Konzert:

Die Toten Hosen, Gluecifer - Frankfurt, Festhalle

Konzert vom 11.12.2004Wenn man zu einem Konzert der TOTEN HOSEN geht, dann weiß man zumindest zwei Dinge. Erstens: Party ist angesagt. Und zweitens: Die Vorband liegt Campino & Co. immer am Herzen. Und meisten haben die Jungs auch eine gute Wahl getroffen. So auch diesmal - GLUECIFER aus Norwegen. Nach der Ansage durch den Meister selbst betraten die Herren GLUECIFER recht cool die Bühne. Sie schauten dabei zwar nicht unbedingt aus wie Rockstars, eher wie Bankangestellte, übergewichtige Autoverkäufer (da hat ja wohl einer Vorurteile - Anm. hardy/Red.) oder wie aus den 80ern übriggeblieben mit MIAMI VICE Gedächtnissako und Lederkrawatte aber als sie loslegten wurde dieser etwas antiquierte Eindruck umgehend von dem aus den Boxen fett lärmenden Sound wie weggeblasen. Selten wurde wohl eine Vorband (völlig zu Recht) derart begeistert vom Publikum aufgenommen. Jedenfalls waren die kauzigen Jungs die beste vorband der HOSEN seit zig Tourneen der letzten Jahre! Als eine der Größen der Rotz’n’Roll-Welle legten sie auch Live mal wieder die Meßlatte für die nordische Konkurrenz von HELLACOPTERS bis BACKYARD BABIES recht hoch. Ihr punkig-dreckiger Sound traf die Masse vor der Bühne ins Mark und so markierte das Quartett einen ausgezeichneten Einheizer. Sänger Biff zeigte sich redseelig und überzeugte mit seinen netten in Deutsch gehaltenen "Ansagen", wobei er besonders nach seiner Ankündigung eines traditionellen Weihnachtsliedes, dass er immer am liebsten "beim Liebe mit mir selbst machen" höre, die Lacher auf seiner Seite hatte. Rundum positiver Auftakt einer sympathischen Band. Wäre echt cool, wenn man diese Finnen im kommenden Sommer wieder auf dem einen oder anderen Festival wiederhören könnte - auch dort werden sie sicher für gehörigen Wirbel sorgen. Long Live Rock’n’Roll.



Großes Kompliment noch an die Jungs vom Mischpult, die während der kurzen Umbauphase immer weiter kräftig einheizten, in gekonnter Manier wurde ein Songkracher nach dem anderen (ACDC, NEW MODEL ARMY, QUEEN usw.) herausgezaubert, so daß die relaxte Partystimmung stetig weiter anstieg. Noch ein kurz ein rotes Bändchen für die AIDS-Stiftung erworben und angesteckt, dann ging es los.

Zu einem Konzert der Hosen an sich braucht man eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Die Düsseldorfer Jungs sind ja nun schon Jahrzehnte auf allen Bühnen der Republik (und auch außerhalb im Ostblock, Südamerika) unterwegs und ein gern gesehener Gast, weil ihre Show einfach nie aufgesetzt wirkt, klar man agiert mittlerweile mit viel Routine (ohne dabei in pure Runterzockmechanismen zu verfallen) - schlicht und einfach ist diese Formation von ihren vielen Fans gelebte (Konzert-) Kult. Es ist wohl so, daß wenn DIE TOTEN HOSEN mal wieder einen kompletten Set nach absolut eigenem Gutdünken spielen wollten, müssen sie wohl unter falschem Namen wieder mal einen Clubgig anberaumen. Aber wir, also Fans & Co. wollen es ja gar nicht anders. Die Piratenbanner waren beidseitig der Bühne bereits gehisst und los ging’s in der rappelvollen Frankfurter Halle gleich mit der Evergreenhymne "Hier kommt Alex" sowie "Friss oder Stirb" aus dem aktuellen Album absolut furios los. Auch die absolut geile BLUR Coverversion von "Song2" sorgte nicht nur bei uns für neckende Köpfe. Was danach folgte war ein knapp zweistündiges Best of-Set, in welchem sich die zahlreichen (guten) neuen Songs nahtlos einfügten.


Die Menge in der Halle stand wie ein Mann hinter ihrer Band, es ging eng zu und trotz teilweise wilden Pogogetümmels sorgte eine aufmerksame Security für perfekte Ordnung. Selbstverständlich ermahnte Campino mit den üblichen Ansagen sowie dem offiziellen "Hilfezeichen" (dann hört die Band sofort auf zu spielen!) die Fans immer ein wenig auf eventuell gefallene Nebenleute zu achten. Eine Art Seelenverwandtschaft zwischen der Frankfurter Eintracht und dem Hosen Lieblingsklub Fortuna Düsseldorf, die ja beide nicht mehr im Konzert der ganz großen mitspielen dürfen, diente dann als wunderbare Überleitung zum beliebten "Bayern" Track, denn geht es einem auch noch so dreckig zu diesem "scheiß" Verein wollte dann auch die große Mehrheit der Festhalle dann lieber doch nicht wechseln, so erklang es inbrünstig aus vielen tausend Kehlen (außer natürlich Urhirselfan Hardy!/Anm. der Redaktion).


Campino musste mit nacktem Oberkörper natürlich auch unbedingt wieder seine Kletterübungen bis fast unter Hallendach machen um seine Leuchtfackel wirkungsvoll zur Geltung zu bringen (auch das schon fast Kult). Diesmal hat sich der mittlerweile auch Dady gewordene Sänger anscheinend etwas zu viel vorgenommen, den er zog sich bei dem Gig eine fiebrige Erkältung zu und die nächsten vier Termine mußten (alle mittlerweile mit Nacholterminen im Sommer) ausfallen.


Im Mittelteil ging es dann auch gefühlsmäßig etwas ans Eingemachte: Die beiden recht melancholischen Songs "Nur zu Besuch" und "Alles wird vorübergehen" verwandelten die Frankfurter Festhalle in ein Meer aus Feuerzeugen und die Gefühlswelt vieler Fans bewegten sich Richtung feuchte Augen. Das Gerücht, dass "Bonnie & Clyde" nicht mehr Teil des Set wären, wiederlegte die Band dann später hörbar.


Nochmals was zum neuen Album. Der meines Erachtens beste Track der neuen Scheibe eröffnete dann den zweiten Zugabeteil. Wem bei "Herz brennt" nicht Manches durch den Kopf geht hat wohl schon aufgehört zu Leben - Gänsehaut pur - und einem Lied mit dem nicht unbedingt zu rechnen war. Die neue Single "Wahlkampf" bieldete eines der vielen Highlights des Abends, Campino stieg hier auch gerne zum crowdsurfen in ein aufgeblasenes Fangummiboot ein. Danach kam der traditionelle Schluss eines jeden Hosen-Konzertes: "Wort zum Sonntag", "Bis zum bitteren Ende" und die ultimative Stadionhymne aus Liverpool, "You´ll Never Walk Alone" entließen alte und neue Fans ins bitterkalte Frankfurt. Die Meisten wohl mit dem festen Gedanken, dass es ganz sicher nicht das letzte Hosen-Konzert war.


Auch noch recht positiv: Die (normalen) Merchandising-Artikel sind bei den HOSEN nie überteuert. So ein Kapuzenpulli mit Bundesadler-Gerippe und dem Text "Bis zum bitteren Ende" geht zum Beispiel für verhältnismäßig schlappe 30,- Euro über den Tresen, da kann man nicht meckern. Das die Preise im Rahmen liegen - bei welcher großen Band kosten Tickets um die 26€ bei 2 Std. Spielzeit (!!) - macht sich auch dadurch bemerkbar, dass praktisch alles was in Halle auf den Beinen ist auch irgendein Hosen-Teil an hat (und das spricht wiederum auch für das tüchtige Management). Wie gesagt, dies gilt auch für die Eintrittspreise, die trotz großer Hallen und ansprechender Show immer im unteren Bereich liegen - hierbei könnte sich mancher eine Scheiblette abschneiden. Das die Bierpreise mit 3,- Euro für den Plastikbecher nicht grad ein Schnäppchen sind, O.K - liegt aber nicht an den Hosen, eher an der Location - und Leben kann man damit auch.

Ach ja, und hier noch die nicht auf 100%-tige Vollständigkeit angelegte Setlist:



Hier kommt Alex

Friss oder stirb

Song 2 (Blur)

Auswärtsspiel

Pushed Again

Niemals einer Meinung sein

Venceremos - Wir werden siegen

Weißes Rauschen

Ich bin die Sehnsucht in dir
Cokaine In My Brain

Madelaine (aus Lüdenschied)

Bayern

Auld Lang Syne

Wünsch Dir was

Wahlkampf

Nur zu Besuch

Alles wird vorübergehen

Du lebst nur einmal

Schön sein

10 kleine Jägermeister

Paradies

How Do You Feel

Eisgekühlter Bommerlunder

Bonnie & Clyde

Schönen Gruß, auf Wiederseh´n

Steh auf, wenn du am Boden bist

Herz brennt

Wort zum Sonntag

Bis zum bitteren Ende

You´ll Never Walk Alone



(hardy/maio)

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