Die Toten Hosen, Gluecifer - Frankfurt, Festhalle

Großes Kompliment noch an die Jungs vom Mischpult, die während der kurzen Umbauphase immer weiter kräftig einheizten, in gekonnter Manier wurde ein Songkracher nach dem anderen (ACDC, NEW MODEL ARMY, QUEEN usw.) herausgezaubert, so daß die relaxte Partystimmung stetig weiter anstieg. Noch ein kurz ein rotes Bändchen für die AIDS-Stiftung erworben und angesteckt, dann ging es los.
Zu einem Konzert der Hosen an sich braucht man eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Die Düsseldorfer Jungs sind ja nun schon Jahrzehnte auf allen Bühnen der Republik (und auch außerhalb im Ostblock, Südamerika) unterwegs und ein gern gesehener Gast, weil ihre Show einfach nie aufgesetzt wirkt, klar man agiert mittlerweile mit viel Routine (ohne dabei in pure Runterzockmechanismen zu verfallen) - schlicht und einfach ist diese Formation von ihren vielen Fans gelebte (Konzert-) Kult. Es ist wohl so, daß wenn DIE TOTEN HOSEN mal wieder einen kompletten Set nach absolut eigenem Gutdünken spielen wollten, müssen sie wohl unter falschem Namen wieder mal einen Clubgig anberaumen. Aber wir, also Fans & Co. wollen es ja gar nicht anders. Die Piratenbanner waren beidseitig der Bühne bereits gehisst und los ging’s in der rappelvollen Frankfurter Halle gleich mit der Evergreenhymne "Hier kommt Alex" sowie "Friss oder Stirb" aus dem aktuellen Album absolut furios los. Auch die absolut geile BLUR Coverversion von "Song2" sorgte nicht nur bei uns für neckende Köpfe. Was danach folgte war ein knapp zweistündiges Best of-Set, in welchem sich die zahlreichen (guten) neuen Songs nahtlos einfügten.
Die Menge in der Halle stand wie ein Mann hinter ihrer Band, es ging eng zu und trotz teilweise wilden Pogogetümmels sorgte eine aufmerksame Security für perfekte Ordnung. Selbstverständlich ermahnte Campino mit den üblichen Ansagen sowie dem offiziellen "Hilfezeichen" (dann hört die Band sofort auf zu spielen!) die Fans immer ein wenig auf eventuell gefallene Nebenleute zu achten. Eine Art Seelenverwandtschaft zwischen der Frankfurter Eintracht und dem Hosen Lieblingsklub Fortuna Düsseldorf, die ja beide nicht mehr im Konzert der ganz großen mitspielen dürfen, diente dann als wunderbare Überleitung zum beliebten "Bayern" Track, denn geht es einem auch noch so dreckig zu diesem "scheiß" Verein wollte dann auch die große Mehrheit der Festhalle dann lieber doch nicht wechseln, so erklang es inbrünstig aus vielen tausend Kehlen (außer natürlich Urhirselfan Hardy!/Anm. der Redaktion).
Campino musste mit nacktem Oberkörper natürlich auch unbedingt wieder seine Kletterübungen bis fast unter Hallendach machen um seine Leuchtfackel wirkungsvoll zur Geltung zu bringen (auch das schon fast Kult). Diesmal hat sich der mittlerweile auch Dady gewordene Sänger anscheinend etwas zu viel vorgenommen, den er zog sich bei dem Gig eine fiebrige Erkältung zu und die nächsten vier Termine mußten (alle mittlerweile mit Nacholterminen im Sommer) ausfallen.
Im Mittelteil ging es dann auch gefühlsmäßig etwas ans Eingemachte: Die beiden recht melancholischen Songs "Nur zu Besuch" und "Alles wird vorübergehen" verwandelten die Frankfurter Festhalle in ein Meer aus Feuerzeugen und die Gefühlswelt vieler Fans bewegten sich Richtung feuchte Augen. Das Gerücht, dass "Bonnie & Clyde" nicht mehr Teil des Set wären, wiederlegte die Band dann später hörbar.
Nochmals was zum neuen Album. Der meines Erachtens beste Track der neuen Scheibe eröffnete dann den zweiten Zugabeteil. Wem bei "Herz brennt" nicht Manches durch den Kopf geht hat wohl schon aufgehört zu Leben - Gänsehaut pur - und einem Lied mit dem nicht unbedingt zu rechnen war. Die neue Single "Wahlkampf" bieldete eines der vielen Highlights des Abends, Campino stieg hier auch gerne zum crowdsurfen in ein aufgeblasenes Fangummiboot ein. Danach kam der traditionelle Schluss eines jeden Hosen-Konzertes: "Wort zum Sonntag", "Bis zum bitteren Ende" und die ultimative Stadionhymne aus Liverpool, "You´ll Never Walk Alone" entließen alte und neue Fans ins bitterkalte Frankfurt. Die Meisten wohl mit dem festen Gedanken, dass es ganz sicher nicht das letzte Hosen-Konzert war.
Auch noch recht positiv: Die (normalen) Merchandising-Artikel sind bei den HOSEN nie überteuert. So ein Kapuzenpulli mit Bundesadler-Gerippe und dem Text "Bis zum bitteren Ende" geht zum Beispiel für verhältnismäßig schlappe 30,- Euro über den Tresen, da kann man nicht meckern. Das die Preise im Rahmen liegen - bei welcher großen Band kosten Tickets um die 26€ bei 2 Std. Spielzeit (!!) - macht sich auch dadurch bemerkbar, dass praktisch alles was in Halle auf den Beinen ist auch irgendein Hosen-Teil an hat (und das spricht wiederum auch für das tüchtige Management). Wie gesagt, dies gilt auch für die Eintrittspreise, die trotz großer Hallen und ansprechender Show immer im unteren Bereich liegen - hierbei könnte sich mancher eine Scheiblette abschneiden. Das die Bierpreise mit 3,- Euro für den Plastikbecher nicht grad ein Schnäppchen sind, O.K - liegt aber nicht an den Hosen, eher an der Location - und Leben kann man damit auch.
Ach ja, und hier noch die nicht auf 100%-tige Vollständigkeit angelegte Setlist:
Hier kommt Alex
Friss oder stirb
Song 2 (Blur)
Auswärtsspiel
Pushed Again
Niemals einer Meinung sein
Venceremos - Wir werden siegen
Weißes Rauschen
Ich bin die Sehnsucht in dir
Cokaine In My Brain
Madelaine (aus Lüdenschied)
Bayern
Auld Lang Syne
Wünsch Dir was
Wahlkampf
Nur zu Besuch
Alles wird vorübergehen
Du lebst nur einmal
Schön sein
10 kleine Jägermeister
Paradies
How Do You Feel
Eisgekühlter Bommerlunder
Bonnie & Clyde
Schönen Gruß, auf Wiederseh´n
Steh auf, wenn du am Boden bist
Herz brennt
Wort zum Sonntag
Bis zum bitteren Ende
You´ll Never Walk Alone
(hardy/maio)