Konzert:

Deathstars, Mortiis - Hamburg, Markthalle

Konzert vom 26.04.2007"Eye, das ist nicht die Band, für die ich bezahlt habe! Da sollen gerade Mortiis spielen, aber der Typ hat gar keine Fledermausohren!" Nein, die waren auch in der Vergangenheit nur angeklebt, aber da dieser betreffende Zuschauer offensichtlich nur für Hexennase und Spock-Ohren bezahlt hatte, bekam er sein Geld postwendend wieder - und verpasste ein im doppelten Sinne heißes Konzert:


Havard Ellefsen alias MORTIIS hat schon einige komplette Stilrichtungs- und Image-Wechsel hinter sich. Nach der letzten Tour wurde ausgerechnet auf dem Konzert in Hamburg das Ende der Gesichtsprothesen verkündet, jetzt hüllen sich Mortiis, Bassist Levi Gawron, Gitarrist Ooge und Drummer Leo Troy in ein Matsch- und Staub-Make-Up wie vier Wochen nicht gewaschen. Und nicht nur optisch machen die vier Norweger auf Punkrock: Es mag zwar auch am Sound gelegen haben, dass Songs wie "Parasite God" - zu denen bisher Fräuleins in Spitzenkleidern im Wiegeschritt den Tanzboden gefegt haben - hier und heute nicht mehr wieder zu erkennen sind, entscheidender Unterschied ist aber der Arschtritt, den die Band ihren eigenen Tonwerken gerade verpasst: Leo tritt den Beat auf die Höchstgeschwindigkeit und dazu hauen Levi und Ooge voll in die Saiten. Bei 28 Grad Außentemperatur und beginnender Innensauna in der kleinen Markthalle herrscht beim ersten Track "Broken Skin" noch vornehme Zurückhaltung im Publikum. Aber MORTIIS treiben das Tempo hoch und ziehen die Zuschauer durch eigene Agression mit: Ein ins Publikum geschleuderter Becher Wasser weckt die kühlen Nordlichter nach "Underdog" oder "The Great Deceiver" auf, bevor mit einem neuen Song, der als Ode an ein "desperate fucking Fuck of a person" angekündigt wurde und "Smell The Witch" ein furioser Entspurt eingelegt wird. Und dabei haben Mortiis allen Grund für Ärger - Ooges Gitarre fällt aus und Mortiis sorgt durch Misskommunikation mit Levi für unfreiwillige Situationskomik.


Setlist MORTIIS - ohne Gewähr


Way to Wicked

Decadent and Desperate

Zeitgeist

Parasite God

Underdog

The Great Deciever

(Neuer Song)

Smell the Witch




Was für ein Unterschied zwischen der energetischen und tanzbaren, aber doch leicht misantrophischen Show von MORTIIS und den dann folgenden "Glamrockern des Todes" - so die Selbstbeschreibung der DEATHSTARS. Mit dem relativ unspektakulären Opener "Motherzone" wärmten die Nachwuchs-Rockstars aus Stockholm Publikum, Instrumente und Alabaster-Körper auf und hielten ihr Pulver trocken: Whiplasher Bernadotte ist nicht nur Sänger in tiefster Andrew-Eldritch-Tonlage, sondern auch tuckige Diva mit kieksender Sprechstimme, mit der er das Hamburger Publikum mit den Schwänken des Tages unterhielt: So will er mit Mortiis´ Asmund/Ooge an der Alster einen Schwan zum Rauchen verführt und einen anderen verjagt haben, so dass daraufhin die gesamte Schwanensippe im Gegenschlag die beiden Bengel in die Flucht geschlagen hat. Dabei erzählt er die Geschichte so witzig, dass es unterheblich bleibt, ob sie tatsächlich erlebt oder maßlos übertrieben ist. Rasch geht es von einem Extrem ins andere, aus Lausbubenstreichen in XXL werden philosophische Gedanken. So sei die 8. und vergessene Todsünde die Täuschung, und mit dieser Einleitung geht es ans erste musikalische Schwergewicht "Trinity Fields", zu dem sich Publikum und Band gegenseitig anzählen: "You´re a six - and I´m a seven!" Vor der "Ode an Frauen, Männer und Hermaphroditen", nämlich dem Titelsong des ersten Albums "Synthetic Generation", wird dann endlich der Alabasterkörper von Whiplasher Bernadotte um sein Hemd erleichtert. Unter den immer weiter ausziehenden Blicken der ersten Reihen windet und aalt sich eben dieser mit Glitzerpuder gepimpte und augenscheinlich immer besser trainierte Body durch die nächsten beiden Hits, bis bei "Blitzkrieg Boom" Gitarrist Emil Nödtveid alias "Nightmare Industries" abgefeiert wird. Das Publikum frißt zu diesem Zeitpunkt der Band bereits bedingungslos aus der Hand, aber die Mitsinglust wird vor "Play God" ein weiteres Mal angeheizt:
"Ich werde oft gefragt, wenn ich durch die Straßen gehe: ´Anders, darf ich nicht dein Sex-Sklave für einen Tag sein?!´ und ich sage dann ja, natürlich" turtelt der Adonis mit seinem Publikum. Wer jetzt nicht völlig hin und weg ist, war nur wegen Mortiis da und hatte mit derart offensiver Anmache nix am Hut. Alle anderen klatschen die Band zur Zugabe raus. Die DEATHSTARS rocken mit "Virtue" und dem Über-Hit "Cyanide" alles in Grund und Boden und schließen ihr optisches und akustisches Gesamtkunstwerk würdig mit "Revolution Exodus" ab.


Setlist DEATHSTARS:

Motherzone

New Dead Nation

Trinity Fields

Last Ammunition

Synthetic Generation

Tongues

Blitzkrieg Boom

Greatest Fight

Little Angel

Play God

Semi-Automatic

Damn Me

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Virtue

Cyanide

Revolution Exodus