeugen weis, sollte bei Amott & Co. nicht wundern. Über Angela’s Gossow Organ kann man wohl trefflich streiten - Live machte sie auf dem EARTHSHAKER einen mehr als guten Eindruck und schrie sich die Seele aus dem Leib - was eine Frau. "My Apocalypse", "Burning Angel", Dead Eyes See No Future" und natürlich den aktuellen Hit "Nemesis" - für musikalische Vollbedienung war gesorgt. Das einzige Manko eines euphorisch aufgenommenen Auftrittes - schon nach wenigen Minuten war zu Beginn der Senderakku von Gitarrist Fredrik Akesson leer. Peinlich - für wen auch immer.
Auf den nächsten Gast und dessen Setlist war ich echt gespannt. JON OLIVA’S PAIN sollten laut Ankündigung einen "Special SAVATAGE Set" spielen - und das machte die Combo aus den Staaten dann auch. Neben zwei, ohne Probleme zu den SAVATAGE-Klassikern passenden Songs seiner neuen Band JON OLIVA’S PAIN zelebrierte das EARTHSHAKER FEST einige der alten SAVATAGE Tracks regelrecht: "Sirens", "Gutter Ballet" (schon nach den ersten Pianoanschlägen ging ein Aufschrei durchs Volk), "Jesus Saves" und die Gänsehautballade "Believe". Dabei kann der Gesang des immer noch sehr stabilen Jon Olivia zwar nicht mit Zak Stevens mithalten - aber nicht nur die Songs von "Streets" kamen zeitlos gut rüber. Jon schien das ganze so zu gefallen, dass er regelrecht in Wallung kam und sogar seine Sonnelbrille verlor - und das an seinem Geburtstag. Ein Ständchen des Publikums dazu war dann Ehrensache. Was dann zum Schluss nicht fehlen durfte kam auch - "Hall Of The Mountain King" - da blieb manchen Jungspund der Mund sperrangelweit offen stehen. Ganz toller Auftritt der nicht mehr ganz so jungen Kerle aus Florida, die sichtbar Spaß hatten.
Dann sollten eigentlich NEVERMORE ran, auf die hatten sich viele besonders gefreut. War aber nicht. Aus unerfindlichen Gründen mussten die mit den DEATHSTARS den After Show Part tauschen - frustriert trollte ich mich um mich bis zum OPETH Gig mit dringend notwendiger Flüssigkeit zu versorgen.
OPETH präsentierten unbestritten hochklassige und innovative Songs und sind ansonsten eine perfekte Gehirnnahrung für nebelige Novembertage. Bei gleißendem Sonnenlicht und gefühlten 40 Grad sprang der Funke während des einstündigen Auftrittes aber ganz selten über. Der atmosphärisch und progressive Death Metal der Schweden um das Genie Mike Åkerfeldt war für dieses Festival an diesem Tage (und wohl auch für ein Großteil des Publikums) einfach zu komplex. Das Mike Åkerfeldt dazu noch penetrant was von "wir sind die Scorpions" faselte und jeden Song als Scorpionstitel ansagte trug auch nicht grade zu einem guten Gesamtbild bei, obwohl dies zu Anfang noch recht witzig war. Auf jeden Fall schien Band und auch einige Fans der Meinung zu sein, dass die überlangen Kompositionen von OPETH auf dem EARTHSHAKER wie Perlen für die Säue seien. Echt schade drum - musikalisch gab es nämlich nichts auszusetzen. Ein wenig zu leise war es allerdings schon.
Ob der Auftritt von OPETH regulär oder frühzeitig beendet wurde kann ich nicht sagen, aber der sich während des OPETH Gigs zusehends verdunkelte Himmel gab nun schon die ersten Blitze von sich. Kurz darauf fuhr auch Polizei und Feuerwehr durch das Gelände und vermeldete eine Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes. Ein zunehmend auffrischender und stark böiger Wind tat den Rest um die Fans auf dem Gelände zu beunruhigen. Dass dann die folgende Evakuierung von ca. 8500 Leutchen vom Festivalgelände in die Ostbayernhalle so gut und reibungslos verlief - alle Achtung und großes Lob den Organisatoren des EARTHSHAKER (die unglaubliche Ostbayernhalle-Party der Metalfans wird wohl recht schnell legendär werden). Unsereins schaute erst mal auf den Zeltplatz nach dem rechten und sah erschreckender Weise unseren Pavillon sich in die Lüfte erheben. Die Trümmer 30 Meter weiter waren dann nicht mehr zu retten. Einsetzender Starkregen und stürmischer Wind setzte den Zelten so arg zu, das Abbrechen angesagt war. Demzufolge wurde der nach dem Gewittersturm doch noch anberaumte Auftritt von EDGUY und VENOM leider verpasst - stinkt mir schon ein wenig, aber selber Schuld - no risk no fun. Das NEVERMORE aber auch dann gar nicht mehr zum Zuge kamen wirft nach dem ärgerlichen Tausch mit den DEATHSTARS schon ein paar Fragen auf.
Dass die Organisation noch Luft nach oben hat, darf man an dieser Stelle nicht verschweigen. Manches kann man natürlich dem erstmaligen Stattfinden bei einer sich erst noch nach und nach entwickelnden Location anlasten. Das aber, grade bei einer vorhergesagten Hitzperiode, WCs nicht nur ausreichend überall vorhanden sein sollten, sondern mindesten zweimal täglich zu entleeren und zu säubern sind muss selbstverständlich sein. Ähnliches gilt für Duschen und Wasserentnahmestellen. Die Sache mit dem Grillen war wegen Brandgefahr etwas konfus, auch das mit dem Wasser auf den Campingplätzen muss besser werden - das Wasser während der Bandauftritte für die Fans vor der Bühne war aber voll okay. Ein großes Dankeschön an die Feuerwehr. Die Security war meist Hilfsbereit und freundlich, das passte echt - aber eine zentrale Führung mit eindeutigeren Regeln würde ihr das Arbeiten leichter machen, manche hatten wenig Plan. Sound, Bühne und das was die Bands an Eindruck hinterließen kann man nur, ebenso wie das Festivalgelände an sich (einschließlich Metal-Markt), als sehr positiv werten. Das Campinggelände weist teilweise zu starke Hanglage auf - umliegende grade Flächen wurden nicht alle genutzt (oder durften nicht genutzt werden). Auch gab es ein von den Zeltplätzen aus gesehen schlechten, da weit entfernten Einlasspunkt in das Festivalgelände. Die Preise für Bier und manches Essen sind wohl immer ein Diskussionspunkt, gelten aber in der Art für fast alle Festivals - aber es gilt auch, bei niedrigen Preisen wird auch mehr konsumiert.
Wenn der Veranstalter aber aus dem Anlaufschwierigkeiten dieses Jahres lernt, insbesondere auf die schon hingewiesenen sanitären Einrichtungen (WC, Duschen, Wasserentnahme) sollte das EARTHSHAKER FEST bei einem ähnliche starken Billing und einem sehr guten Festivalgelände in 2007 einen Schritt nach vorne machen.
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